Ein Kind der Nordstadt an der Spitze einer außergewöhnlichen Institution: Levent Arslan als Direktor des DKH vorgestellt

Levent Arslan, Jörg Stüdemann, inmitten der DKH-Akteure
Levent Arslan (r.), Jörg Stüdemann, inmitten der DKH-Akteure. Fotos (5): Thomas Engel

Der neue Mann an der Spitze des Dietrich-Keuning-Hauses (DKH) wuchs dort auf, wo Dortmunds Vorzeigeeinrichtung für Kultur, Bildung, Integration, Begegnung steht: in der Nordstadt. Für Levent Arslan liegt die Spezialität des Hauses – analog zur willkommenen Situation im Quartier – in der Vielfalt. Um die Menschen mitzunehmen. Entsprechend bunt ist das Programm und neue Ideen sind jederzeit willkommen.

Levent Arslan: Engagement als Programmdirektor, später als kommissarischer Leiter

Dann mal doch nur die beiden: Levent Arslan (l.) und Jörg Stüdemann
Dann doch nur die beiden: Levent Arslan (l.) und Jörg Stüdemann

Ausdrücklich bat der neue Direktor darum, dass Vorschaubild zur Berichterstattung anlässlich seiner Vorstellung mit dem ganzen Team zu machen. – Sollte er haben. Denn damals, 2015, als Levent Arslan stellvertretender Leiter und Programmleiter des DKH wurde, packten alle mit an: Dortmund war Drehscheibe der ersten Flüchtlingswelle. Da mussten neben den vielen Freiwilligen die MitarbeiterInnen der riesigen Ad-hoc-Notaufnahmeunterkunft zusammenzustehen – und taten es mit Bravour.

Auch in der Folgezeit gab es so manchen Engpass, nicht zuletzt durch eklatante Unterbesetzung, wo das Team gefragt war. Ab Frühjahr 2017 übernahm Levent Arslan schließlich die kommissarische Leitung des DKH – es wurde getüftelt, gebastelt, geprüft: Konzeption, Programm, das Verhältnis von Bewährtem zu neuen Ideen. Alles drehte sich darum, wie die Basisidee des Hauses umzusetzen sei: Begegnung in Vielfalt, Toleranz, Anerkennung, Engagement, Solidarität.

Im Ergebnis stünde hier und heute ein Kultur-, Bildungs- und Jugendzentrum am Eingang zur Nordstadt, das es im Ruhrgebiet nicht annähernd noch einmal gäbe, macht Jörg Stüdemann bei der Einführung gleich anerkennend klar. Weshalb die Entscheidung des Stadtrates, auf seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause, ihn, das Kind der Nordstadt, das daran so sehr mitwirkte, zum Direktor des DKH zu ernennen, nur folgerichtig gewesen sein konnte.

Aus der Nordstadt für die Nordstadt: als Spezialisten der Vielfalt Menschen mitnehmen

Steht nicht nur da, in der Halle des DKH, sondern ist es.
Steht nicht nur da, in der Halle des DKH, sondern ist es.

Hier, hier in diesem Raum, sagt Levent Arslan während der Vorstellung zum Direx, habe er damals seinen ersten Kurs im DKH besucht – einen Videokurs. Er, der heute 46-Jährige, ist in der Nordstadt aufgewachsen, kennt die einzelnen Straßen vermutlich nach ihrem Geruch. Menschen, Strukturen, Probleme, Lichter. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen für den Job.

Das DKH ist für seinen neuen Leiter, der aus der kommunalen Jugendhilfe, dem Kinderschutz und der Integrationsarbeit stammt, das „Herzstück der Nordstadt“. An die 100 Vereine gehen hier mittlerweile ein und aus. Ob sie in den weitläufigen Räumlichkeiten trainieren, Feste feiern oder dort gleich zu Hause sind. Das entscheidende Momentum der Einrichtung für den studierten Diplom-Sozialpädagogen und -Sozialarbeiter ist mithin: Es gäbe keinen Schwerpunkt, Markenzeichen sei Vielfalt, so wie die Nordstadt selbst.

Voraussetzung, um diesem Anspruch gerecht zu werden, kann nur sein, wie Levent Arslan sagt: die Menschen aus dem Stadtteil mitzunehmen. Das heißt auch und ganz zentral, entsprechend der geschätzten Normalverteilung von Konservatismus und Innovationslust in einem Quartier: das in einem guten Sinne Alte zu bewahren und sich gleichzeitig etwas zu trauen – neue Wege zu gehen, etwas anzupacken, auch wenn andere vielleicht erstmal doof aus der Wäsche gucken.

Aus dem DKH als Notaufnahmelager entwickeln sich zahllose Initiativen zur Integration

Am Sonntag werden in Dortmund drei Flüchtlingszüge erwartet. Der erste Zug brachte 800 Menschen, die im DKH versorgt und dann landesweit verteilt wurden.
Im DKH, 2015. Foto: Alexander Völkel

Über 200.000 BesucherInnen zählt das Keuning-Haus mittlerweile pro Jahr. Neben Größe und Angebotsbreite als Alleinstellungsmerkmal auf weiter Flur im Umkreis weiß Kulturdezernent Stüdemann natürlich auch zu schätzen, dass hier Akzente gesetzt werden – Kultur kann eben nicht sein, ohne (auch) Stellung zu beziehen.

Als die Flüchtlingsströme 2015 Dortmund erreichten, stand das DKH stellvertretend für Humanität: für jene Würde, die das Grundgesetz unabhängig von Glaube, Herkunft, Geschlecht etc. als unantastbar schützt. Es waren bewegende Wochen und Monate, für alle. – Daraus habe sich etwas entwickelt, betont Stüdemann: von Flüchtlingscafés über Bildungskurse bis zu Symposien wie Djelem Djelem.

Schließlich der Talk im DKH, oder, anders formuliert: Wie wollen wir in unserer Stadt leben? Da gäbe es nämlich für junge Menschen die Möglichkeit, sich aktuellen Problemen: politisch, religiös, kulturell, die einen Einfluss auf diese Stadt haben, zu stellen: sie mit ausgewiesenen ExpertInnen intensiv (und erfahrungsgemäß gerne stundenlang) zu diskutieren. – Die Veranstaltungsreihe könnte auch „Demokratieförderung“ heißen.

Mehr als nur Kultur- und Bildungszentrum: das DKH vermittelt Ausbildungschancen vor Ort

Während die Erwachsenen drinnen sich über langweilige Sachen unterhalten, haben die Kinder am sommerlichen DKH einfach nur Spaß.
Während die Erwachsenen drinnen sich gerade über langweilige Sachen unterhalten, haben die Kinder am sommerlichen DKH einfach nur Spaß.

Daher, insgesamt, so der Stadtdirektor gegenüber dem neuen DKH-Chef: ihm gebühre ein Großes Dankeschön! Nicht zuletzt, weil vieles über ein übliches Kultur- und Bildungszentrum hinausginge. Wenn etwa gefragt würde, wie junge Leute aus der Nordstadt in ihrem Quartier einen Beruf fänden.

Was allerdings noch fehlte, das wäre ein Kranz von Unternehmen, so um das DKH herum, die Kultur förderten.

Damit waren keine bösen Kapitalisten gemeint, die als Sponsoren Pluralität im DKH kaufen können, weil der Staat/die Kommune nicht fördert, indem sie beispielsweise kritische RednerInnen von Podiumsdiskussionen freundlich zu streichen anraten.

Nein, es lässt sich wirklich freundlich an: mit der von Stüdemann erwähnten Ausbildungsmesse zur Berufsfindung hat das DKH in diesem Jahr zum zweiten Mal Betriebe vor Ort unterschiedlichster ethnischer Provenienz und Zusammensetzung mit ebensolchen jungen Menschen zusammengebracht: damit lokale Wirtschafts- wie Ausbildungsförderung betrieben.

Nächster „Talk im DKH“ über das und zum Ende des Prozesses gegen NSU-Terror

Kletterwand, sonnenstichgeschützt.
Kletterwand 2018: im neuen Außenbereich des DKH, selbstverständlich sonnenstichgeschützt.

Das Dietrich-Keuning-Haus ist aber nicht nur kommunal, sondern mittlerweile auch überregional ein Begriff, kooperiert mit verschiedenen Partnern. In den kommenden Jahren möchte Levent Arslan vor allem die Vernetzung von Institutionen, Vereinen und Initiativen im Stadtteil und darüber hinaus ausbauen.

Soziokulturelle und politische Veranstaltungsreihen wie „Kulturell Leben“, „West Sound Story“ oder besagter „Talk im DKH“ sind dazu gegenwärtig Schlüsselformate.

Das nächste Talk-Thema ist übrigens hochaktuell: Am Freitag, den 3. August, 19 Uhr, geht es um das Ende des Prozesses um den sog. „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) nach mehr als fünf Jahren. Gemeinsam mit Nebenklage-Anwalt Mehmet Daimagüler blickt der Talk im DKH auf den Prozess zurück.

Der Rechtsanwalt und Buchautor hat im Prozess die Geschwister der beiden Nürnberger Opfer Abdurrahim Özüdogru und Ismail Yasar vertreten. Mit dem Theater-, Film- und Fernsehschauspieler Fatih Çevikkollu ist ein weiterer Experte des NSU-Komplexes zu Gast. Durch den Abend führt Prof. Aladin El-Mafaalani. Der Eintritt ist frei.

Weitere Informationen:

  • Anmeldung zum Talk im DKH, hier:

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