Rund 200 interessierte Bürger:innen strömen ins Dietrich-Keuning-Haus. Nicht für alle gibt es einen Sitzplatz, doch das tut der Neugier keinen Abbruch. Sie wollen wissen, wie es mit den ambitionierten Plänen rund um das nördliche Bahnhofsumfeld weitergeht und was dem Rotstift zum Opfer gefallen ist (Nordstadtblogger berichtete ausführlich). Die Grundstimmung im Raum ist optimistisch. Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum begrüßt die Anwesenden mit Freude und betont, dass das Projekt voranschreitet. Sie erwartet positive Impulse für die Nordstadt, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklungen an der Westfalenhütte und an der Speicherstraße.
Trotz abgespeckter Pläne gibt es viel Zustimmung und Lob
Die Präsentation bringt keine Überraschungen, sondern zeigt einen gegenüber der ursprünglichen Planung abgespeckten Entwurf (Was genau gestrichen dokumentiert der Vorbericht am Ende dieses Artikels. Es gibt weder ein unterirdisches Parkhaus noch einen unterirdischen Busbahnhof. Doch die Vision von Wohnen im Grünen, in einem Park mit hoher Wohnqualität, bleibt erhalten.
Trotz der Kürzungen ist die Resonanz der Besucher:innen positiv. „Das kann ein tolles, funktionales Wohnquartier werden“, hört man aus der Menge. Dieses Fazit zieht sich durch die Fragerunde, nahezu jede Frage wird mit zustimmendem Feedback eingeleitet. Und die Fragen betreffen die Nordstadt unmittelbar.
„Warum ist der Fernbusparkplatz dort wichtig und gibt es Warte- und Aufenthaltsbereiche mit Toiletten? “ lautet eine der ersten Fragen. Der Verkehr wird die Nordstadt weiter belasten – aus Sicht der Stadt ist der Parkplatz dort, wo ihn die Menschen brauchen. Warte- und Aufenthaltsbereiche mit Toiletten sind im Bereich der Busparkplätze vorgesehen. Nach aktuellen Verkehrsmessungen wird der Verkehr dort aktuell geringer.
Sorge vor drohender Gentrifizierung in der Nordstadt
Ein großes Thema, das auch Unsicherheit auslöst, ist die Frage der Verdrängung durch Besserverdienende. Müssen Anwohner:innen weichen, wird es wie am Phönixsee? 520 Wohnungen könnten hier gebaut werden, 30 Prozent davon müssten Sozialwohnungen sein.
In einem grünen Park, autofrei und mit hoher Wohnqualität. Gastronomie, gut wohnen und arbeiten im Quartier – so soll es werden.
Da neue Wohnungen entstehen, muss niemand ausziehen, niemand wird verdrängt. Wer Investor wird und ggf. über die Verteilung der Wohnungen entscheidet, bleibt offen. Alles ist derzeit nur Planung, das muss mit den Investoren noch umgesetzt werden.
Kostet eine Verlagerung von DHL und Hauptpost Arbeitsplätze?
„Ist dort im Filetstück eine Schule, ein Bildungscamp nötig? “ wird weiter gefragt. „Macht die Fachhochschule dort nicht mehr Sinn? “ Einen möglichen Standort für die Fachhochschule hat die Stadt bereits zweimal geprüft, ein drittes Mal will sie nicht in die Planung einsteigen. Und Schule und Kita sind dort sinnvoll, sie liegen direkt an einem Park, mit einer Parkpromenade und vielen neuen Wohnungen in der Nähe.
Ein weiterer Fragenkomplex dreht sich um die Verlagerung von DHL und Hauptpost und um den möglichen Verlust von Arbeitsplätzen dort. Die Stadt sucht mit der Wirtschaftsförderung nach Lösungen hierfür, dazu liegen noch keine Ergebnisse vor.
Nicht wirklich zu klären sind die Fragen nach Sozialverträglichkeit und Umgang mit Obdachlosen sowie der Belastung des Baugebietes mit Fliegerbomben. Das kann bei der Planung nicht berücksichtigt werden, damit muss man im Umsetzungsprozess umgehen, heißt es seitens der Stadt.
Das mögliche Hochhaus löst eher Sorgen als Vorfreude aus
„Mit Hannibal lässt grüßen“, leitet eine Teilnehmerin die Frage nach dem Hochhaus ein. „Planen wir die nächste Bauruine? Mit Hochhäusern haben wir ja nicht die besten Erfahrungen“, führt sie weiter aus. Die Stadt teilt mit, dass die Deutsche Bahn dieses Gebäude bauen will. Über die Nutzung, insbesondere zur Frage, ob man Büros und Wohnungen mischen will, wird gerade geredet.
Im Fazit werden viele Chancen und Möglichkeiten gesehen. Viel Zustimmung und Hoffnung. Und die Erwartung auf positive Impulse für die Nordstadt. In einem Hinweis auf den Boulevard Kampstraße schwingt auch die Erwartung auf Enttäuschung mit. Konkretisiert mit der Frage, wie realistisch denn die Umsetzung ist? Die Gründung der Planungsgesellschaft ist aus Sicht der Stadt ein deutliches Indiz für den Willen zur Umsetzung.
Der Gedanke, dass seit 2016 außer der Planung nichts umgesetzt ist, wird nicht verfolgt. Es wird nicht gefragt, ob Grundstücke gekauft wurden, um sich vor Spekulanten zu schützen. Ebenso bleibt offen, ob die langen Planungsprozesse und damit verbundenen Ankündigungen Heuschrecken anziehen, die letztlich die Umsetzung unbezahlbar machen.
So bleiben am Schluss die Hoffnung auf Verwirklichung des Entwurfs, der viele gute Aspekte beinhaltet, und die zufriedenen Teilnehmer:innen, die sich auf den Heimweg machen. Auf Nachfrage zeigte sich, dass etwa ein Drittel davon aus der Nordstadt kommt.
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