Das Thema „Grüner Wasserstoff“ ist momentan ein viel diskutiertes und relevantes Thema: Auf Bundesebene sind Wirtschaftsminister Robert Habeck und Agrarminister Cem Özdemir waren in dieser Woche unter anderem in Brasilien, um die Klima-Kooperationen voranzutreiben. Auch in Dortmund ist umweltfreundlich erzeugter Wasserstoff ein Thema. Davon überzeugte sich jüngst Mona Neubaur, NRW-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, bei der Firma „WEW“. Das Start-Up konnte auf Phoenix-West einen Produktionsstandort finden. Zusammen mit den Gründer:innen eröffnete Neubaur den Standort.
Eröffnung des Produktionsstandortes gemeinsam mit Mona Neubaur
Der Name „WEW“ – ist die Abkürzung für „Water Electrolysis Works“ („Wasser Elektrolyse funktioniert“). Die Firma haben Dr. Wiebke Lüke, Dr. Gregor Polcyn und Dr.-Ing. Lukas Lüke bereits Anfang 2021 gegründet. Seitdem haben sie nach einem Produktionsstandort gesucht: Fündig wurden sie in Hörde an der Konrad-Adenauer-Allee 11.
„Das Thema Wasserstoff verbindet Gregor Lukas und mich schon seit etlichen Jahren“, erklärt Wiebke Lüke. „Und wir glauben, dass wir hier einen großen Beitrag leisten können, als wir 2021 unsere Firma gegründet haben.“
Auf Phoenix-West wollen sie die für die Herstellung von grünem Wasserstoff essenziellen „Elektroden-Stacks“ produzieren, die für die Elektrolyse notwendig sind. Um was geht es dabei? Der Begriff Elektrolyse bezeichnet die Trennung von Wasser (H20) zu Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O). Die Elektrolyse findet in einem Elektrolyseur statt, dessen Hauptbestandteil das sogenannte „Elektroden-Stack“ ist.
Nationale Wasserstoff-Strategie als Motivation
Sie sind somit ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität: Die Elektroden-Stacks sind ein fundamentaler Teil zur Schöpfung von grünem Wasserstoff. Grüner Wasserstoff soll die erneuerbaren Energien besser nutzbar machen – eine Alternative zur Nutzung von Energie aus fossilen Energieträgern, bei deren Nutzung CO2 entsteht.
Ausschlaggebend für die Produktion von Elektroden sei die nationale Wasserstoffstrategie (NWS). Eines der Ziele ist es, als Zwischenstopp bis 2030 zehn Gigawatt an Wasserstoff erreicht zu haben. „Das alleine ist schon eine große Herausforderung, wir brauchen allerdings sehr viel mehr”, erklärt Lukas Lüke.
Ihren Beitrag zur Erfüllung des strategischen Ziels wird die junge Firma allerdings nicht alleine bewältigen: „Wir haben als WEW von vornherein gesagt, wir wollen das nicht alleine machen, wir wollen uns auf einen sehr wichtigen Baustein fokussieren: Das ist der Stack. Aber wir brauchen Partner, wir wollen mit Partnern zusammenarbeiten.“
Bis Ende dieses Jahres soll die erste Musterfertigung entstehen
Geplant ist unter anderem, im Rahmen eines Forschungsförderprojekt mit fünf Hochschulen zusammenzuarbeiten. Dabei geht es sowohl um die Entwicklung, als auch darum, die Stacks marktfähig zu machen. Für die Herstellung der kompletten Wasserstofflösung arbeiten sie ebenfalls mit Geschäftspartnern zusammen.
„Und denen wollen wir eine sehr kostengünstige Kernkomponente anbieten und die sollen eben genau hier produziert werden, sodass wir hier in NRW einen super wichtigen Baustein“, so Lukas Lüke.
Bis Ende dieses Jahres soll zusammen mit den Projektpartnern eine Musterfertigung entstehen, „die ungefähr 50 Megawatt Produktionsleistung haben“, erklärt Gregor Polcyn. Zudem soll es dann im Bereich des Engineering ein Gigawatt an Produktionskapazitäten für Elektrolyse-Stacks am neuen Standort geben.
Wasserstoff vor allem für Stahlindustrie und LKW-Verkehr nützlich
Geplant ist, den Großteil des erzeugten Wasserstoffs vor allem für die Stahlindustrie einzusetzen: Denn die Stahlindustrie produziert mitunter am meisten CO2. Genug Wasserstoff wird es bis 2030 nicht für alle Industrien geben, um sie klimaneutral zu machen. Daher soll der besondere Fokus auf die Stahlindustrie gelegt werden. Das würde massiv zur Bewältigung der Klimazielen beitragen. Laut ‚Wirtschaftsvereinigung Stahl‘ lassen sich nämlich 28 t CO2 je Tonne grünen Wasserstoff sparen.
Auch LKWs sollen künftig Wasserstoff betrieben werden: Laut NABU gehört „der Dieselmotor und damit der Lkw-Verkehr zu den größten Verursachern von Stickoxiden“. Laut Europäischer Kommission waren die Emissionen 2019 „aus dem Güterverkehr um 44 Prozent höher als die Emissionen aus dem Luftverkehr und um 37 Prozent höher als die Emissionen aus dem Seeverkehr“.
Und laut Statista verursachten LKW im Jahr 2019 circa 113 Gramm pro Tonnenkilometer. Deshalb ist der Einsatz von Wasserstoff in Anbetracht der Klimaziele, sowohl in der Stahlindustrie als auch für die LKWs essenziell.
Reaktionen
GRÜNE zu Dortmunder Wasserstoffstrategie: Wasserstoff nur sinnvoll in grün und beim Einsatz für Industrie und Schwerverkehr (PM)
Welche Rolle soll Wasserstoff zukünftig in Dortmund spielen? Die Frage beschäftigte jetzt den Umweltausschuss der Stadt Dortmund. Neben einer Einschätzung der Verwaltung, die zuvor in einer gemeinsamen Sondersitzung des Umwelt- und des Wirtschaftsförderungsausschusses diskutiert worden war, lag auch ein Änderungsantrag der SPD auf dem Tisch, der aus Sicht der GRÜNEN die falschen Weichen stellt.
„Die Verwaltung hat in ihrer Stellungnahme die Einsatzmöglichkeiten für Wasserstoff in Dortmund dargelegt und dabei deutlich gemacht, dass Wasserstoff nur in begrenzter Menge zur Verfügung gestellt werden kann“, so Katrin Lögering, GRÜNES Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz. Aufgrund seiner energieintensiven Herstellung müsse – so das Fazit der Verwaltung – Wasserstoff besonders zielgerichtet und sparsam verwendet werden.
„Alle erstellten Szenarien zeigen, dass weder in Dortmund noch auf regionaler oder nationaler Ebene hinreichende Mengen an erneuerbarem Strom zur Wasserstoffproduktion zur Verfügung stehen. Deshalb macht Wasserstoff vor allem bei den Anwendungsfeldern Sinn, die nicht besser elektrifiziert werden können“, erklärt Katrin Lögering. „Eine Nutzung für flächendeckende Wärmeversorgung gehört definitiv nicht dazu.“
Sinnvolle Anwendungsfelder finden sich nach Einschätzung der GRÜNEN vor allem in der Industrie und beim Antrieb für Schwerlastverkehre, u.a. auch für Schiffe. „Für private PKW oder Heizungen stehen deutlich wirksamere und wirtschaftlichere Optionen zur Verfügung. Da ist der direkte Einsatz von grünem Strom, ohne den Umweg über Wasserstoff, eindeutig effizienter und damit auch preiswerter.“
Keine Produktion von Wasserstoff in Dortmund
Die Einschätzung der Verwaltung, dass der Bedarf an Wasserstoff nicht über eine eigene Produktion in Dortmund gedeckt werden kann, wird von den GRÜNEN geteilt. „Wir sind gerade bei grünem Wasserstoff – und nur damit können die gewünschten klimaschonenden Effekte erreicht werden – auf Zulieferung und eine regionale Zusammenarbeit angewiesen, wenn die Strategie auch energiewirtschaftlich aufgehen soll“, betont Lögering und verweist auf die gerade beschlossene Kooperation mit dem Wasserstoffzentrum Hamm. Daneben bietet sich der Standort Dortmund mit seinen Kompetenzen in Wissenschaft und Anwendungstechnologien aber als Basis für Innovationen und als Wirtschaftsstandort für die Lieferung von Lösungen der Wasserstofftechnologie an. „Die benötigte Zuliefererindustrie kann eine große Chance für die Dortmunder Wirtschaft und den hiesigen Arbeitsmarkt sein, wie das Beispiel von Thyssenkrupp Nucera zeigt.“
Wasserstoff braucht erneuerbare Energien
Viele Prozesse in der Industrie werden in Zukunft ohne Wasserstoff nicht auskommen. Wichtig ist aber, wie der dafür benötigte Wasserstoff produziert wird. „Unsere Haltung dazu ist klar: Die Gewinnung muss auf Basis erneuerbarer Energien erfolgen“, so Lögering.
„Deshalb ist unser Ziel der ausschließliche Einsatz von grünem Wasserstoff.“ Türkiser oder blauer Wasserstoff als Übergangstechnologie verhindere vor allem die Transformation in eine klimaneutrale Energieversorgung und Investitionen in teure Zwischenlösungen verschwenden dringend benötigte Mittel für die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen der Zukunft. „Wasserstoff, der mit Kohlestrom, Gas oder mit dem aktuellen Strommix produziert wird, ist kein Beitrag zur Klimaneutralität“, bekräftigt Lögering.
Einen Beschluss gab es am Ende im Ausschuss nicht. Zunächst soll auch eine Beratung im bei dem Thema ebenfalls beteiligten Wirtschaftsausschuss stattfinden. Die endgültige Entscheidung, wohin Dortmunds Wasserstoffstrategie steuert, wird wohl erst im nächsten Gremienlauf fallen.