Willkommenskultur beim Bürgerforum „Nord trifft Süd“: „Statt für Angst habe ich mich für Neugier entschieden!“

„Willkommenskultur in den Stadtteilen“ war das Thema des Bürgerforums in der Auslandsgesellschaft. Fotos: Veranstalter
„Willkommenskultur in den Stadtteilen“ war das Thema des Bürgerforums in der Auslandsgesellschaft.

Voller Tatendrang! So könnte ein kurzes Fazit des letzten Bürgerforums „Nord trifft Süd – Dortmund querbeet“ zum Thema „Willkommenskultur in den Stadtteilen“ lauten. Denn das, was die rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von den Podiumsgästen erfuhren, die sich vor Ort in den unterschiedlichsten Stadtteilen Dortmunds für Migranten und Flüchtlinge einsetzen, war beeindruckend und machte allen Anwesenden Mut.

Phoenix-Haus, Grevendicks Feld, Morgenstraße und Adlerstraße 44 waren vertreten

Das Bürgerforum wird u.a. vom Planerladen und der Auslandsgesellschaft veranstaltet.
Das Bürgerforum wird u.a. vom Planerladen und der Auslandsgesellschaft veranstaltet.

Geladen hatten der Planerladen e.V. und seine Kooperationspartner in die Auslandsgesellschaft NRW mehrere Initiativen aus dem Dortmunder Norden, Süden, Osten und Westen zum „Bürgerforum Nord trifft Süd  – Dortmund querbeet“.

Diesmal zum Thema Willkommenskultur und wie diese ganz konkret vor Ort gelebt wird. Wo, warum und vor allem wie bringen sich unterschiedlichste Menschen ein, wenn es um das Ankommen in Dortmund geht?

Den Auftakt auf dem Podium, das vom Journalisten Kay Bandermann moderiert wurde, machten haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer aus den Einrichtungen Phoenix-Haus, Grevendicks Feld, Morgenstraße und Adlerstraße 44.

Bettina Bielefeld und Lisa Wollrath (Phoenix-Haus) starteten gleich mit einem handfesten Appell: „Wir benötigen noch dringend ein Transport-Fahrzeug. Bitte melden, falls jemand da eine Möglichkeit weiß.“ Denn dort ist man derzeit vor allem mit Umzugshilfen beschäftigt.

Dialog-Forum als Plattform zum regelmäßigen Austausch mit der Nachbarschaft

Die Veranstaltung „Willkommenskultur in den Stadtteilen“ war sehr gut besucht.
Die Veranstaltung „Willkommenskultur in den Stadtteilen“ war sehr gut besucht.

Bodo Weirauch vom „Dialog-Forum“ (Grevendicks Feld) hingegen stellte die Entwicklung des Engagements in den Mittelpunkt.

Aus den Erfahrungen in Hacheney lernend startete man bei der Planung in Lütgendortmund direkt mit einem offenen Dialog-Forum und stieß dabei erfreulicherweise kaum auf Widerstand oder Ängste in der Bevölkerung. So wird die Plattform nun zum regelmäßigen Austausch mit der Nachbarschaft genutzt.

Paul-Gerhard Stamm, Koordinator der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer in Dortmund und von Anfang an in der Einrichtung Morgenstraße aktiv, betonte man müsse oft einfach mal loslegen, so wie er mit den niederschwelligen Deutschkursen in der Einrichtung angefangen habe.

Die Einrichtung Adlerstraße 44, so Ulrike Podhajsky, setzt vor allem auf Mitarbeiter mit Sprachkompetenzen. Zudem gibt es einen vierteljährlichen „Runden Tisch“ mit der Nachbarschaft, was sehr gut funktioniert. Und ganz aktuell auch ein Bewohnerparlament, das den Flüchtlingen die Möglichkeit bietet, über die Arbeit in der Einrichtung mitzuentscheiden.

Durchaus größere Redebedarf zwischen Einrichtungenleitungen und BewohnerInnen

Das Podium bestätigte, dass zwischen den Einrichtungsleitungen und den Flüchtlingen durchaus sehr viel Redebedarf besteht.  Aber auch wenn die zugewanderten Menschen die Einrichtungen verlassen und eigene vier Wände bezogen haben, sind sie oft orientierungs- und unterstützungsbedürftig.

Dort setzt der Verein Ankommen e.V. an, den Nahid Farshi ins Leben gerufen hat. Sie ist selbst vor 30 Jahren als Flüchtling nach Deutschland  gekommen, und  so sind ihr die auf diese Gruppe lauernden Schwierigkeiten, wenn sie die Sammelunterkünfte verlassen, sehr vertraut.

Die zweite Podiumsrunde bildeten die Helfer in und aus der Nordstadt, allesamt selbst Migranten, die zum Teil seit dem enthusiastischen Empfang der Flüchtlingszüge Anfang September aktiv geworden sind und sich haben anstecken lassen.

Große Hilfsbereitschaft: Viele Migranten wollten etwas zurückgeben

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft besucht das Dietrich-Keuning-Haus und bedankt sich bei den freiwilligen Helfern
Rund 2000 Ehrenamtliche hatten sich im Keuning-Haus zum Helfen gemeldet.

So etwa die Aktivistin Rozana Chanza vom frisch gegründeten Verein „Train of Hope“, die ihre Schilderungen und Eindrücke von diesen Tagen mit einem Video untermalte. Andere in der Runde engagierten sich bereits zuvor. So etwa Emmanuel Peterson, der im Verein Junge Deutsch-Afrikaner e.V. aktiv ist.

Auch Hussein Hussein, selbst vor drei Jahren als syrischer Flüchtling nach Deutschland gekommen, wollte im September die Gelegenheit nutzen, den Neuankömmlingen mit seinen Erfahrungen weiterzuhelfen. Alles sei spontan, aber wunderbar reibungslos gelaufen und alle hätten an einem Strang gezogen. Er bringt sich zurzeit persönlich als „Stadtteilvater“ ein, um die Integration der Flüchtlinge zu erleichtern.

Zu guter Letzt saßen Jörn Janssen vom Lions Club Dortmund-Union und Klaus Wegener vom Rotary Club Dortmund-Hörde auf dem Podium. Zunächst räumten sie mit dem gängigen Vorurteil auf, die Mitglieder seien allesamt einflussreiche Personen. Doch würden sie natürlich die Möglichkeiten nutzen, die ihnen zur Verfügung stünden.

Willkommenskultur hat mehr für das Angehen geleistet als jede Imagekampagne

Vertreter von Einrichtungen und Initiativen berichteten von ihrer Arbeit.
Vertreter von Einrichtungen und Initiativen berichteten von ihrer Arbeit.

Für das Ansehen der Stadt, so Wegener, hätten die vergangenen Wochen mehr geleistet, als alle Imagekampagnen. Janssen stellt heraus, dass beim Engagement der Lions die Nachhaltigkeit der Hilfe im Vordergrund steht, etwa durch Bildung und Eröffnung von Berufschancen.

Das Publikum ergänzte an vielen Stellen die Podiumsbeiträge. Teilweise bestehen noch Schwierigkeiten bei der Koordination beim Einsatz Freiwilligen Angebot und Nachfrage zusammen zu bringen. Hinweise zu Webseiten wurden ausgetauscht, wo man sich diesbezüglich anmelden kann.

Auch besteht weiterhin Wohnungsmangel für Flüchtlinge. Auch wenn einiges noch als optimierungsbedürftig gesehen wird, so  aber bewegt sich insgesamt doch schon sehr viel nach vorne.

Positiv: Zwei Stunden ganz ohne dumpfe braune Parolen miteinander gesprochen

Neben sachlichen Fragen und Hinweisen, kamen auch leidenschaftliche Plädoyers auf, die dem gesamten Publikum aus dem Herzen zu sprechen schienen, so z.B. das einer Teilnehmerin: „Wenn wir auf Fremde treffen haben wir die Wahl: Wir können mit Angst oder mit Neugier reagieren. Ich habe mich für Neugier entschieden.“

Und ungeachtet aller Kritik an einigen Stellen, sprach keiner der Teilnehmer von Unmut oder gar Verzweiflung. „Auch dass wir hier zwei Stunden ganz ohne dumpfe braune Parolen miteinander sprechen konnten, werte ich als sehr erfreuliches Ergebnis“, so Moderator Kay Bandermann zum Ende des Forums.

Oder um es mit den resoluten Worten einer Teilnehmerin zu sagen: „Überfordert? Ich fühle mich nicht überfordert – ich fühle mich bereichert!“

 

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  1. Katholische Stadtkirche

    Was kommt nach dem Willkommen? – Informations- und Diskussionsveranstaltung am 27. November

    „Was kommt nach dem Willkommen?“, heißt die Informations- und Diskussionsveranstaltung zu der die Katholische Stadtkirche Dortmund und das Katholische Bildungswerk am Freitag, 27. November, einladen. Beginn ist um 18 Uhr im Katholischen Centrum, Propsteihof 10.

    An dem Abend mit inhaltlichen Impulsen, Gesprächen und dem Austausch von Erfahrungen geht es um die „Willkommenskultur“ und was daraus folgt. Dabei soll es unter anderem darum gehen, wie sich die Stadt und die Kirchengemeinden durch Zuwanderung voraussichtlich verändern werden. Gefragt wird nach Hilfen und Programmen, die nötig sind, damit Integration gelingt. „Als Katholische Stadtkirche ist es uns ein wichtiges Anliegen, über nachhaltige Ideen und Konzepte miteinander nachzudenken und ins Gespräch zu kommen“, schreibt Propst Andreas Coersmeier in der Einladung.

    Ulrich Kober, Direktor des Programms Integration und Bildung der Bertelsmann-Stiftung wird das Impulsreferat halten. Anschließend stehen Fachleute an sogenannten „Themen-Inseln“ für Gespräche zur Verfügung. Dies wird zum Thema „Sprache und Bildung“ Ludger Rickert von der Katholischen Bildungsstätte für Erwachsenen- und Familienbildung sein. Zum Thema „Arbeit und Lebensunterhalt“ sind die Gesprächspartner Jutta Reiter, Vorsitzende des DGB Dortmund-Hellweg, und Astrid Neese, Leiterin der Arbeitsagentur Dortmund. Annette Sprenger, Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe, steht für Fragen zur Alltagskompetenz zur Verfügung und Friedrich Stiller, Leiter des Referats für Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Dortmund und Lünen, ist Gesprächspartner beim Thema „Glaube und Werteverständnis“. An einer weiteren Themeninsel mit einem Fachmann bzw. einer Fachfrau wird es um das Thema „Wohnen“ gehen.

    Fragen und Themen aus den Gesprächen fließen dann in die anschließende Podiumsdiskussion ein. Das Ende der Veranstaltung ist für 21 Uhr vorgesehen.

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