Eine Tradition tut Körper und Seele gut: die Wanderung mit der Markusgemeinde aus der Nordstadt zum Jahresende

Von Susanne Schulte

Wenn Herr Kalmajka zum Wandern einlädt, kann er sicher sein, dass er nicht alleine unterwegs ist. An diesem Freitag um kurz vor neun Uhr begrüßt er fünf Frauen und einen Mann vor der Markuskirche. „Wo geht’s denn hin?“, ist die Frage, die er gleich nach dem „Guten Morgen“ hört. „Über den Nordfriedhof durch den Süggelwald nach Brechten. Bei Onkel Walter machen wir Mittagspause. Das sind zwölf Kilometer. Der Rückweg ist dann noch sechs Kilometer lang.“ Die lange Tour stört niemanden in der kleinen Gruppe – obwohl die meisten den 70. Geburtstag schon längst gefeiert haben. Es ist sehr kalt, aber die Sonne ist schon zu sehen. „Wir sind auch schon bei strömendem Regen gewandert, und niemand hat nach der Pause aufgegeben.“

35 oder 38 Jahre? Wie viele Jahre die Veranstaltung angeboten wird, weiß niemand mehr

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Wie viele Jahre die traditionelle Wanderung zwischen Weihnachten und Neujahr schon im Terminplan der Markusgemeinde steht, kann niemand mehr sagen. „Damals waren auch unsere Kinder noch dabei. Und die sind jetzt Ende 40.“

35 Jahre mindestens, womöglich 38, so einigt man sich, wird gewandert. Damals war die Teilnehmer*innenzahl auch viel größer. „Ach, 25 gingen immer mit. Manchmal auch viel mehr.“ Die Touren führten häufig ins Sauerland. Mit Privatautos erreichte man den Start. Doch die Frauen und Männer sind älter geworden. Nicht jede*r hat noch ein Auto oder will so weit fahren. Seit einiger Zeit beginnt die Wanderung an der Markuskirche und endet auch dort.

Weil die Nachbarschaft erkundet wird, haben auch die, die die Geselligkeit lieben, aber nicht mehr so gut oder so lange laufen können, die Möglichkeit, zum Mittagessen mit der Straßenbahn dazu zu kommen und sich für den kürzeren Rückweg anzuschließen – oder wieder mit der Bahn heimzukehren.

Bislang ist keine Wanderung ausgefallen – Herr Kalamajka führt ohne Karten

Während der Plauderei ist die Zeit im Nu vergangenen und die Gruppe quert den Nordfriedhof, bleibt am ältesten Grab des Gottesackers stehen, lobt die gepflegte Anlage.  Weiter geht’s durch Kleingartenanlagen in den Süggel. Herr Kalamajka braucht keine Karten. Er kennt die Gegend.

Im Sommer ist er viel mit dem Fahrrad unterwegs, weiß, wo man gut laufen kann, ohne dass die Autos stören. Jahrelang hat er die Touren zusammen mit Herrn Rosenstedt geleitet. Herr Rosenstedt war der erste Wanderführer, Herr Kalamajka kam später dazu.

„Bislang ist keine Wanderung ausgefallen“, erzählt er. Auch vor einigen Jahren nicht, als er aus gesundheitlichen Gründen nicht mitlaufen konnte. Da ist er mit dem Auto zu den kniffligen Stellen gefahren und hat gezeigt, wo’s langgeht.

Von Anfang an machten sich evangelische wie katholische Wanderfreund*innen auf die Strecke

Obwohl von der evangelischen Markurgemeinde, heute Lydiagemeinde, angeboten, war die Zwischen-den-Jahren-Wanderung immer eine ökumenische. Viele der katholischen Frauen waren im Mütterkreis der Markusgemeinde aktiv, die Kinder gingen in den evangelischen Kindergarten. Kalmajkas sind ebenfalls katholisch.

Man kennt sich seit Jahrzehnten, doch das Du pflegen nicht alle untereinander. Die Namen der jeweiligen Kinder sind den meisten präsent, es wird gefragt und geantwortet. Einige wohnen schon längst nicht mehr im Markus-Bezirk, nehmen jedoch nach wie vor am Gemeindeleben teil. Bei den Gesprächen vergeht die Zeit schnell.

Die ein oder andere packt ein Butterbrot aus, holt die Wasserflasche aus der Tasche, beißt in eine Banane. Bis zum Mittagessen ist es noch eine gute Stunde, acht Kilometer hat man bereits hinter sich.

Zur Mittagspause steht ohne Ausnahme Grünkohl auf dem Tisch – Nur einmal hat’s nicht geschmeckt

Im Süggelwald steht die erste und einzige Steigung bevor, bevor es durch den Sonnenschein durch ein Feld über die A 2 nach Brechten geht. Winterwanderungen, auch bei prima Wetter haben einen Nachteil: Die Büsche sind kahl, und wer mal kurz verschwinden muss, braucht Geduld und ein gutes Auge für ein passendes Örtchen. „Noch eine halbe Stunde, dann sind wir da“, beruhigt Herr Kalamajka.

Bei Onkel Walter in Brechten ist der Tisch schon gedeckt. Traditionell gibt es Grünkohl. „Wir haben nur einmal richtig schlechten Grünkohl bekommen“, erinnern sich die Frauen und Männer. Diesmal ist es guter Grünkohl. Zum Essen ist die Gruppe gewachsen.

Vier Frauen kommen dazu. Frau Rosenstedt ist dabei, deren verstorbener Mann einst die Idee zu den Wanderungen hatte, und Frau Kalamajka, die Anstrengungen meiden muss. Nach der Pause hat sich der Himmel wieder zugezogen. Wer will, kann mit der Bahn zur Markuskirche fahren, wo dann der heiße Kaffee wartet.

Die Wandertruppe erreicht durch das Grävingholz Lindenhorst, quert die Evinger Straße, läuft an der Bahn entlang Richtung Osten. Um kurz vor vier Uhr sitzen alle im Markusgemeindehaus beim Kaffee und genießen Frau Kalamajkas selbstgebackene Plätzchen. Nach 18 Kilometern Fußweg kann man sich die erlauben.

 

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