Engagement für den interkulturellen Zusammenhalt in Dortmund mit dem Integrationspreis 2019 ausgezeichnet

Der erste Platz, dotiert mit 5.000 Euro, ging an die Osman Gazi Moschee Huckarde, die Jüdische Kultusgemeinde Groß-Dortmund und die Evangelische Lydia-Gemeinde Dortmund für ihr gemeinsames Theaterprojekt. Fotos: Claus Stille

Von Claus Stille

In der Bürgerhalle des Dortmunder Rathauses sind die PreisträgerInnen des Integrationspreises 2019 ausgezeichnet worden. Die Jury hatte die SiegerInnen aus insgesamt 29 interessanten und innovativen Bewerbungen ausgewählt. Der erste Platz, dotiert mit 5.000 Euro, ging an die Osman Gazi Moschee Huckarde, die Jüdische Kultusgemeinde Groß-Dortmund und die Evangelische Lydia-Gemeinde Dortmund für ihr gemeinsames Theaterprojekt „Weißt du wer ich bin?“. Über den zweiten Platz und 3.000 Preisgeld durfte sich die Flüchtlingshilfe im Stadtbezirk Aplerbeck freuen. Mit dem dritten Platz und 2.000 Euro wurde der VfR Sölde 1922 (Verein für Rasensport) für Integration und Inklusion durch Sport ausgezeichnet. Der diesjährige Ehrenpreis ging an die Nordstadt-Apothekerin Nicole Ausbüttel.

Ein in Deutschland vielleicht einzigartiges, religionsübergreifendes Theaterprojekt

Dirk Schaufelberger, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dortmund.

In seiner Laudatio für das Siegerprojekt erklärte der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Dortmund, Dirk Schaufelberger, Ziel und Zweck des Theaterprojektes „Weißt du wer ich bin?“ sei es gewesen, Akzeptanz und Verständnis füreinander zu finden und damit die Bindung der Religionen zu stärken.

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Mut, Toleranz, Offenheit und die Neugierde aufeinander hätten eine Rolle gespielt. Damit sei auch ein Zeichen gegen die Spaltung unserer Gesellschaft gesetzt worden.

Die muslimischen, jüdischen und christlichen SchauspielerInnen aus dem Theaterprojekt erzählten von ihrer Zusammenarbeit. Das Projekt hätten sie gemeinsam erarbeitet. Die Resonanz auf die Inszenierung sei sehr gut gewesen und habe gewiss etwas bewegen können. Kunst sei wie der Sport ebenfalls eine gute Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Und sie diene dem Abbau von Vorurteilen.

Einer der Schauspieler zitierte Shakespeare: „Die ganze Welt ist eine Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler, sie treten auf und gehen wieder ab.“ Wahrscheinlich, so einer der Akteure, sei dieses Projekt sogar einzigartig in Deutschland. Übrigens, wies eine Schauspielerin daraufhin, dass am 17. Dezember 2019 im Heinz-Hilpert-Theater in Lünen die letzte Vorstellung stattfindet. Eine Fortsetzung des Projektes wird wohl in Erwägung gezogen.

Ehrung für das Engagement in der Flüchtlingshilfe im Stadtbezirk Aplerbeck

Die Laudatio für den zweiten Preis hielt Michael Taranczewski, Mitglied im Integrationsrat der Stadt Dortmund und im Ratsausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit. Er machte in bewegenden Worten auf die Ursachen für die Flucht von Menschen aufmerksam: Kriege, Mord, Vergewaltigung und ethnische Säuberungen in aller Welt. 

Auch deutsche Waffen seien es gewesen, die diese Kriege ermöglicht hätten. Die sogenannte „Wertegemeinschaft“ habe versagt. Bundeskanzlerin Merkel sei es zu verdanken gewesen, dass Deutschland viele der Geflüchteten aufnehmen konnte. 

VertreterInnen des ausgezeichneten Vereins berichteten über ihre humanitäre Arbeit (Kleiderabgaben, Fahrradwerkstadt, Möbelvergabe) im Stadtbezirk, in die sie nicht nur Geflüchtete, sondern auch Menschen aus Aplerbeck mit einbeziehen, die in prekären Verhältnissen leben. Auch diese Menschen stünden dem Verein in vielfacher Weise hilfreich zur Seite. Das Preisgeld werde man in das eigene Ladenlokal investieren, das im kommenden Jahr bezogen werden soll.

VfR Sölde 1922 e. V. bringt Integration und Inklusion durch Sport voran

Die Laudatio für den drittplatzierten VfR Sölde hielt Alexander Krimhand von der jüdischen Gemeinde und ebenfalls Mitglied im Integrationsrat. Krimhand betonte, welch hohe Integrationskraft Inklusion durch Sport habe.

Dabei gehe es um Anerkennung und die Stärkung des Selbstbewusstseins. Um nicht wenige Geflüchtete habe sich der Verein verdient gemacht.

So sei es sogar gelungen, jungen Leuten Arbeits- und Ausbildungsplätze zu vermitteln. Die VertreterInnen des Vereins freuten sich über das Preisgeld, das sie in das Training des Futsal (Hochgewindigkeitshallenfußball) afghanischer Geflüchteter investieren möchten.

Der diesjährige Ehrenpreis ging an die Nordstadt-Apothekerin Nicole Ausbüttel

Nicole Ausbüttel, Apothekerin auf der Münsterstraße
Nicole Ausbüttel, Apothekerin auf der Münsterstraße, bekam den Ehrenpreis. Foto: Klaus Hartmann

Den diesjährigen Ehrenpreis in Form einer Urkunde und einer Trophäe bekam die in Aachen geborene, seit über 25 Jahren in Dortmund lebende, Apothekerin Nicole Ausbüttel, die ihr Herz quasi an die Dortmunder Nordstadt verloren habe, erklärte Laudatorin Aysun Tekin.

Mit dem Ehrenpreis werde ein beispielhaftes Engagement für Integration und den Dialog für das Miteinander in Dortmund gewürdigt.

Nicole Ausbüttel leiste in ihrer Apotheke auf der Münsterstraße und mittels einer guten Vernetzung im Quartier tagtäglich wertvolle Integrationsarbeit. Mehrsprachigkeit werde hier als Chance begriffen. Außerdem ist sie die Vorsitzende der Interessengemeinschaft Münsterstraße und aktiv beim Münsterstraßen-Fest sowie bei der Internationalen Woche in Dortmund engagiert.

Ausbüttel übte Kritik an undifferenzierter Berichterstattung über den Kiez

Die Apothekerin selbst sagte, sie schätze die Vielfalt und die gewisse Lebhaftigkeit in der Nordstadt. Und, dass dort eigentlich – selbst nachts – immer Leben sei, immer Passanten anzutreffen seien. Angst habe sie bislang nie gehabt. In ihrer Apotheke arbeiten Menschen aus mehreren Ländern. Ausbüttel erkenne durchaus Fortschritte in Sachen Integration in der Nordstadt. 

Was ihr missfällt, sei die meist undifferenzierte Berichterstattung mancher Medien über den Kiez. Die pickten sich einzelne negative Ereignisse – die fraglos auch geschehen würden – heraus und verallgemeinerten diese. Das so gezeichnete Bild setze sich bei vielen Menschen dadurch fest und so werde der Nordstadt ein Negativimage aufgedrückt. Selbst bei Menschen in Dortmund, die aber selbst noch nie einen Fuß in die Nordstadt gesetzt hätten, wirke das. Die Nordstadt, so Ausbüttel überzeugt, sei in Wirklichkeit besser als ihr Ruf.

Viele Organisationen und Vereine in Dortmund fördern das Zusammenleben

In Dortmund gibt es unglaublich viele Organisationen und Vereine, die sich mit ihrer beruflichen oder ehrenamtlicher Arbeit über Projekte und Aktionen in Sachen Integration verdient gemacht haben. Damit wird das Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zugewanderten gefördert. 

Nach erfolgreichen Veranstaltungen in den Jahren 2009, 2011, 2013, 2015 und 2017 ging der Dortmunder Integrationspreis nun bereits in die 6. Runde. Mit dem Integrationspreis zeichnet MIA-DO-(Migrations- und Integrationsagentur Dortmund zusammen mit dem Integrationsrat der Stadt Organisationen und Vereine aus, die sich der Integration von ZuwanderInnen verschrieben haben. 

Die Schwerpunkte der Projekte und Maßnahmen liegen gemäß der vorrangigen Handlungsfelder der städtischen Integrationsarbeit in den Bereichen Bildung, Arbeit und Unternehmen, Soziale Balance in den Stadtbezirken sowie Weltoffene/Internationale Stadt.

Die feierlichen Preisverleihung in der Bürgerhalle des Rathauses fand quasi unterm erleuchteten Weihnachtsbaum statt, sowie an langen Tafeln mit Lichtern darauf, so dass eine festliche Stimmung in der Bürgerhalle herrschte. Gregory Gaynair am Flügel begrüßte die Gäste des Abends musikalisch.

Ullrich Sierau: „Dortmund ist eine integrationsfähige Stadt der Vielfalt.“

OB Ullrich Sierau

Angekündigt von Steffi Strecker (Radio 91.2), in deren Händen die Moderation der Preisverleihung lag, sprach Oberbürgermeister Ullrich Sierau zu den zahlreichen Versammelten. Sierau lobte Dortmund als „integrationsfähige Stadt der Vielfalt“, in der es „eine starke Gemeinschaft gebe, die zivilgesellschaftlich fest verankert sei.“ 

Dortmund lebe davon, dass hier viele Kulturen ihre Heimat gefunden hätten. Die Stadt zolle diesen MitbürgerInnen Respekt vor deren Kultur und sorge nach Kräften dafür, dass sie nicht diskriminiert und diskreditiert würden. So werde ihnen vermittelt, „dass sie ein wichtiger Teil der Stadtgesellschaft sind“. 

Wer diesen Konsens nicht teile und wem es an Toleranz fehle, so machte der Oberbürgermeister unmissverständlich klar, „gehört nicht in diese Stadt, kann gerne woanders hinziehen“. Der OB unterstrich, diese Integration brauche immer wieder neue Impulse und neuen Gemeinsinn statt Eigensinn. „Dieser Egoismus, der im Augenblick überall durch die Gesellschaft wabert, ist Gift für den Gemeinsinn“, so der OB.

Oberbürgermeister findet klare Worte für gesellschaftliche Spaltversuche

Die Spalter seien unterwegs, sie dürften aber keine Chance in unserer Gesellschaft bekommen. Sierau: „Sonst sind wir nicht mehr zukunftsfähig.“ Dortmund sei eine internationale, eine wachsende Stadt, in welcher Menschen aus 180 Nationen zuhause seien. Zweihunderttausend Menschen – etwa ein Drittel – der DortmunderInnen hätten eine Einwanderungsgeschichte.

Beim MIA-DO-KI, sagte Sierau habe man anfänglich darauf hinweisen müssen, „dass es sich dabei nicht um eine japanische Fischsorte“ handele. Inzwischen habe sich das Zentrum bestens etabliert und schon viele Lösungen bei Problemen herbeiführen können. 

Vielfalt ist Bereicherung. Mehrsprachigkeit ist ein Gewinn“, merkte Aysun Tekin an

Aysun Tekin, Vorsitzende des Integrationsrats Dortmund.

Die Vorsitzende des Integrationsrates, Aysun Tekin, bedankte sich u.a. bei der Sparkasse Dortmund und deren anwesendem Vorstandsvorsitzenden Dirk Schaufelberger für das vorbildliche Engagement und für die Bereitstellung der Preisgelder für den Integrationspreis 2019. Tekin merkte an:

„Ein humane, demokratische, eine vielfältige Gesellschaft baut auf Werte, wie auf Toleranz und Solidarität auf. Vielfalt ist Bereicherung. Mehrsprachigkeit ist ein Gewinn.“

Alle 29 BewerberInnen für den Integrationspreis würden zu Dortmunds besten Brückenbauern gehören, machte Aysun Tekin klar. Eigentlich seien sie alle Gewinner – was die Auswahl von drei Preisträgern aus diesen 29 BewerberInnen sehr schwer gemacht habe.

Alle Projekte, die sich für den Integrationspreis 2019 beworben hatten, wurden via Projektion bei musikalischer Untermalung vorgestellt. Die PreisträgerInnen kamen nach der feierlichen Ehrung unter Beteiligung von Ullrich Sierau, Dirk Schaufelberger und Aysun Tekin in der Bürgerhalle des Rathauses noch zu einem kleinen Imbiss zusammen. Wieder begleitet am Flügel von Gregory Gaynair.

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