Fachtag im Reinoldinum im Rahmen des Projekts „MY TURN. MY CAREER“

Ein Projekt zur Unterstützung neu zugewanderter Frauen bei dem Zugang zum Arbeitsmarkt

Im Reinoldinum bekam das Fachpublikum auch einen Videoclip zum Projekt „My Turn. My Career." zu sehen.
Im Reinoldinum bekam das Fachpublikum auch einen Videoclip zum Projekt „My Turn. My Career.“ zu sehen. Foto: Isabella Thiel

Frauen-Empowerment, individuelle Integrationsansätze und Arbeitskräftegewinnung: Das waren die Themen bei dem Fachtag des Projekts MY TURN. MY CAREER. Im Fokus standen neu zugewanderte Frauen und ihr Weg in den Arbeitsmarkt. Zum Fachtag eingeladen haben das Multikulturelle Forum, und seine Projektpartner dobeq, Werkhof gGmbH, Werkstatt im Kreis Unna, IN VIA Unna e.V. und die Kolping Bildungswerke Hamm. Nach Angaben des Multikulturellen Forums, kamen über 140 Gäste, darunter relevante Arbeitsmarktakteur:innen.

Kenan Küçük: „Zugewanderte Frauen bringen Potentiale mit“

OB Westphal begrüßte die Gäste des Fachtags.
OB Westphal begrüßte die Gäste des Fachtags. Foto: Isabella Thiel

Die eintägige Veranstaltung eröffnete der Oberbürgermeister Thomas Westphal im Reinoldinum in Dortmund mit einem Grußwort. Auch Kenan Küçük, Geschäftsführer des Multikulturellen Forum e.V. richtete an das Publikum paar Worte: „Zugewanderte Frauen bringen Potentiale mit, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind.“ Doch wie könne es besser gelingen Migrantinnen in den Arbeitsmarkt zu bringen?

Trotz aller bestehenden Angebote erfordere es individuelle Begleitstrukturen, schilderte Dr. Jens Stuhldreier, Referatsleiter „Berufliche Orientierung, Übergang Schule-Beruf” des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, aus seinen Beobachtungen bei Jugendlichen. Allgemein müsse man über eine Modifizierung der Arbeitswelt und der bisherigen
Instrumente nachdenken. ___STEADY_PAYWALL___

Fehlende Wahrnehmung und Wertschätzung der Qualifikationen zugewanderter Frauen

Referatsleiterin des BMAS, Anne Wilde, bei ihrer Begrüßung.
Referatsleiterin des BMAS, Anne Wilde, bei ihrer Begrüßung Foto: Isabella Thiel

Nach einem musikalischen Intermezzo von Nure Dlovani und Beate Wolff an Geige und Cello machte Dr. Anne Wilde, Referatsleiterin „Maßnahmen zur Integration von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt“ vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, auf die besondere Situation neu zugewanderter Frauen im Vergleich zu Männern aufmerksam.

Unter anderem bedingt durch die überwiegend von Frauen getragene Sorgearbeit, unterscheide sich die Erwerbstätigenquote zwischen den Geschlechtern. „Wir können es uns nicht leisten, dass wir die Frauen nicht einstellen“, die Sozialwissenschaftlerin Ildikó Pallmann, vom Berliner Minor Projektkontor für Bildung und Forschung nahm in ihrer Keynote auch die Unternehmen in die Pflicht.

„Es besteht die Gefahr, dass neu zugewanderte Frauen dauerhaft im niedrigqualifizierten Helferbereich verbleiben.“ Als Gründe dafür sieht Pallmann unter anderem fehlende Wahrnehmung und Wertschätzung der Qualifikationen neu zugewanderter Frauen bis hin zu rassistischer Diskriminierung, beispielsweise aufgrund eines Kopftuchs.

Das Projekt „MY TURN. MY CAREER“ kann schon Erfolge verbuchen

Sozialwissenschaftlerin Ildikó Pallmann, vom Berliner Minor Projektkontor für Bildung und Forschung.
Sozialwissenschaftlerin Ildikó Pallmann, vom Berliner Minor Projektkontor für Bildung und Forschung Foto: Isabella Thiel

Dass Migrantinnen ihre Motivation und Fähigkeiten als Fachkräfte einbringen können, bewiesen die anwesenden Teilnehmerinnen des Projekts „MY TURN. MY CAREER“ und ihre Beraterinnen im Praxistalk mit Moderatorin Zeynep Kartal.

So schilderte eine zugewanderte viersprachige Mutter auf dem Podium, wie sie sich
mithilfe von individueller Beratung von ihrer ehemaligen Tätigkeit als Reinigungskraft zu einer pädagogischen Mitarbeiterin in der OGS umschulen konnte: „Meine Beraterin im Projekt hat mich sehr unterstützt. Ich bin so froh, dass ich nun meinen Weg gefunden habe.“

Auch eine Projektteilnehmerin mit inzwischen in Deutschland anerkanntem Masterstudium in „Educational Technologies“ beeindruckte das Publikum: Erst vor einem Jahr aus dem Iran eingewandert, schilderte sie ihre gemeinsam mit der Projektberaterin geplanten beruflichen Schritte.

Wie nachhaltige Integration gelingen, Unternehmen und arbeitsuchende Frauen zusammengebracht werden können

Projektteilnehmerinnen und –mitarbeiterinnen im Gespräch mit der Moderatorin des Fachtags, Zeynep Kartal (2.v.l.)
Projektteilnehmerinnen und –mitarbeiterinnen im Gespräch mit der Moderatorin des
Fachtags, Zeynep Kartal (2.v.l.) Foto: Isabella Thiel

In der abschließenden Diskussion debattierten Arbeitsmarktakteur:innen, Projektberaterinnen und das Publikum, wie nachhaltige Integration gelingen, Unternehmen und arbeitsuchende Frauen zusammengebracht und Abwanderung potentieller Fachkräfte vermieden werden können.

Dabei entstand der durch die Vortragenden angestoßene Konsens: durch individuelle und vielschichtige Prozesse in Begleitung von Akteuren mit starken Netzwerken.

Gefördert wird das Projekt im Rahmen des Programms „MY TURN – Frauen mit Migrationserfahrung starten durch“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus).

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Reaktionen

  1. Fachtag in Dortmund setzt Fokus auf zugewanderte Frauen als Fachkräfte (PM)

    Als Ingenieurin aus Syrien gleichwertige Arbeit in Deutschland finden? Das ist in der Praxis oft schwer. Unter dem Titel „Qualifiziert, engagiert und ausgebremst“ beschäftigte sich ein Fachtag mit neuzugewanderten Frauen und deren Jobchancen hierzulande.

    „Viel zu oft arbeiten geflüchtete Frauen weit unterhalb ihrer erworbenen Qualifikationen in Deutschland“, mahnte die NRW-Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, Josefine Paul, zum Fachtag (15. November) an. Per digitalem Grußwort teilte sie ins Keuninghaus mit: „Das Ankommen ist für geflüchtete Frauen stets ein Hürdenlauf. Dagegen will der Kongress jetzt Impulse setzen.“

    Vor Ort im Keuninghaus machte Dortmunds Dezernentin für Kinder, Jugend und Familie, Monika Nienaber-Willaredt, die Hürden für die Frauen konkret. Angebote seien oft nicht an deren Bedürfnisse angepasst: „Der Besuch von Sprachkursen kann erschwert sein, wenn Frauen Kinder und insbesondere kleine Kinder versorgen.“ Dabei sei allen klar: „Die Chancen auf eine gute Beschäftigung stehen und fallen in hohem Maße mit den Deutschkenntnissen der Bewerberinnen.“ Sprachangebote müssten daher eine Kinderbetreuung integrieren.

    Jede ist Expertin für sich selbst

    Um die Angebote für neuzugewanderte qualifizierte Frauen zu verbessern, müssten diese einbezogen werden. Denn sie seien nun einmal die Expertinnen ihrer eigenen Lebenssituation.

    Zur Lage in Dortmund äußert sich die städtische Gleichstellungsbeauftragte, Maresa Feldmann, im Interview.

    Frau Feldmann, wie steht es um die berufliche Integration zugewanderter und geflüchteter Frauen in Dortmund?

    Es gibt viele Frauen mit Migrations- und Fluchtgeschichte, die – anders als es gängige Klischees nahelegen – gut ausgebildet und qualifiziert sind. Doch ihnen fehlen zum einen Informationen über das Bildungs- und Beschäftigungssystem, zum anderen mangelt es an Einblicken, wie sie sich Qualifikationen anerkennen lassen können.

    Auch Aufenthalts- und arbeitsrechtliche Hürden sowie mangelnde interkulturelle Öffnung bei bestimmten Akteursgruppen im Arbeitsmarkt spielen eine Rolle. Frauen mit Migrationshintergrund erfahren immer wieder Diskriminierung im Bildungs- und Beschäftigungssystem. Sie werden häufig mit stereotypen Vorstellungen konfrontiert, die sich teilweise auf ihre Herkunftsländer oder Religionszugehörigkeit beziehen. Oder sie werden in Arbeitsverhältnisse vermittelt, die deutlich unter ihrem Qualifikationsniveau liegen, obwohl sie selbst Bildungs- und Berufsziele entsprechend ihrer Qualifikation verfolgen.

    Warum ist das ein Problem?

    Die Frauen haben ein Recht darauf, ihren Qualifikationen entsprechend Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten. Und wir können es uns vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels nicht leisten, auf die Potenziale von Frauen mit Migrationserfahrung zu verzichten. Alle Akteur*innen aus Wirtschaft und Gesellschaft sind aufgefordert, sich für eine gelungene Förderung von Migrantinnen einzusetzen.

    Wie kann man die Frauen in den Arbeitsmarkt integrieren?

    Es ist wichtig, dass die Frauen bedarfs- und ressourcenorientiert beraten und begleitet werden. Zudem sind Akteur*innen wie Jobcenter, Bildungseinrichtungen sowie arbeitgebende Unternehmen und Kommunen einzubeziehen, um Frauen mit Migrationserfahrung als potenzielle Beschäftigte auf Augenhöhe wahrzunehmen.

    Was kann die Stadtverwaltung etwa als Arbeitgeberin tun?

    Die Stadt Dortmund unterstützt auf sehr vielfältige Weise Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung. Erwähnt sei hier das Kommunale Integrationszentrum Dortmund (MIA-DO-KI), das auf das Prinzip „Integration durch Bildung“ setzt.

    Auch die Mitwirkung an Projekten wie PerMenti NRW ist ein wichtiger Baustein bei der Integration von Frauen mit Migrations- und Fluchterfahrung. Dass die Stadt sich selbst als Arbeitgeberin erfolgreich einsetzt, zeigen Menschen wie Nour Taleb. Sie hat über das Projekt PerMenti den Weg ins Tiefbauamt gefunden und leitet dort inzwischen als Ingenieurin Bauprojekte.

    Zum Hintergrund

    Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung haben 63 Prozent der geflüchteten Frauen in ihrem Herkunftsland weiterführende Schulen, Hochschulen oder berufliche Bildungseinrichtungen besucht. Noch deutlich höher ist die Zahl derjenigen, die vor ihrem Zuzug nach Deutschland als Fachkräfte, Spezialistinnen und Expertinnen gearbeitet haben (92 Prozent). Doch in Deutschland üben 57 Prozent der geflüchteten Frauen Tätigkeiten aus, die unterhalb des Anforderungsniveaus ihrer früheren Berufe liegt. Insbesondere der Anteil der Helferinnen ist hier gestiegen – von neun Prozent im Herkunftsland auf 45 Prozent in Deutschland.

  2. Projekt MY TURN. MY CAREER. aus Dortmund/Hamm/Kreis Unna beim Vernetzungstreffen des Bundesministeriums in Berlin auf großer Bühne (PM)

    Seit einem Jahr schon setzt sich das Projekt MY TURN. MY CAREER des Multikulturellen Forums aktiv und engagiert mit einem großen Projektteam und weiteren Tr#gern dafür ein, das Frauen mit Migrationserfahrung in Dortmund, Hamm und im Kreis Unna an ihren beruflichen Perspektiven arbeiten können und Unterstützung dafür bekommen. In dem Projekt bedeutet das vor allem Coaching, Beratung und Begleitung in allen Punkten, die auf dem Weg ins Berufsleben auftauchen können – ganzheitlich von Berufsorientierung bis Anerkennung von vorhandenen Abschlüssen, von sozialen-familiären Fragestellungen bis hin zur Kinderbetreuung. Eingebettet ist das Projekt in das Bundesprogramm „My Turn – Frauen mit Migrationserfahrung starten durch“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Auf Einladung des Bundesministeriums reiste nun ein Teil des Projektteams zu einem bundesweiten Netzwerktreffen des Bundesprogramms in Berlin.

    Projektleiterin Çiler Fırtına stellte das Projekt als eines von zwei Beispielprojekten im Beisein von Staatssekretärin Leonie Gebers vor. Aber auch die Beraterinnen Monica Honczar (Werkstatt im Kreis Unna), Nicole Zienkiewicz (Werkhof Projekt Dortmund), Helene Assmann (Multikulturelles Forum) und Francesca Santo (dobeq) nutzten die Gelegenheit für intensiven Austausch mit anderen My Turn-Projekten.

    Neben einem starken Impulsvortrag von Düzen Tekkal von German Dream beeindruckten vor allem die Geschichten von My Turn-Teilnehmerinnen, die vor Augen führten, welche vielfältigen Potenziale sich in unserem Land aufgrund fehlender Strukturen oftmals nicht entfalten können. So passte es hervorragend, dass Çiler Fırtına den Empowermentansatz des Projektes und die Beratung auf Augenhöhe in ihrem Wortbeitrag besonders betonte. Wenn man es ernst meine mit der Erwerbsintegration von Frauen mit Migrationserfahrung, sei es von großer Bedeutung, die soziale Trägerlandschaft zu erhalten, lokale und regionale Netzwerke zu stärken und Unterstützungsstrukturen an der Schnittstelle zu Arbeitgeber*innen zu installieren, so Fırtına.

    Staatssekretärin Leonie Gebers vertrat auf der Veranstaltung Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. In ihrer Rede ging sie unter anderem auf das Jobturbo für Geflüchtete ein, dass auch Frauen, die schnell in Arbeit wollten, bessere Chancen ermögliche. Dies solle aber nicht dazu führen, dass der Qualifizierungsansatz im Sinne einer Aufwärtsmobilität zu kurz käme, betonte die Staatssekretärin.

    Mit Podiumsdiskussion, Fachforen und Vernetzungsmöglichkeiten sowie einem gemeinsamen Abendprogramm waren es zwei Tage voller wichtiger Impulse für das Team von MY TURN. MY CAREER, die es mit in die Region und den Projektalltag zurückbringt.

    Das Projekt „MY TURN MY CAREER“ vom Multikulturellen Forum e.V. als Projektträger im Projektverbund mit der Werkhof Projekt gGmbH, der Dortmunder Bildungs-, Entwicklungs- und Qualifizierungsgesellschaft (dobeq) mbH, der Werkstatt im Kreis Unna, INVIA Unna sowie den Kolping Bildungswerken Hamm durchgeführt. Gefördert wird das Projekt im Rahmen des Programms „MY TURN – Frauen mit Migrationserfahrung starten durch“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus).

    Alle Informationen zum Projekt finden Interessierte unter http://www.myturn-mycareer.de

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