Von Susanne Schulte
André Groß packt seine Bürounterlagen in Umzugskisten, 24 weitere Dortmunder tun dies mit ihrer Kleidung und persönlichen Dingen: Am 3. November ist Einzugstag im neuen Awo-Wohnheim an der Hirtenstraße 24.
Groß, der der Einrichtungsleiter sein wird, merkt man beim Rundgang durch das Haus die Begeisterung für seinen neuen Arbeitsplatz an: „Alles ist hell und übersichtlich, die Frauen und Männer können, ohne ihren jeweiligen Wohnbereich verlassen zu müssen, an die frische Luft und hier, von diesem Zimmer aus, haben Sie den besten Ausblick überhaupt“, sagt er und zeigt aus dem zweiten Stock auf die Lutherstraße.
Zum ersten Mal mit 50 Jahren ein Alltag ohne eigene Familie
Von den neuen Bewohnern kennen sich sechs, sieben mit dem Alltag in Heimen aus. Sie ziehen um aus den Awo-Häusern in Mengede, Derne und Brünninghausen. Ihre Mitbewohner werden zurzeit noch zu Hause von Angehörigen gepflegt. „Die Eltern haben sich zu Hause um ihre Kinder gekümmert, so lange es geht. Aber irgendwann geht es nicht mehr“, sagt Groß.
Mit 40 oder 50 Jahren müssen sich die Kinder dann an das Leben in einer Wohngemeinschaft gewöhnen. Acht Personen wohnen jeweils in Einzelzimmern auf einer Etage, teilen sich einen Aufenthaltsraum. Wer auf den Rollstuhl angewiesen ist, braucht keine Barrieren zu fürchten: ein großer Fahrstuhl, genügend Platz zum Rangieren in den Zimmern und Badezimmern, Türklinken auf sinnvoller Höhe machen das Bewegen so bequem wie möglich.
Die meisten Hausbewohner gehen zur Arbeit
Ob körperlich oder geistig eingeschränkt, „die meisten der Bewohner sind tagsüber auf der Arbeit“, erzählt André Groß. In den Awo-Werkstätten in Lindenhorst, auf dem Schultenhof in Brünninghausen und in der Werkstatt über den Teichen in Eving sind sie beschäftigt.
Die wenigen, die bereits in Rente sind oder nicht mehr arbeiten können, werden tagsüber von Fachkräften im Haus betreut. Die meisten seiner Kollegen und Kolleginnen kommen erst zum Spätdienst zur Hirtenstraße 24, wenn die Bewohner nach Feierabend nach Hause kommen.
Die helfen dann beim Duschen, beim Umziehen, bei der Freizeitgestaltung und beim Kochen. „Wir stellen uns das so vor, dass sich viele noch selbst versorgen“, sagt Groß. In jede der drei Aufenthaltsräume wird eine lange Küchenzeile eingebaut.
Die Arbeiterwohlfahrt hat 20 zusätzliche Pflegekräfte eingestellt
20 Pflegekräfte stellt die Awo zusätzlich ein, „zwei Drittel Fachkräfte, ein Drittel Pflegehilfskräfte“, so Groß. Er selbst führt die Vorstellungsgespräche. Andre Groß ist gelernter Altenpfleger, arbeitet seit 1994 bei der Awo, zuletzt in der Seniorenbetreuung im Awo-Haus am Süggelweg. Jetzt tritt er seine erste Heimleiterstelle an.
Der Bau der Einrichtung war möglich und nötig, so sieht es der Bedarfsplan des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) vor, dessen Aufgabe es unter anderen ist, sich um die Betreuung von Menschen mit Behinderung zu kümmern. „Es ist wohl vorläufig die letzte stationäre Einrichtung, die in Dortmund gebaut wurde“, meint Groß. Eine sei womöglich noch in Planung.
2,5 Millionen Euro in der Hirtenstraße investiert
An die 2,5 Millionen Euro hat der Bau des Hauses gekostet, bezahlt vom LWL, von der Stiftung Wohlfahrtspflege, von der Aktion Mensch und von der Awo. Die Idee für das Haus mit seinen vielen Fenstern und den Terrassen auf jeder Etage hatte das Architekturbüro Berghoff, Dohmann und Herlich.
Übersehen kann man das neue Gebäude nicht. Die rote Fassade des Verwaltungs- und Aufenthaltstraktes passt gut auf die grüne Wiese und zum weißen Anstrich des Wohnbereichs. Drumherum wird noch Rasen gesät, ein Nutzgarten ist vorgesehen und Rosenbüsche und Bäume sollen grünen und blühen. Die Solaranlage auf dem Dach sorgt für eine unabhängige Strom- und Wärmeversorgung.
Überlegungen für eine Tagesbetreuung laufen
Schon kurz nach dem 3. November werden alle Zimmer belegt sein. „Wir sind fast ausgebucht“, sagt Andre Groß. Haben sich dann alle eingelebt, will man im kommenden Frühjahr die Nachbarschaft einladen, die ein gutes Jahr lang den Baufortschritt beobachten konnte. Und noch eine Idee möchte die Awo umsetzen, wenn sich der Alltag eingespielt hat: das Angebot einer Tagesbetreuung.
Reader Comments
Barbara Altwasser
Tolle Einrichtung,freu mich auf 4 Wochen, die ich in den Ferien dort sein darf…. .ps.schön, dass ich zum Sommerfest eingeladen war 🙂