Gemütlich ist es – und lecker auch: Wohlfühl-Atmosphäre in der Cafeteria bei Kaffee, Brötchen, Küchen und anderen Leckereien. Wenn man es nicht wüsste, könnte man kaum glauben, dass es sich hier um ein Angebot für junge Arbeitslose und Menschen, die durch viele Raster gefallen sind, geht. Sie plauschen hier, lassen es sich schmecken und freuen sich über die Weihnachtstüte. Die gibt es „außer der Reihe“ – schließlich ist es das letzte „LOGIN-Café“ in der Gneisenaustraße in diesem Jahr.
Kostenloses Angebot für junge Deutsche und EU-ZuwandererInnen
„Ganz nebenbei“ stellen sie noch Fragen, machen Beratungstermine aus und berichten von Erfolgen und Misserfolgen. Denn das Café-Angebot ist einer der Türöffner von Grünbau und der AWO-Tochter dobeq. Im Behördendeutsch ist dies ein Bestandteil des „rechtskreisübergreifenden mobilen Integrations- und Ausbildungscoachings“, welches in der Nordstadt angeboten wird.
Das Projekt ist eine Chance für junge EU-Zugewanderte und jene jungen Menschen, die sich den Regelsystemen entziehen. Man(n und Frau) muss sich nur „einloggen“, sprich teilnehmen. Und sogar besser: Die TeilnehmerInnen werden aufgesucht, intensiv begleitet und befähigt, Ihre berufliche Zukunft selbst aktiv zu gestalten – wenn sie es denn wollen.
Im Projekt gibt es mehrere Zielgruppen: Darunter sind junge EU-BürgerInnen ohne (anerkannte) schulische oder berufliche Qualifikation, die nach Deutschland gekommen sind, um hier eine Zukunft aufzubauen. Außerdem richtet sich das Angebot an in Dortmund lebende Menschen zwischen 18 und 35 Jahren, die sich den sozialen Regelsystemen (Jugendamt, Jobcenter, Agentur für Arbeit, Schule) entziehen oder drohen, aus diesen herauszufallen.
Darüber hinaus stehen auch regionale Betriebe und öffentliche Anstellungsträger im Fokus des Projektes, die sich für die Zielgruppen öffnen, sie kennen lernen möchten und ihnen eine Chance zur Mitarbeit geben wollen. Diese zwei Stunden im Monat sind daher für die BeraterInnen wichtig. „Oft ist es die einzige Chance, wo ich Ansprechpartner persönlich sehe, weil sie sich die Café-Termine geblockt haben“. berichtet Anke Wagner (dobeq GmbH).
Ganzheitliche Begleitung bei allen Problem- und Lebenslagen
Hier kann man „auf dem kurzen Dienstweg“ direkt Nägel mit Köpfen machen, kann Menschen vorstellen und auch Bedarfe abfragen. Im Rahmen von „LOGIN“ erhalten die genannten jungen Menschen eine aufsuchende qualifizierte Begleitung, Beratung und Jobcoaching mit dem Ziel der Integration in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder Ausbildung.
Die Teilnahme daran ist für die jungen Menschen kostenlos und freiwillig. Es handelt sich nicht um ein sanktioniertes Programm. Daher kommen die Menschen gerne und angstfrei. „Sie bringen zu den Café-Terminen auch Freunde und Bekannte mit – es spricht sich herum“, freut sich Wagner.
Dabei steht der Mensch als Ganzes im Mittelpunkt: Das bedeutet, dass die Fachkräfte, die die Teilnehmer/-innen begleiten, sich auch anderer, oft sehr existenzieller Probleme annehmen, die gelöst werden müssen, damit der Einstieg in Ausbildung oder Arbeit gelingen kann.
Damit fehlende deutsche Sprachkenntnisse bei der Beratung von jungen EU-Zugewanderten nicht zur Hürde bei der individuellen Begleitung werden, sind im Projekt auch muttersprachliche Integrationsfachkräfte eingesetzt.
118 junge Leute wurden bereits in Arbeit und Ausbildung vermittelt
Aktuell sind rund 350 TeilnehmerInnen im Projekt. 118 junge Menschen wurden bereits in Arbeit und Ausbildung vermittelt. „Die Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Angeboten in der Stadt funktionieren gut“, berichtet Kerstin Pipjorke (GrünBau gGmbH). LOGIN ist in einen Projektverbund eingebettet.
Dieser besteht neben den beiden durchführenden Trägern aus dem Jobcenter Dortmund, der Agentur für Arbeit Dortmund, dem Dortmunder Jugendamt, dem Dienstleistungszentrum Bildung und dem Regionalen Bildungsbüro im Fachbereich Schule unserer Stadt sowie der Kommunalen Koordinierung im Handlungsfeld EU-Armutsmigration. Das Projekt wurde dort gemeinsam entwickelt und wird während der Umsetzung durch den Verbund begleitet.
So können die Hilfesuchenden zunächst mit allen Anliegen zum Team kommen. Gemeinsam schauen sie, welche Netzwerkpartner helfen können, wenn zum Beispiel eine Psychotherapie, eine Schuldnerberatung oder eine Qualifizierung benötigt wird. Durch die guten Kontakte kann das mitunter ganz schnell und ohne wochen- oder monatelange Wartezeiten gehen.
Projekt ist kein „Durchlauferhitzer“ – fortgesetzte Begleitung ist jederzeit möglich
Außerdem versteht sich das Projekt nicht als „Durchlauferhitzer“: Auch während und nach einer Maßnahme können die Projektteilnehmenden mit Fragen, Wünschen und Sorgen kommen, um bei Problemen einen Ausbildungsabbruch oder eine Kündigung zu vermeiden, wenn es im Privatleben zu Problemen kommt. „Wir wollen die jungen Leute ja nachhaltig vermitteln“, unterstreicht Kerstin Pipjorke (GrünBau gGmbH).
Daher versuchen die BeraterInnen, die jungen Leute auch von einer Ausbildung zu überzeugen, die, langfristig gesehen, bessere Berufschancen bietet als ein Hilfstätigkeit, die kurzfristig besser bezahlt ist als eine Ausbildung. Zudem müssen sie – gerade bei Menschen aus dem EU-Ausland – das deutsche Ausbildungssystem erklären.
Eine duale Ausbildung kennt man in vielen Ländern nicht. Oft fehlt den ZuwandererInnen dann auch noch der schulische Background, der für eine erfolgreiche Berufsausbildung mit Berufsschul-Teilnahme nötig ist.
Viel Motivation bei Jugendlichen – „Aber es ist das Moderieren des Mangels“
„Die Motivation ist da“, sagt Kerstin Pipjorke mit Blick auf die TeilnehmerInnen. „Aber es ist das Moderieren des Mangels.“ Denn nicht nur Ausbildungsplätze und Jobs sind Mangelware. Das gilt auch für Wohnungen, Beratungs- und Therapieplätze oder Sprach- und Integrationskurse.
Vor allem die ausländischen KlientInnen aus Südosteuropa hätten zu kämpfen. „Die Verelendung nimmt zu. Sie schlafen auf der Straße oder in Autos – und mitunter sind sie irgendwann nicht mehr erreichbar“, weiß die Grünbau-Mitarbeiterin.
Denise (27) hatte eine Ausbildung als Bürokauffrau begonnen, bekam aber wegen ihrer Behinderung Probleme im Betrieb. Zudem war der Beruf nicht das Richtige für sie. Sie möchte gerne etwas Kreativeres machen, mit Kunst, Design oder Fotografie. Mit ihrem Praktikum bei der AWO war sie sehr zufrieden und möchte dort auch gerne anfangen. Das Login-Team hatte ihr bei der Vermittlung geholfen und auch bei den komplizierten Anträgen, die für die Eingliederungsmaßnahme von Nöten sind.
Auch Nadine (20) hatte bereits eine Ausbildung als Altenpflegerin begonnen. „Aber das war nichts für mich.“ Sie möchte lieber mit Kindern arbeiten. Doch sie hat „nur“ einen Hauptschulabschluss nach Klasse 10 ohne Qualifikation. Daher ist eine Ausbildung als Erzieherin noch in weiter Ferne. Sie arbeitet derzeit daran, fit für eine Assistenzstelle im Kindergarten- oder Sozialbereich zu werden. Doch zunächst muss sie eine Traumatherapie durchstehen, um überhaupt den Kopf wieder frei zu bekommen für die Ausbildung.
Das LOGIN-Café findet an jedem ersten Mittwoch im Monat statt
Gemeinsam mit ihrem Freund Marcel (20) steuert sie regelmäßig das LOGIN-Café an. Die beiden haben ähnliche Probleme. Er hat eine erste Qualifizierung in der Malerhalle am Fredenbaum gemacht. Er interessiert sich für Lagerlogistik. Doch die dreijährige Ausbildung ist sehr kaufmännisch geprägt. Daher will er mit der Ausbildung als Fachlagerist beginnen. Die dauert zwei Jahre und ist deutlich praxisorientierter.
Doch auch Marcel hat gesundheitliche Defizite und muss erst seine Depressionen behandeln lassen. Gleichzeitig will er an seinen schulischen und beruflichen Qualifikationen arbeiten. Das Team von Login begleitet ihn bei allen Schritten.
Gemeinsam sitzen sie nun beim Jahresabschluss im Login-Café. Sie lassen es sich schmecken, nehmen freudig die Weihnachtstüte mit und verabreden sich für das kommende Jahr. Dann wollen sie sich wieder bei „Login“ von dobeq und Grünbau in der Nordstadt „einloggen“… gemeinsam auf dem Weg in eine bessere berufliche Zukunft.
Mehr Informationen:
- Das LOGIN-Café findet an jedem ersten Mittwoch im Monat von 9 bis 11 Uhr im dobeq-Bildungszentrum in der Gneisenaustraße 1 statt. Ferienbedingt ist der nächste Termin am 7. Februar 2018. Interessierte können ohne Anmeldung vorbeischauen.
- Für junge Menschen, die sich den Regelsystemen entziehen ist Anke Wagner von der dobeq in der Gneisenaustraße 1 Ansprechpartnerin. Telefon: 864302-23 – Mail: login@dobeq.de
- Für aus der EU neuzugewanderte junge Menschen ist Kerstin Pipjorke von Grünbau zuständig. Sie sitzt in der Arnoldstraße 4 (2. OG). Tel: 288637-18 – Mail: login@gruenbau-dortmund.de
- Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der EU (Europäischer Sozialfond-ESF) durch die Integrationsrichtlinie Bund im Handlungsschwerpunkt „Integration statt Ausgrenzung – IsA“ geförderte Modellprojekt LOGIN hat bereits im August 2015 begonnen und läuft noch bis Ende 2018.