Das Gesundheitsamt ist eines der interessantesten Gebäude der 50er-Jahre in Dortmund – vor allem von innen. Das Treppenhaus ist wohl das augenfälligste Merkmal und ein Grund, warum das Gebäude unter Denkmalschutz steht. Doch der Gebäudekomplex ist seit Jahren baufällig. Daher hat sich die Stadt entschieden, dass das Gesundheitsamt in die ehemalige Postbank-Immobilie umzieht. Für das denkmalgeschützte Gebäude gibt es jetzt eine neue Zukunft.
Ein Schmuckkästchen aus den fünfziger Jahren inmitten der Stadt
Das Ergebnis des sogenannten Interessenbekundungsverfahrens steht fest: den Zuschlag erhält die „Landmarken AG“, die mit einem Entwurf des Architekturbüros „pinkarchitektur, Düsseldorf“ für das zukünftige Gestaltungskonzept des historischen Gebäudekomplexes an der Hövelstraße überzeugte. Geplant ist eine Wiederherstellung der sanierungsbedürftigen Immobilie sowie der Außenanlagen auf Grundlage der alten Konzeption.
Es handele sich nach den Dortmunder Kirchen um eines der wichtigsten Bauten der Stadt, mit einer herausragenden Architektur, so Planungsdezernent Ludger Wilde einleitend anlässlich der Vorstellung der erfolgreichen Bewerbung um Bewahrung und Wiederherstellung des Gesundheitshauses in Dortmund.
Der nach Plänen des bekannten Dortmunder Architekten Will Schwarz zwischen 1958 und 1961 errichtete fünfteilige Gebäudekomplex, der sich seit 1993 auf der offiziellen Denkmalliste der Stadt befindet, ist in die Jahre gekommen und sanierungsbedürftig. Das Besondere an der Immobilie: Seinerzeit bis zu Einzelheiten der Innenausstattung nach dem Stil der 50er Jahre errichtet, war die Stadt im Laufe der Jahrzehnte, was etwaige Modernisierungsmaßnahmen betrifft, sehr zurückhaltend.
Konsequenz: Inmitten der Stadt liegt ein wahres architektonisches Schmuckstück der 50er und 60er Jahre, in dem sich heute quasi ein Museum von Einrichtungsgegenständen aus der Nachkriegszeit befindet, vom Kleiderständer bis zur Türklinke. Daher sei es für die anstehenden Sanierungsarbeiten beim Investorenauswahlverfahren vor allem darum gegangen, einen solventen Privatinvestor mit einer Konzeption zu finden, der den Bestand erhielte und im Sinne des ursprünglichen Denkansatzes hinter dem Gesundheitshaus weiterentwickelte, betont Wilde.
Verantwortlichkeit für Restauration durch Verfahren der Interessenbekundung bestimmt
In solchen Fällen hat sich ein Interessenbekundungsverfahren bewährt. Mit einem solchen Verfahren kann festgestellt werden, ob öffentlichen Zwecken dienende Aufgaben sinnvoll von privaten Anbietern anstelle staatlicher Institutionen übernommen werden können.
Nachdem in einer ersten Stufe der Verfahrensrealisierung sich insgesamt 25 Interessenten gemeldet und davon 14 ein Angebot abgegeben hätten, erläutert Thomas Ellerkamp, Leiter des Fachbereichs Liegenschaften der Stadt Dortmund, seien von einem fachübergreifenden Auswahlkomitee fünf BewerberInnen in die engere Wahl gezogen worden.
Mit denen habe es Diskussionen über deren Konzepte und entsprechende Nachbearbeitungen gegeben. Schließlich sei die „Landmarken AG, Aachen“ mit dem Entwurf des Architekturbüros „pinkarchitektur, Düsseldorf“ als Sieger aus dem Auswahlverfahren hervorgegangenen.
Erhalt von Bausubstanz trotz Veränderungen nach heutigen bauphysikalischen Ansprüchen
Der Verwaltungsvorstand der Stadt wird nun dem Stadtrat für seine Sitzung am 17. Mai vorschlagen, für das Landmarken-Sanierungskonzept als Gewinner des Wettbewerbs zu votieren. Während das Gesundheitsamt und der Drogenkonsumraum „Kick“ zum Ende des Jahres hin in das ehemalige Postgiroamt Dortmund am Hohen Wall 7-9 umziehen sollen, könnte das Gesundheitshaus Mitte/Herbst 2019 an die Investoren übergeben werden. Erwartete Umbauzeit: etwa 15 Monate.
Eingriffe in die Bausubstanz durch veränderte bauphysikalische Erwartungen der Gegenwart gegenüber den 50er und 60er Jahren sind bei dem denkmalgeschützten Gebäude lediglich in einem vertretbaren Umfang geplant; Verfremdungen seien nicht vorgesehen. Man fühle sich der Aufgabe, das Gesundheitshaus zu erhalten, verpflichtet, betont Norbert Hermanns, Vorstandsvorsitzender der Landmarken AG.
Dazu sei viel Recherchearbeit vonnöten gewesen, erklärt Architekt Thomas Pink von „pinkarchitektur, Düsseldorf“, dessen Sanierungsentwurf als Teil der Gesamtkonzeption den Zuschlag des Verwaltungsvorstandes bekam. In einem Privatarchiv habe man glücklicherweise Original-Farbkarten gefunden.
Offenheit der Konstruktion für multiple Verwendungsmöglichkeiten
Das Gebäude sei vom damaligen Architekten Will Schwarz dicht konzeptionell durchgearbeitet worden, nichts dem Zufall überlassen gewesen. Es gäbe in ihm fast poetische Details, das Haus schriebe seine Story quasi selbst, schwärmt der Fachmann, der es wissen muss.
Die Struktur des Gebäudes lasse vermuten, dass sie mit viel Weitblick für die Zukunft konzipiert sei. Man habe offenbar von Anfang an Drittverwendungsmöglichkeiten im Blick gehabt, ergänzt Hermann. Bei einer Lebenszeit von 50, 60 Jahren könnten/müssten solche Gebäude einige Metamorphosen aushalten.
Die Frage sei gewesen, wie ein Weg aus der Vergangenheit in die Zukunft gefunden werden könne, betont Peter Marquardt, Projektleiter bei der Landmarken AG. Dazu gehören heute vor allem Themen wie Energiesparen und Umweltschutz. Daneben soll Urbanität in die Stadt zurückgeholt werden.
Vorgesehen ist ein urbaner Mix aus Hotel, Apartments, Kita, Co-Working-Flächen und einem Café
Konkret ist geplant, im Innenbereich des Komplexes, der heute als graue Parkfläche benutzt wird, einen grünen Ort entstehen zu lassen, so wie ursprünglich von Schwarz gedacht. Ein Garten, wo sich auch Familien treffen können, denn auch eine 4-5 zügige Kindertagesstätte soll dort neu errichtet werden.
Teile der Immobilie werden zu einem fixen Design-Hotel mit 155 Zimmern umgebaut, ausgestattet mit dem Inventar der 50er und 60er Jahre. Ein Betreiber sei schon gefunden, der sensibel mit dem Gebäude umgehen könne, freut sich Hermanns.
In den oberen Geschossen soll es einen Apartment-Bereich mit 40 Wohneinheiten geben. In einem Co-Working-Sektor von etwa 500-1.000 Quadratmetern können Tische und Räumlichkeiten von Start-Up-Unternehmen gemietet werden. Das Café auf dem Dach ermöglicht BesucherInnen, den Blick über die Innenstadt zu genießen.
Mit den Sanierungsplanungen ist zudem ein komplettes Mobilitätskonzept verbunden; es wird eine Fahrzeugflotte für Hotelgäste mit E-Autos (des in Aachen entwickelten eGO) und E-Rädern sowie Möglichkeiten des e-mobilen Car-Sharings für AnwohnerInnen geben. Insgesamt belaufen sich die Investitionen auf etwa 25 Millionen Euro.