Aktueller denn je sind die Anliegen der Friedensbewegung. Dutzende Kriege – nicht nur in Syrien, im Irak und im Jemen, 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Das Aufrüsten hat wieder begonnen und auch die Konflikte zwischen den Großmächten spitzen sich wieder zu. Zudem war ein US-Präsident noch nie so unkalkulierbar, selten war die EU so handlungsunfähig. Gründe genug, um auf die Straße zu gehen. Darauf spekulieren auch die Veranstalter des Ostermarschs Rhein-Ruhr, der traditionsgemäß an Ostermontag in Dortmund endet.
Ostermontag Kundgebung gegen rechte Gewalt auf dem Wilhelmplatz
Dort hat allerdings der Ostermarsch einen weiteren Schwerpunkt – der Kampf gegen Rechtsextremismus. Dies steht vor allem bei der Zwischenkundgebung auf dem Wilhelmplatz in Dorstfeld im Mittelpunkt.
Nachdem im vergangenen Jahr Neonazis versucht hatten, am Ostermarsch „teilzunehmen“, was die Polizei zunächst nicht verhindern konnte, ist dieser nun explizit als Demo gegen rechte Gewalt bei der Polizei angemeldet, um einen solchen Vorfall dieses Mal unterbinden zu können.
Denn für die Veranstalter ist klar: „Der Kampf gegen Krieg und Faschismus sind im Schwur von Buchenwald die beiden Seiten ein und derselben Medaille und sie sind es bis heute geblieben“, betont Willi Hoffmeister, langjähriger Organisator der Ostermarsch-Aktivitäten in Dortmund.
„Mehr denn je sind alle Demokraten gefordert, dem zunehmenden Rechtstrend entgegen zu treten und sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen“, betont der 84-Jährige.
Unter der Überschrift „Es reicht – Rechte Gewalt stoppen“ wird dieser Schwerpunkt noch stärker thematisiert. Bezirksbürgermeister Friedrich Fuß und Daniel Kehl als Vertreter der SAV-Jugend werden dort sprechen.
Letzte Etappe führt zum Abschlussfest im Wichernhaus in der Nordstadt
Viele Menschen, die sich nicht oder nur zum Teil am Marsch beteiligen, sind jeweils am Ostermontag zur Kundgebung nach Dorstfeld gekommen, um deutlich zu machen: Dortmund ist die Stadt der Demokraten nicht die der Nazis!
Ostermontag ab 14 Uhr soll der Ostermarsch am Wilhelmsplatz in Dorstfeld Station machen. Zuvor gibt es um 13 Uhr bereits eine Zwischenkundgebung in Marten (In der Meile).
Die letzte Marsch-Etappe geht dann vom Wilhelmplatz bis zum Wichernhaus in der Nordstadt (Stollenstraße) zum Abschluss Friedensfest. Dort soll es viel Kultur und wenig Reden geben, kündigt Hoffmeister an – schließlich gibt es in den drei Tagen bereits 14 Stationen mit zahlreichen Redebeiträgen.
Außerdem wird es am bzw. im Wichernhaus zahlreiche Infostände und gastronomische Angebote geben. Kulturbeiträge wird es unter anderem von Peter Rollke (politische Lieder), Frank Baier (Friedenslieder) , Andreas Weißert (Rezitation), „Caputea“ (mobilisierende Lieder gegen Rechts) und von„Hauptmann Manz“ (Kabarett) geben.
Friedensbewegung fordert eine überzeugende Friedenslösung des Westens
Joachim Schramm, Landesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigten KriegsdienstgegnerInnen in NRW, machte im Vorfeld der Traditionsveranstaltung deutlich, um was es beim Ostermarsch geht. „Wir schauen ja alle mit Entsetzen auf Syrien und den Irak. Doch wir haben da nicht nur einzelne Vorfälle wie den Giftgasangriff vor Augen oder den westlichen Angriff auf eine Schule in Rakaa, wo im Raum steht, dass deutsche Tornados Aufklärungsdaten geliefert haben“, so Schramm.
„Uns fehlt eine überzeugende Strategie des Westens für eine Friedenslösung. Es wird an der Forderung nach Regime-Wechsel festgehalten. Eine Friedenslösung wird es nur mit der Kröte Assad geben – zumindest für eine Zeit lang, um es dann in die Hände der Bevölkerung legen“, glaubt Schramm.
Er erneuerte die Förderungen der Friedensbewegung: Zivile Konfliktlösung statt militärischer, Stopp des Waffenhandels und Konzepte zu einer friedlichen Lösung wie einst bei der OSZE.
Außerdem kritisiert Schramm, dass nach einem möglichen Rückzug der USA aus der NATO ein Aufschrei des Westen nach europäischer Aufrüstung erklinge. „Woher soll das Geld kommen? Das führt nur zur Einschnitten bei Arbeit und Soziales. Wie fordern nicht Aufrüstung, sondern Deeskalation und friedenssichernde Maßnahmen.“
Für die Friedensbewegung ist weiterhin ein friedliches Europa das Ziel – entsprechend des Friedensnobelpreises, den die EU erhalten hat. „Aber ich sehe nicht, dass ein friedliches Europa auf der Agenda steht. Da steht eher die Aufrüstung auf der Tagesordnung“, bedauert Schramm.
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Reader Comments
Marco Bülow (SPD-MdB)
Nein zu Krieg und Terror! Nein zur weiteren Erhöhung des Verteidigungshaushalts!
Absurder Applaus für Vergeltungsschlag in Syrien
Die Wahrheit stirbt bei Kriegen und Konflikten zuerst und deshalb sind viele Nachrichten über Syrien mit Vorsicht zu genießen. Dennoch glaube ich, dass Assad schuldig an Kriegsverbrechen und Verbrechen an der Menschlichkeit ist. Dies ist nicht zu tolerieren. Aber Bomben und völkerrechtswidrige Angriffe werden das Problem eher vergrößern als es zu beseitigen.
Waffen und Krieg haben insgesamt die Situation in der Region erst destabilisiert und dann zu Krieg und Terror geführt. Der „Westen“ hatte daran einen großen Anteil. Sicher ist der diplomatische Weg – gerade auch mit Russland – nie einfach, aber der Vergeltungsschlag von Trump hat ebenfalls viele Tote gefordert, viel Leid und sicher noch mehr Hass erzeugt.
Es ist absurd, wenn gerade die westlichen Kritiker von Trump, die ansonsten jede Äußerung und Ankündigung von ihm zerrissen haben, ihm nun zujubeln oder zumindest Verständnis für seine Attacke zeigen. Ich kritisiere dabei ausdrücklich auch die Haltung der EU und der Bundesregierung in dieser Frage.
Ich unterstütze das Engagement der Friedensbewegung gegen Krieg und Aufrüstung, halte aber einseitige Verurteilungen für nicht gerechtfertigt. Ich weiß, dies gilt nicht für alle Friedensbewegte, aber ein Teil schweigt sehr auffällig, wenn es um die Kriegsverbrechen von Assad und seinen Verbündeten geht.
Deutschland im Rüstungswettkampf
Kritikwürdig ist auch das Einknicken der Kanzlerin und der Verteidigungsministerin, der Forderung von Trump und der NATO nachzukommen und in den kommenden Jahren unglaubliche Summen für die Bundeswehr auszugeben. Der Etat soll von 1,2 Prozent auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden. Bis 2020 soll der Verteidigungsetat von 34,3 auf 39,2 Milliarden Euro steigen. Um das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, müsste Deutschland zukünftig mehr als 60 Milliarden Euro für das Militär ausgeben. Schon jetzt geben wir mehr Geld für das Militär aus als für Justiz/Verbraucherschutz, Auswärtiges, Bildung und Forschung, Umwelt und Bau sowie Entwicklungszusammenarbeit zusammen. Das ist Irrsinn und der falsche Weg.
Wir brauchen im Gegenteil das Geld zukünftig eher für unsere Infrastruktur, für Bildung und für soziale Belange. In Deutschland erleben wir eine steigende Ungleichheit, eine der höchsten in ganz Europa. Es ist absurd unseren Reichtum immer mehr für Militär einzusetzen anstatt mit dem Geld Armut zu bekämpfen, für mehr Chancengleichheit zu sorgen und den Mittelstand zu fördern.
Deutschland würde mit dieser Politik zu einer der größten Militärmächte werden und wäre dann ein Teil des neuen Wettrüstens. Jahrzehntelange mühsame Anstrengungen für Abrüstung würden damit zunichte gemacht. Deutschland würde sich zukünftig auf der internationalen Bühne noch stärker militärisch engagieren. Schon jetzt beteiligen wir uns aktuell mittlerweile mit ca. 4.500 Soldatinnen und Soldaten an insgesamt aktuell 15 Missionen der NATO, UNO und der EU.
Deutschland gehört zu den größten Waffenexporteuren weltweit. Die Bundesregierung hat zum Beispiel in den ersten sechs Monaten 2016 die Ausfuhr von Waffen und Ausrüstung im Gesamtwert von rund vier Milliarden Euro genehmigt – eine halbe Milliarde mehr als im Vorjahreszeitraum. Besonders problematisch dabei ist, dass zu den wichtigsten Abnehmern zum Beispiel sehr autokratische Diktaturen wie Saudi-Arabien gehören und auch Ägypten und Katar. Es zeugt von Doppelmoral, einerseits fundamentalistische Islamisten mit Waffen zu versorgen, andererseits sie zu bekämpfen. Das muss endlich aufhören.
Unterstützung für die Friedensbewegung
Ich bin kein Pazifist, aber gerade wenn man abwägt und differenziert entscheidet, darf man sich an dieser Aufrüstung und an den Kriegen wie in Syrien nicht beteiligen. Ich unterstütze deshalb grundsätzlich die Proteste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Ostermarsch. Es gibt auch Punkte, die ich anders sehe und Forderungen, die beim Ostermarsch bisher nicht auftauchen. Ich möchte darüber aber eine konstruktive Debatte. Ich nenne hierbei beispielsweise den Umgang mit dem sogenannten IS. Der IS muss bekämpft werden, aber ich glaube Verhandlungen sind hier wohl unmöglich, dennoch führen auch viele militärische Mittel in die Sackgasse. Es gibt andere Optionen, dazu gehören beispielsweise das Austrocknen ihrer Finanzquellen und den IS von neuen Waffenlieferungen und dem Nachschub an neuen Kämpfern abzuschneiden. Zudem müssten endlich die Beziehungen zu Saudi Arabien und anderen diktatorischen, islamistischen Staaten überdacht werden. Und genau diese Doppelmoral wollen viele nicht aufgeben. Alle Waffenlieferungen an solche Staaten müssten sofort unterbunden werden.
Konfliktprävention darf nicht länger leere Worthülse bleiben
Begraben wir endlich das Schwarz-Weiß-Denken und die Offerte, das der Zweck die Mittel heiligt. Beides ist eine Illusion und eine Ausrede, Macht auszuüben. Wir müssen „Verantwortung übernehmen“, aber das kann auch ganz anders aussehen, z.B. dadurch, als Industrieland endlich die versprochenen 0,7% des Bruttonationaleinkommens als Entwicklungshilfe auszugeben. Diese Zielzahl gibt es viel länger als die Vereinbarung der NATO und fast alle Länder sind davon weit entfernt – so auch die USA und auch wir .
Indem wir mehr Geld für Krisenprävention ausgeben, kann Deutschland sich als Vorbild zeigen. Wir brauchen deshalb ein neues Gesamtkonzept deutscher Außenpolitik, das dem engen Zusammenhang von Aussen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik Rechnung trägt. Um effektive Friedenspolitik zu leisten, darf Konfliktprävention nicht länger eine leere Worthülse bleiben, sondern muss aktiver betrieben werden. Deutschland muss sich einer wertegeleiteten Politik hinsichtlich seiner Rüstungsexporte verpflichten, die Menschenrechte anstatt Profite in den Mittelpunkt stellt. Eine höhere Transparenz und eine stärkere Beteiligung des Parlamentes sind dringend notwendig. Statt mehr Geld für die Bundeswehr zu fordern, sollten die Ausgaben für Verteidigung lieber mit den Investitionen für Prävention, Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe gekoppelt werden.