Anlässlich des Bahngipfels im Dortmunder Rathaus hat das „Bahnbündnis Westfalen“ seine Forderung nach einem sofortigen zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Münster-Lünen-Dortmund erneuert. VertreterInnen von Städten, Gemeinden, Kammern, Gewerkschaften und Verbänden in Westfalen haben deutlich gemacht, dass der Zustand an dieser zentralen Stelle im Bahnnetz nicht zuletzt aufgrund der überregionalen Bedeutung keinen weiteren Aufschub mehr erlaubt.
OB Sierau fordert Gleichbehandlung der westfälischen Region von Bund und Bahn AG
„Der Ausbau muss sofort in Angriff genommen werden. Der Verweis des Bundes oder der Bahn AG auf ausstehende Konzepte ist nicht zielführend und ein Hemmschuh. Die Notwendigkeit des Ausbaus liegt auf der Hand“, so Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau.
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Sierau wies zudem auf die Umsetzung von Bahnprojekten in Süd- und Ostdeutschland hin und forderte eine entsprechende Gleichbehandlung der westfälischen Region. „Gleichwertige Lebensbedingungen sind eine durch das Grundgesetz formulierte Norm. Die Bundesregierung und der Bundestag sollten sich daran halten“, so der OB.
Das „Bahnbündnis Westfalen“ erwartet zudem, dass die Beteiligten bei Bund und Bahn das Gespräch mit dem Bündnis führen, bevor die Inhalte des Deutschland-Takts veröffentlicht werden. Münsters Stadtbaurat Robin Denstorff, der den verhinderten OB Markus Lewe vertrat, sagte: „Der zweigleisige Ausbau der Strecke Dortmund-Lünen-Münster ist alternativlos und zwingend notwendig. Die Summe der gemeinsamen regionalen Aktionen zum Ausbau der Strecke zeigt seit langem, wie immens wichtig diese Strecke für die Region ist. Die Region erwartet nun Taten!“
Seit 30 Jahren Jahren ist auf der als Engpass bekannten Problemstrecke nichts passiert
Der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke Münster-Lünen-Dortmund beschäftigt die Region bereits seit über 30 Jahren. Schon 1985 wurde die Verbindung als Ausbaustrecke im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) erwähnt. Passiert ist seitdem nichts.
Die Strecke ist nach wie vor ein Engpass in zentraler Lage im europäischen und deutschlandweiten DB-Netz. Mehrfach wurde in dieser Zeit an den Bund appelliert, die Gesamtstrecke zweigleisig auszubauen – unter anderem im Jahr 2013 mit einer Resolution der Städte Dortmund, Münster, Kreis Unna, Lünen, Werne sowie der IHK zu Dortmund und der IHK Nord Westfalen und dem Verkehrsverband Westfalen e.V.
Ein Tropfen auf den heißen Stein: Kritik an kleinteiligem Etappenausbau
Im Jahr 2018 wurde das Teilstück zwischen Münster und Werne in den vordringlichen Bedarf des BVWP 2030 als Teilausbau eines zweigleisigen Begegnungsabschnitts aufgenommen. Die Initiativen der Anrainer-Städte kritisieren dies. Für sie ist das nicht ausreichend. Sie erneuern ihre Forderungen nach einem sofortigen komplett zweigleisigen Ausbau und der Wiederaufnahme eines stündlich fahrenden Fernverkehrs zwischen Dortmund und Münster.
„Offensichtlich müssen wir unser Anliegen noch deutlicher vortragen, damit wir die nötige Aufmerksamkeit des Verkehrsministeriums bekommen“, unterstreicht der Bürgermeister von Werne, Lothar Christ, den Appell an die Verantwortlichen.
„Der zweigleisige Ausbau der ersten sechs Kilometer sollte nur der Startpunkt für ein umfassendes Maßnahmenpaket sein. […] Ich begrüße deshalb die Bereitschaft von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst, sich bei der Deutschen Bahn und dem Bundesverkehrsministerium dafür einzusetzen, dass es nicht bei den ersten sechs Kilometern bleibt. Das wäre lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein“, so Stefan Schreiber, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund.
Die IHK setze sich bereits seit zehn Jahren für eine quantitative und qualitative Angebotsverbesserung auf dieser Strecke ein. Es müsse ein Gesamtkonzept her, das beispielsweise auch eine fehlende Brücke im Dortmunder Hauptbahnhof berücksichtige. Der Bund habe aktuell das Ziel ausgegeben, die deutschen Metropolen mit einem halbstündigen Fernverkehrstakt (umsteigefrei) zu verbinden.
Ausbau ist auch aus klimapolitischer Sicht absolut notwendig
Solche Planungen würden an der momentanen Infrastruktur scheitern. Unterstützung bekommt das Bahnbündnis auch vom DGB Dortmund und der Eisenbahngewerkschaft EVG, die auch auf die klimapolitischen Aspekte des Problems aufmerksam machen. Die Verlagerung auf CO2-arme Verkehrsmittel sei der zentrale Hebel auf dem Weg zum CO2-freien Verkehr.
Sie fordern mehr Investitionen für Ausbau und Erhalt der Schienennetze. „Gerade in einer Zeit, in der der Fachkräftemangel im Münsterland ein Anreiz wäre dort gute Arbeit zu finden, scheitert der Gedanke schon am Transport. Verstopfte Autobahnen und schlechte Schienenanbindungen behindern Mobilität und Fachkräfteausgleich“, beziehen Jutta Reiter, DGB-Vorsitzende in Dortmund und Wilfried Otten von der EVG Stellung.
Die Handwerkskammer Dortmund sieht einen vordringlichen Bedarf an einem komplett zweigleisigen Ausbau der betroffenen Strecke. Dieser sei von strukturpolitischer und wirtschaftlicher Bedeutung für die Region. Der gesamte Wirtschaftsstandort aber auch MitarbeiterInnen und KundInnen würden von einer besseren Anbindung der Städte Münster und Dortmund an den nationalen Schienenverkehr profitieren.
Der Hauptgeschäftsführer der HWK Dortmund, Carsten Harder, macht auf die Aspekte der Verkehrswende aufmerksam. Diese sei ohne Ausbau und Modernisierung nicht zu schaffen. Momentan würde mehr Verkehr auf der Schiene abgewickelt als die Infrastruktur zulasse. Daher müssten schnelle Reformen her, die die Sanierung maroder Infrastruktur und den weiteren Streckenausbau ermöglichen würden.
Bündnis fordert, die Voraussetzungen für den geplanten Ausbau „jetzt“ zu schaffen
Im März dieses Jahres hat das „Bahnbündnis Westfalen“ eine Resolution an den Vorstandsvorsitzenden der Bahn AG auf den Weg gebracht, im Mai 2019 wurden die Forderungen der Anlieger-Kommunen noch einmal in einem Brief an den Bundesverkehrsminister verdeutlicht.
In einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Enak Ferlemann vom 19. August 2019 auf das Schreiben des „Bahnbündnis’ Westfalen“ vom 21 Mai 2019 an den Bundesverkehrsminister erwähnt der Bund einen zweigleisigen Ausbau über sechs Kilometer bei Capelle-Ascheberg (Einstufung in den vordringlichen Bedarf des BVWP), weitere Prüfungen im Deutschland-Takt 2030 bezogen auf wirtschaftlich begründete Ausbauten sowie einen Schienenersatzverkehr für regionale Verkehre.
Die großräumige Umleitung des Fernverkehrs während der Baumaßnahmen sei unumgänglich. Die Bahn kündigte zudem für den 6. Januar 2020 den Baubeginn der Reparaturmaßnahmen an. Damit geht eine Gesamtsperrung von Lünen bis Münster für Nah- und Fernverkehr einher. Der Regelbetrieb soll am 12. August 2020 wieder aufgenommen werden.
Das „Bahnbündnis Westfalen“ hat heute noch einmal hervorgehoben, dass der komplette zweigleisige Ausbau der Strecke den Zielen des im Bundesverkehrsministerium entwickelten Deutschland-Taktes 2030 entspricht. Die Voraussetzungen dafür müssten jetzt geschaffen werden. Die im „Zukunftsbündnis Schiene“ formulierten Maximen seien nun vor Ort umzusetzen, so das Bündnis.
Reaktionen
Dortmund, Münster, Osnabrück und Bremen fordern schnellere Züge auf der sie verbindenden Bahnstrecke (PM Stadt Dortmund)
Dortmund, Münster, Osnabrück und Bremen fordern schnellere Züge auf der sie verbindenden Bahnstrecke
In einem gemeinsamen Schreiben an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer fordern Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe, Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal, Osnabrücks Oberbürgermeister Wolfgang Griesert und Bremens Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte mehr Tempo auf den diese Städte verbindenden Bahngleisen. Konkret soll in die nächste Überarbeitung des Deutschlandtakts für die Bahnstrecke Dortmund – Münster – Osnabrück – Bremen – Hamburg eine Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf bis zu 230 Stundenkilometer aufgenommen werden.
Aus Sicht der Stadtoberhäupter ist die Anhebung auf 230 Stundenkilometer beispielsweise analog der Strecke Hamburg – Berlin oder der zukünftigen Strecke Fürth – Bamberg mit überschaubaren Finanzmitteln zu realisieren. Sie würde zu einem erheblichen Fahrzeitgewinn und damit zu einer deutlichen Steigerung der Attraktivität des Bahnverkehrs im nordwestdeutschen Raum führen.
Angesichts der meist schnurgeraden Strecke und dem dortigen Einsatz von ICE-Zügen sei den Reisenden auch kaum noch zu vermitteln, warum hier weiterhin ein Geschwindigkeitsstandard aus den 1980er Jahren gelten soll. Die Strecke Dortmund – Münster – Osnabrück – Bremen – Hamburg ist seit 1986 für eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 200 Stundenkilometern zugelassen und folgt in weiten Teilen einer sehr geraden Trassierung.