Ein begehbares Museumsexponat für die Nordstadt:

Das Stahlhaus am Hoesch-Museum könnte Realität werden, wenn die Finanzierung klappt

Das Hoesch-Stahlhaus vom Typ L-141 wartet in Hombruch auf einen Umzug in die Nordstadt.
Das Hoesch-Stahlhaus vom Typ L-141 wartet in Hombruch auf einen Umzug in die Nordstadt.

Das Hoesch-Museum ist dabei, seinen Traum einer Erweiterung des ehrenamtlich betriebenen Museums in der Nordstadt durch ein „begehbares Exponat“ zu erweitern: Zwei Gutachten belegen, dass eine Translozierung des Stahlhauses L141 von Hoesch von Hombruch an den Borsigplatz möglich wäre – wenn das Geld dafür zusammenkommt.

Statt 5000 Stahlhäuser pro Jahr wurden insgesamt nur rund 200 Gebäude gebaut

Farbkatalog - die Käufer mussten sich im Vorfeld die abwaschbare Beschichtung für alle Räume aussuchen.
Farbkatalog – die Käufer mussten sich im Vorfeld die abwaschbare Beschichtung für alle Räume aussuchen.

Die Hoesch AG hatte in den 1960er-Jahren den großen Traum, bis zu 5000 Stahlhäuser pro Jahr zu fertigen und zu verkaufen. Denn seit Ende der 1950er-Jahre war das Eigenheim der Traum vieler Deutschen. Hoesch wollte – wie viel Stahlhersteller – auf der Wirtschaftswunder-Welle „mitschwimmen“. 

Das Dortmunder Unternehmen wollte durch den Bau eigener Fertighäuser vor allem den Absatz des gerade entwickelten Leichtprofils PLATAL – eines mit PVC beschichteten Stahlbleches – sichern. Doch der Traum platzte – gerade mal 200 Stahlfertighäuser wurden von der Hoesch AG in den 1960er-Jahren hergestellt – unter anderem als Test-Bungalow auf Mallorca.

Die Bungalows gab es in verschiedenen Typen entsprechend der Wohnfläche, wahlweise mit zweiter Terrasse oder kompletter Küche. Die Wände konnten über die Kunststoffbeschichtung farbig ausfallen und waren abwaschbar – zum Aufhängen eines Bildes reichten Magnete aus. Trotz dieser modernen Versprechungen konnte sich das recht teure Wohnen in Stahl jedoch nicht durchsetzen. Denn die Kosten waren vergleichsweise hoch und die Bauherren unflexibel in der Gestaltung.

In der Hoesch-Siedlung in Hombruch wurden sieben Stahlhäuser errichtet

Das Hoesch-Stahlhaus vom Typ L-141 wartet in Hombruch auf einen Umzug in die Nordstadt.
Das Hoesch-Stahlhaus vom Typ L-141 wartet in Hombruch auf einen Umzug in die Nordstadt. Fotos: Alex Völkel

1963/64 errichtete die Firma in Dortmund-Hombruch eine Siedlung mit über 260 Wohneinheiten. Neben Hoch- und Reihenhäusern wurden auch sechs Stahlfertighäuser vom Typ K109 (mit 109 Quadratmetern) gebaut. Diese stehen heute noch. Leitende Angestellte der Firma bewohnten die Stahlhäuser in der Siedlung, eine Werbemaßnahme der ungewöhnlichen Art.

Haus „L 141“ war 1965/66 das letzte Gebäude und erhielt einen winkelförmigen Grundriss mit 141 Quadratmetern, eine verbesserte Wärmedämmung und Fugenausbildung. Es ist das einzige Hoesch-Stahlhaus der dritten Generation und kostete geschätzt mindestens 123.000 DM – und das ohne Grundstück.

Daher haben sich die Stahlhäuser nicht durchgesetzt. Außerdem wurden viele abgerissen oder „überformt“. Das ist auch in Hormbuch zu sehen. Denn das Flachdach ist witterungstechnisch nicht optimal. Daher haben sich viele Eigentümer entschieden, ihre Stahlgebäude zu überbauen, anders zu isolieren oder Seitenpaneele zu errichten. Nur das Haus „L 141“ ist ein „Fels in der Brandung der Zeit“.

Familie Hoff sorgte fast 50 Jahre dafür, dass das Gebäude fast noch im Originalzustand ist

Die Familie Hoff hat sich fast 50 Jahre um das Haus gekümmert und es nahezu im Originalzustand gehalten.
Die Familie Hoff hat sich fast 50 Jahre um das Haus gekümmert und es nahezu im Originalzustand gehalten.

Noch heute ist es dort fast im Originalzustand erhalten – geradezu ein Museumsstück. Zu verdanken ist das der Familie Hoff, die den Bungalow fast 50 Jahre bewohnte. Der Ingenieur von Hoesch hielt große Stücke auf sein Stahlhaus uns sorgte dafür, dass fast nichts verändert wurde. 

„Das macht es besonders erhaltungswürdig“, macht Isolde Parussel, wissenschaftliche Leiterin des Hoesch-Museums, deutlich. Alles ist noch im Originalzustand – nur die Wand in der Küche wurde überstrichen.

 

Die Familie Hoff hat sich fast 50 Jahre um das Haus gekümmert und es nahezu im Originalzustand gehalten. Das Haus „L 141“ war fast 50 Jahre lang Heimat der siebenköpfigen Familie des Hoesch-Ingenieurs Hoff. Das Ehepaar Hoff war familiär verbunden mit Stahl-Fachleuten aus Essen, Rheinhausen, Aachen und Luxemburg und steht somit auch stellvertretend für eine eng vernetzte technische Elite.

Sowohl Haus- wie Familiengeschichte wird das Hoesch-Museum in den kommenden Jahren präsentieren: im besten Falle im Stahlhaus am neuen Standort an der Westfalenhütte. Die Suche nach den passenden Fördermitteln läuft auf Hochtouren, um dieses einzigartige Exponat der Hoesch-Geschichte für die Nachwelt und das Museum zu sichern.

Ein Umzug des Gebäudes von Hombruch an den Borsigplatz wäre möglich, aber teuer

Noch guckt Wolfgang E. Weick aus dem Stahlhaus in den Garten - viel lieber würde er von dort aufs Hoesch-Museum blicken.
Noch guckt Wolfgang E. Weick aus dem Stahlhaus in den Garten – viel lieber würde er von dort aufs Hoesch-Museum blicken.

Der Vorstand des Hoesch-Museums hat mittlerweile zwei Gutachten in Auftrag gegeben. Das eine sollte prüfen, ob es Schadstoffe und Umweltgifte im Haus gibt. Doch außer dem Öl im Tank und einer Teerpappe auf dem Dach gibt es keinerlei Bedenken, machte Wolfgang E. Weick, Vorstand der Freunde des Hoesch-Museums, deutlich. 

Und auch die zweite – wahrscheinlich größere – Hürde ließe sich nehmen. Dem Verein liegt ein Gutachten eines erfahrenen Unternehmens aus Schwaben vor, die sich auf die Translozierung von historischen Gebäuden  spezialisiert hat. Die Translozierung (auch Transferierung) ist ein Verfahren der Gebäudeversetzung. 

Dabei wird das Gebäude dokumentiert, abgebaut und anschließend möglichst originalgetreu an anderer Stelle wiederaufgebaut. Sie haben geprüft, ob das Gebäude in möglichst wenig Teile zerlegt und mit Schwertransporten von Hombruch in die Nordstadt gebracht werden kann. Möglichst wäre das, Dank der L-Form, sogar in nur zwei Teilen.

Ehrenamtlicher Verein braucht einen „höheren sechsstelliger Betrag“ zur Realisierung

Isolde Parussel (Leiterin des Hoesch-Museums), Wolfgang E. Weick (li.)  und Dr. Karl Lauschke (Vorstand der Freunde des Hoesch-Museums) hoffen auf die Realisierung.
Isolde Parussel (Leiterin des Hoesch-Museums), Wolfgang E. Weick (li.)  und Dr. Karl Lauschke (Vorstand der Freunde des Hoesch-Museums) hoffen auf die Realisierung.

Der Haken: Ein „höherer sechsstelliger Betrag“ wäre nötig, um den Umzug und die Restaurierung zu bewerkstelligen.  „Wir müssen als ehrenamtlicher Verein überlegen, ob es geht“, so Weick. Entscheidend sei, ob die „Förderarchitektur“ gelingt – also, wen fragt und begeistert man, damit Zuwendungen fließen. 

Der Verein wird bei Land, Stadt und Stiftungen anklopfen. Die ersten Gespräche sind gut gelaufen:  „Wir sind auf große Zustimmung und Wohlwollen gestoßen. Wir fangen aber erst an, wenn die Finanzierung unter Dach und Fach ist“, so Weick. Noch sei das nicht der Fall – aber so optimistisch wie heute waren wir noch nie“, machte er bei einem Ortstermin im Stahlhaus deutlich.

Bis April nächsten Jahres sollen die Gespräche abgeschlossen und dann hoffentlich ein positives Ergebnis erzielt werden. Dann könnte vielleicht im Herbst 2021  – zum 150-Jubiläum der Westfalenhütte, die 1871 in Dortmund gegründet wurde – der Grundstein für das Stahlhaus gelegt werden, skizzierte Dr. Karl Lauschke, Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums, den weiteren Fortgang. Ein halbes Jahr später könnte dann im Stahlhaus Eröffnung gefeiert werden. 

15 Jahre Hoesch-Museum – unterwegs in eine gemeinsame Zukunft 

Das Hoeschmuseum auf der Westfalenhütte. Foto: Klaus Hartmann

Dann hätte der Verein, der am 23. Oktober 2005 das Hoesch-Museum an der Westfalenhütte eröffnete, wirklich einen Grund zum Feiern.

Der Verein und sein Museum sind aus dem kulturellen Leben der Stadt nicht mehr wegzudenken: Das Hoesch-Museum erinnert inzwischen seit 15 Jahren im ehemaligen Pförtnerhaus der Westfalenhütte an die Geschichte der Stahlstadt Dortmund und ist ein geglücktes Beispiel für ehrenamtliches Engagement und partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Die Idee zu einem Hoesch-Museum entstand kurz nach der Jahrtausendwende, um nicht nur den Namen des ehemals größten Dortmunder Unternehmens lebendig zu halten, sondern die Geschichte von Eisen und Stahl im Stadtgebiet anschaulich zu vermitteln. So gründeten engagierte ehemalige Hoeschianer 2004 den Verein „Freunde des Hoesch-Museums“, der ein gutes Jahr später das Haus eröffnen konnte.

Dies gelang jedoch nur mit Hilfe vieler Ehrenamtlicher und dank  großzügiger Unterstützung des Museums für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund (MKK), des Westfälischen Wirtschaftsarchivs und des Unternehmens thyssenkrupp Steel. So konnten Inhalte erarbeitet, Objekte gereinigt und verzeichnet und das denkmalgeschützte Portierhaus von 1914 umgebaut werden. Mit Hilfe zahlreicher Sponsoren wurde dann am 23. Oktober 2005 ein industrie- und sozialgeschichtliches Museum eröffnet, das bis heute Besucher*innen aus Nah und Fern anzieht.

Die 80 Ehrenamtlichen bilden das Herzstück des Hoesch-Museums

Einige der rund 80 Ehrenamtlichen auf einem Gruppenfoto aus dem Jahr 2014. Archivfoto: Klaus Hartmann

Seine besondere Rechts- und Trägerform hat es beibehalten: Träger ist der gemeinnützige Verein „Freunde des Hoesch-Museums“, Kooperationspartner sind weiterhin die Stadt Dortmund und thyssenkrupp Steel. Das MKK unterstützt das Museum zudem mit einer hauptamtlichen Leitungsstelle. 

Das Herz des Hoesch-Museums sind jedoch rund 80 ehrenamtliche Menschen, die den Betrieb in allen Facetten sicherstellen. Sie kommen mittlerweile auch aus Berufsgruppen jenseits der Montanindustrie und investieren im Jahr rund 11.000 Stunden ehrenamtlicher Tätigkeit. Das entspricht etwa sieben Vollzeitstellen. Diese Tätigkeiten wurden 2016 mit dem WegWeiser-Preis der NRW-Stiftung Natur, Heimat, Kultur ausgezeichnet.

Bisher haben drei Vereinsvorsitzende das Haus geprägt: Dr. Alfred Heese von 2005 bis 2007, Dr. Karl-Peter Ellerbrock von 2007 bis 2015 und Dr. Karl Lauschke seit 2015. Die wissenschaftliche Leitung lag bis 2018 bei Michael Dückershoff, ihm folgte Isolde Parussel im Sommer 2018.

 160 Jahre Unternehmens- und Sozialgeschichte sind im Hoesch-Museum zu sehen

Das Hoesch-Museum präsentiert am historischen Ort 160 Jahre Unternehmens- und Sozialgeschichte. Die Geschichte der Firma Hoesch und seiner „Hoeschianer“ als Teil der Dortmunder Stadtgeschichte steht dabei im Mittelpunkt der Dauerausstellung. 

Im denkmalgeschützten Portierhaus der Westfalenhütte veranschaulichen Werkzeuge und Produkte, Modelle und Fotografien den Herstellungsprozess von Stahl sowie die Arbeits- und Alltagswelt. Medieninstallationen wie „Phoenix aus der Asche“ und ein 3D-Stahlwerk ergänzen die Themen und zeigen auch die aktuelle High-Tech-Branche.

Rund 55 Sonderausstellungen haben seit der Eröffnung die Themen der Dauerausstellung ergänzt: Gezeigt wurden Kunst und Fotografie von und auf Stahl, historische Aspekte der Hoesch-Standorte Phoenix, Union und Westfalenhütte, wie Sozialfürsorge, Migration oder Mitbestimmung und zeitgenössische Positionen aus Forschung und Bildung. 

Im kommenden Jahr sind u.a. eine Ausstellung mit der Künstlerin Martina Dickhut geplant und eine Schau zum 150-Jubiläum der Westfalenhütte. Zur Eröffnung im Herbst 2021 soll dann auch der Geburtstag des Museums nachgefeiert werden.

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