37. Bürgerforum „Nord trifft Süd“ zu Gast in in der Park-Akademie:

Eine engagierte Diskussion über Demokratie, Gewerkschaften, Rassismus und soziale Medien

Der Planerladen und die Auslandsgesellschaft Dortmund organisieren das Bürgerforum „Nord trifft Süd“. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

„Engagement für Demokratie“: Unter diesem Motto stand das 37. Bürgerforum „Nord trifft Süd“ in der Park-Akademie im Westfalenpark, organisiert von Planerladen und der Auslandsgesellschaft Dortmund. Im Mittelpunkt standen Gewerkschaften, Schulen, Rassismus und Informationsbeschaffung über Social Media. Moderator Kay Bandermann hatte dazu zwei Vertreter von Gewerkschaften bzw. Arbeitervereinen, Repräsentanten zweier Schulen in Dortmund und sowie den Redaktionsleiter dieses Online-Blogs zu Gast.

DGB beklagt mangelnde Information über Demokratie im Betrieb

Einstiegsthema der Veranstaltung ist die Präsenz und die Mitwirkung von Jugendlichen in Gewerkschaften. DGB-Jugendbildungsreferent David Wiegemann erläutert, dass die Informationslage bei jungen Auszubildenden über die Gewerkschaften und die betrieblichen Mitbestimmungsmöglichkeiten gering sei.

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David Wiegemann (links), vom DGB spricht über die Relevanz von Gewerkschaften Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

In Schulen gäbe es wenig bis keine Aufklärung über die Demokratie in der Arbeitswelt und den Nutzen, welchen Auszubildende aus Gewerkschaften und betrieblicher Mitbestimmung ziehen können.

In Bereichen wie Bau und Gastronomie gäbe es, verglichen mit Belegschaften von Großunternehmen, weniger Mitglieder. Dadurch, und auch durch die zumeist geringe Zahl der Beschäftigten, gebe es keine Betriebsräte.

Daher seien die Gewerkschaften selbst gefordert, darüber zu informieren. Dies geschehe durch Aufklärungs- und Jugendarbeit, die der DGB in Schulen und Berufsschulen leiste, um Jugendlichen die Bedeutung von Gewerkschaften näher zu bringen. Ein weitere Baustein ist dabei auch das kostenlose Angebot „90 Minuten gegen Rechts“.

Spaltung von Migrant:innen und Deutschen im Arbeitsalltag als Thema

Mit der Interessenvertretung von Arbeiter:innen mit und ohne Migrationsgeschichte beschäftigt sich auch Ege Kaçar. er ist Mitglied im Bezent e.V.. Als Teil der Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF) setzt sich sein Verein unter anderem für die Interessen von türkischstämmigen Migranten:innen im Arbeitsalltag ein.

Ege Kaçar, Bezent e.V., erzählt von eigenen Erfahrungen während seiner Arbeit. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

Ein für Kaçar relevantes Thema ist dabei die Spaltung zwischen Migrant:innen und Deutschen im Arbeitsalltag. Besonders in den Pausenzeiten bewegten sich viele Arbeitende eher in ihrem gewohnten sozialen und kulturellen Umfeld, anstatt einen Austausch mit anderen zu suchen, bedauert Kaçar.

Der Bezent e.V. versucht daher durch diverse Austausch- und Kulturprogramme diese Lücke zwischen Deutschen und Migrant:innen zu verkleinern.

Die AfD hat mittlerweile den Neonazis den Rang abgelaufen

Von seinen Erfahrungen mit der rechtsextremen Szene im Dortmunder Westen berichtet Ingo Rößler, Vorsitzender des Fördervereins Dortmund Marten und Germania. Der Verein setzt sich sich seit fast zehn Jahren mit verschiedensten Projekten und Angebote für Demokratie und Vielfalt im Stadtteil ein.

Ingo Rößler (links) spricht von den Angeboten des Fördervereins Marten und Germania. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

Durch die Nähe zu Dorstfeld war auch die rechte Szene Dortmunds ein wichtiges Thema für  Ingo Rößler. Sorgen macht sich der Martener mittlerweile nicht mehr wegen der deutlich geschrumpften Neonazi-Szene. Ihn beschäftigen zunehmend die letzten Wahl-Ergebnisse und der stetig wachsende Zuspruch für die AfD.

Einen Zusammenhang sieht er im Trend, „frühere Zeiten“ zu verklären und zu glorifizieren. Das hängt für Rößler mit einer Angst vor gesetzlichen Einschränkungen zusammen, die teilweise auch in der Martener Community spürbar sei.

„Die da oben wollen uns Gasheizungen und Wurst aus Fleisch wegnehmen“, nennt er den Streit um das Heizungsgesetz und regulatorische Eingriffe zu Gunsten von vegetarischer bzw. veganer Ernährung. Solche Aussagen bekäme er häufig zu hören.

Die Jugend von heute ist nicht automatisch anti-rassistisch eingestellt

Mit den Sorgen wegen den letzten Wahlergebnisse steht Rößler nicht alleine da: Auch Vertreter:innen der beiden eingeladenen Schulen, dem Immanuel-Kant-Gymnasium in Asseln und dem Reinoldus- und Schiller-Gymnasium in Dorstfeld sprechen über Wahlergebnisse und Rassismus.

Schüler des Reinoldus- und Schiller-Gymnasiums berichten vom selbst organisierten „Tag gegen Rechts“. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

An den Schulen durchgeführte Junior-Wahlen hätten einen recht hohen AfD-Prozentsatz gezeigt. Hassan ist Schülersprecher des Reinoldus-und Schiller-Gymnasiums  und erklärt, dass solche Wahlen von manchen Schüler:innen als Witz verstanden werden – sie würden die AfD zum Spaß ankreuzen, um zu provozieren.

Doch Schule ist auch immer ein Spiegel der Gesellschaft, ergänzt Rüdiger Koch, Lehrer am Immanuel-Kant-Gymnasium (IKG). Man könne nicht mehr automatisch davon ausgehen, dass die Jugend antirassistisch eingestellt wäre. An beiden Schulen gebe es deshalb Arbeitsgemeinschaften und Aktionsttage, an denen Schüler:innen sich mit Politik und Rassismus auseinandersetzen.

Fake News auf TikTok, Instagram und anderen Social Media Platformen

Wie aussagekräftig kann eine Kachel auf dem Handy sein? Ein großes Thema der Diskussionsrunde ist die Informationsbeschaffung über soziale Netzwerke. Besonders in Schulen zeigt sich wie wenig konkretes Wissen eigentlich durch die Recherche auf dieser Plattform durchkommt. IKG-Lehrer Rüdiger Koch beschreibt dies als „Puzzlewissen“ – besonders auch bei angehenden Abiturient:innen.

Moderator Kay Bandermann und Rüdiger Koch vom Immanuel Kant Gymnasium. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

Alexander Völkel ist ehrenamtlicher Redaktionsleiter der Nordstadtblogger und letzter Podiumsgast des Abends. Er findet, dass dies allerdings nicht nur ein Problem jüngerer Generationen sei. Auch Ältere seien auf auf Social Media präsent und dies teilweise als hauptsächliche Informationsquelle sehen.

Er berichtet von seinen eigenen Erfahrungen als Journalist und kritisiert, dass viele Personen in Kommentarbereichen von Online-Seiten und Netzwerken bloß um des Streitens wegen streiten würden. Das führe immer häufiger dazu, dass sich Menschen sich aus dem Meinungsaustausch in den sozialen Medien zurückziehen würden.

Alexander Völkel (li.) ist ehrenamtlicher Redaktionsleiter der Nordstadtblogger. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

Der Journalist plädiert dafür, dass man diese Plattformen aber nicht Gruppen überlassen dürfe, die unvollständige oder falsche Informationen und Hetze verbreiten.

Bei allen Podiumsgästen und Teilnehmenden war ein hohes Interesse zum Austausch feststellbar. Nach dem offiziellen Ende dieser Veranstaltung hatten Teilnehmende und Gäste deshalb die Möglichkeit, bei Essen und Getränken weiter zu diskutieren.


Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

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Reaktionen

  1. NGG ruft zur „Junior-Wahl“ in Betrieben auf: „Junger Draht zum Chef“ – Azubis in Dortmund können „U25-Sprecher“ wählen (PM NGG)

    „Junges Sprachrohr“ in den Betrieben: In Dortmund stimmen Azubis und junge Beschäftigte demnächst über ihre „U25-Sprecher“ ab. Die Vorbereitungen für die Wahlen im Herbst laufen jetzt an. Es geht um die Jugend- und Auszubildenden-Vertretungen – kurz: JAV. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingewiesen.

    „Es ist wichtig, die ‚Junior-Wahlen‘ im eigenen Betrieb jetzt auf die Beine zu stellen – egal, ob in der Firma mit Fließband oder in der Verwaltung“, sagt Torsten Gebehart. Denn bei der JAV gehe es um eine „starke Stimme der Jugendlichen mit einem direkten Draht zur Chefetage“, so der Geschäftsführer der NGG Dortmund.

    „Die JAV kann im Betrieb ein wichtiges Wörtchen mitreden. Zum Beispiel dann, wenn es um die Kantinenpreise für Azubis geht. Aber auch um die Ausbildungsbedingungen: Für eine gute Ausbildungsqualität sind zum Beispiel ruhige Orte zum Lernen genauso wichtig wie die Anschaffung von Fachbüchern und Tablets durch den Betrieb“, so der NRW-Jugendsekretär der NGG, Leon Koop. Auch die Übernahme nach der Ausbildung sei ein wichtiges Thema.

    Außerdem könne eine JAV über die Gewerkschaft auch Einfluss auf die Azubi-Vergütungen nehmen, wenn die NGG darüber am Tariftisch mit den Arbeitgebern verhandele. Vor allem sei der „Junior-Betriebsrat“ aber ein „wichtiges Scharnier zum Meister und zur Geschäftsführung“: „Wenn’s mal klemmt, können die gewählten Jugendlichen der JAV echte Problemlöser sein. Sie helfen bei individuellen Schwierigkeiten genauso wie bei einem miesen Betriebsklima“, sagt Torsten Gebehart von der NGG Dortmund.

    Die JAV-Wahlen laufen vom 1. Oktober bis zum 30. November in Betrieben und Behörden in Dortmund. Voraussetzung ist, dass es dort mindestens fünf Jugendliche oder Auszubildende und bereits einen Betriebsrat gibt. Seine Stimme abgeben darf jeder Beschäftigte, der unter 18 Jahre alt ist. Ebenso grundsätzlich alle Azubis. Und auf die Kandidatenliste kann jeder Auszubildende sowie jeder Beschäftigte unter 25 Jahren.

    „Es kommt jetzt darauf an, die Wahlen in Dortmund gut vorzubereiten“, sagt Torsten Gebehart. Jugendliche, die in Betrieben arbeiten, für die die NGG zuständig ist – also in der Lebensmittel- und Getränkeproduktion zum Beispiel – können sich an die NGG Dortmund wenden, um Wahlunterstützung zu bekommen:
    (0231) 55 79 79-0 | region.dortmund@ngg.net.

    Informationen rund um die JAV-Wahl gibt es auch unter: http://www.jav-portal.de.

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