Dortmund sieht sich beim Klimaschutz auf dem richtigen Weg, verfehlt aber die Klimaschutzziele. Die Stadt hat sich mit dem Handlungsprogramm Klimaschutz das Ziel gesetzt, ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent im Vergleich zum Bezugsjahr 1990 zu reduzieren. Bei den alle zwei Jahre ermittelten Zahlen (aktueller Stand 2018) liegt man erst bei 32 Prozent. Die acht Prozentpunkte sind aber wohl nicht zu erreichen gewesen – höchstens durch die „Corona-Delle“ könnten die Emissionen im vergangenen Jahr kurzfristig gesunken sein. Damit wird die Herausforderung für die nächsten Jahre noch höher: Der Rat der Stadt Dortmund hatte mit dem Beschluss zum Handlungsprogramm Klima-Luft 2030 die neuen Einsparziele bis 2030 in Höhe von 55 Prozent (Bezugsjahr 1990) festgelegt.
Allein zwischen 2012 und 2018 betrug der Rückgang des Stromverbrauchs rund zehn Prozent
„In Summe sind wir auf einem guten Weg“, sagte Umweltdezernent Ludger Wilde bei der Vorstellung der neusten Zahlen. Dortmund ist dabei weiter als viele Kommunen im Ruhrgebiet. In einem zweijährlichen Turnus werden CO2-Bilanzen erstellt, um zu überprüfen, in wie weit die Stadt ihrem Ziel näher rückt. ___STEADY_PAYWALL___
Die jetzt vorgestellte Bilanz für das Jahr 2018 weist eine CO2-Minderung von 32 Prozent mit Bezug auf das Jahr 1990 auf. Bei Betrachtung der sogenannten witterungsbereinigten Emissionen beträgt der Rückgang sogar 36 Prozent, da hier der Mehrbedarf für Heizenergie in kälteren Jahren einberechnet wird.
„Sehr erfreulich ist der Umstand, dass sich der Trend sinkender Stromverbräuche in privaten Haushalten fortsetzt, ein Anzeichen dafür, dass der Klimaschutz in der Dortmunder Stadtgesellschaft angekommen ist. Allein zwischen 2012 und 2018 betrug der Rückgang des Stromverbrauchs rund zehn Prozent“, so Wilde.
In allen Sektoren besteht noch eine große Differenz zur Erreichung des 40-Prozent-Ziels
Allerdings wird der Stromverbrauch perspektivisch weiter zunehmen – wegen der zunehmenden Klimatisierung in Wohnungen und Unternehmen, aber vor allem auch durch die steigende Zahl von E-Fahrzeugen, die ja aufgeladen werden müssen. Doch diese bereiten dem Umweltdezernenten keine Kopfschmerzen – zumindest dann nicht, wenn diese mit Ökostrom aufgeladen bzw. betrieben werden.
Die Handlungsfelder stellen sich sehr unterschiedlich dar: Während die Klimabelastung im Privat- und im Wirtschaftssektor durch energetische Gebäudesanierung, effizientere Geräte und ein gesteigertes Energiespar-Bewusstsein stetig zurückgeht, bewegen sich die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrssektors weiterhin auf gleichem Niveau. „Wir werden unsere Ziele nur erreichen, wenn wir die Emissionszahlen beim Verkehr deutlich reduzieren.“
Insgesamt besteht aber in allen Sektoren noch eine große Differenz zur Erreichung des 40-Prozent-Ziels. Ob die Anstrengungen hier ausreichend waren, zeigt sich in der Folgebilanz für die Jahre 2019 und 2020, die in zwei Jahren (Anfang 2023) vorgestellt werden.
Verkehrswende und Gebäudemodernisierungen als wichtigste Stellschrauben
Wilde setzt dabei nicht nur auf eine Verkehrswende „weg von Diesel- und Benzin-getragenen Fortbewegungsmitteln“ hin zu ÖPNV, E-Mobilität und vor allem Radverkehr. Er hofft auch, dass die Politik die Förderbedingungen nachschärft, um die Modernisierung in Wohngebäuden auch für Privatleute attraktiv zu gestalten.
Der bisherige große Sprung sei unter anderem der Umstellung des Heizens weg von Kohle und Öl zu Erdgas, dem emissionsärmsten der fossilen Brennstoffe und anderer Technologien zu verdanken, aber auch dem Strukturwandel, der allerdings auch sehr viele Arbeitsplätze in der Industrie gekostet habe. Daher baut die Stadtspitze auch nicht auf einen ähnlich harten Effekt oder die „Coronadelle“.
Diese Emissionsreduzierungen im vergangenen Jahr seien „gesellschaftlich teuer eingekauft“ worden, macht OB Thomas Westphal klar. „Wir wollen die Verkehrswende organisieren, ohne das gesellschaftliche Leben einzuschränken. Das ist eine große gesellschaftliche Aufgabe. Als Pendlerstadt müssen wir auch ans Umland denken. Das ist eine regionale Aufgabe, nicht nur in der Metropole Ruhr“, sagte Westphal mit Blick auch Richtung Sauerland.
Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:
Reader Comments
Neue Aufstellung der Stadt Dortmund für den Klimaschutz – Online-Bürger*innen-Konferenz zum Handlungsprogramm Klima-Luft 2030 (PM)
Neue Aufstellung der Stadt Dortmund für den Klimaschutz – Online-Bürger*innen-Konferenz zum Handlungsprogramm Klima-Luft 2030
Dortmund erarbeitet derzeit das Handlungsprogramm Klima-Luft 2030, um geeignete Maßnahmen zu finden, die bis zum Jahr 2030 eine Reduktion von 55 % der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 und bis 2050 eine Klimaneutralität erreichen lassen.
Am Samstag, den 13. März 2021, findet eine digitale Bürger*innen- Konferenz von 10:00 Uhr – 16:45 Uhr statt – und zwar als Live-Stream über YouTube. Der Link ist erreichbar über dortmund.de/klima- luft2030.
Ganz dem Dortmunder Leitspruch „Klima ist heimspiel“ folgend, lädt die Stadt Bürger*innen, Unternehmen und Institutionen ein mitzumachen. Fragen, Hinweise und Anregungen können vorab und während der Veranstaltung live per Mail an umweltamt.klima@stadtdo.de eingebracht werden.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich und die Veranstaltung ist kostenfrei. Die Bürger*innenkonferenz wird im Nachgang als Aufzeichnung in Gänze sowie in zusammenfassenden Videos je Handlungsfeld online gestellt. Im Nachgang der Veranstaltung werden die vorläufigen Maßnahmenentwürfe zu detaillierten Steckbriefen ausgearbeitet und voraussichtlich im Spätsommer 2021 dem Rat der Stadt Dortmund zur Entscheidung vorgelegt.
Stadt Dortmund in der Verantwortung
Die Stadt Dortmund hat als größtes Wirtschaftszentrum in der Region Westfalen eine besondere Verantwortung, wenn es um die Frage des Klimaschutzes geht. Mehr als 600.000 Einwohner leben in 90.000 Wohngebäuden und bewegen täglich rund 200.000 Fahrzeuge. Zusätzlich benötigen 35.000 Unternehmen Energie sowie weitere Ressourcen und produzieren dabei klimarelevante Gase.
Zudem ist der Klimawandel in Dortmund spürbar angekommen. Damit Bürger*innen auch in Zukunft eine lebenswerte Heimat vorfinden und der Standort Dortmund nicht an seiner Wirtschaftskraft verliert, stellt sich die Stadt seit den 1990er Jahren dieser Verantwortung. Der Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung besitzen in Dortmund höchste Priorität und wirken nicht nur in der Theorie, sondern im konkreten Handeln.
Passgenaue Strategie für jede Stadt
„Eine allgemeingültige Blaupause gibt es nicht – dafür sind Städte und Kreise zu verschieden“, sagt Dr. Uwe Rath, Leiter des Umweltamtes. So haben beispielsweise große Landkreise Probleme mit dem Umstieg von Autos auf eine nachhaltigere Mobilitätslösung. Hingegen können sie vielleicht im Bereich der Erneuerbaren Energien über die Aufstellung von Windkrafträdern einiges an CO2 einsparen. In großen Städten wie Dortmund sind die Potentiale für Erneuerbare Energien auf wenige Bereiche wie Photovoltaik oder sehr innovative aber kleine Projekte wie Abwasserwärmenutzung begrenzt.
„Hingegen ist die Anzahl und Vielfalt von Unternehmen, Organisationen und Vereinen in Dortmund, die sich mit Klimaschutz beschäftigen und die tatkräftig an neuen Lösungen mitarbeiten können, deutlich größer.“, zählt Dr. Uwe Rath auf. „Dies sehen wir als enormen Vorteil.“ Unter Beteiligung der Zivilgesellschaft wurde mithilfe eines Gutachterkonsortiums der aktuelle Stand analysiert und erste Vorschläge für strategische Maßnahmen im Handlungsprogramm Klima-Luft 2030 erarbeitet.
Beteiligung in einem frühen Stadium
Zur Online-Bürger*innen-Konferenz, die von Oberbürgermeister Thomas Westphal eröffnet wird, lädt die Stadt alle Dortmunder*innen ein, sich von 10:00 Uhr – 16:45 Uhr per Live Stream auf dortmund.de/klima- luft2030 über die Maßnahmenentwürfe zu informieren und sich aktiv einzubringen. Ziel der Veranstaltung ist es, die vorläufigen Vorschläge nochmals öffentlich zu diskutieren, bevor sie – ergänzt um konkrete Meilensteine, Kostenschätzungen und Treibhausgaseinsparpotentiale – abschließend ausgearbeitet werden.
„Unsere Maßnahmenübersicht ist bewusst nicht detailscharf ausgearbeitet, um den Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit zu geben Ihre Meinung einfließen zu lassen, bevor wir in die konkrete Ausarbeitung der Maßnahme einsteigen.“, erklärt Michael Leischner, Bereichsleiter Klima, Luft, Lärm im Umweltamt. Im Nachgang der Veranstaltung werden die Anmerkungen eingearbeitet und die Maßnahmen soweit ausgeführt, dass ein öffentliches Monitoring der Umsetzung möglich gemacht werden kann. Dies wurde von der Zivilgesellschaft gefordert und vom Rat der Stadt in Form eines „Klimabarometers“ bereits beschlossen.
Blick weitet sich auf Luft und Teller
Das Handlungsprogramm Klima-Luft 2030 betrachtet neben klassischen Handlungsfeldern wie „Bauen“ oder „Erneuerbare Energien und Energieeffizienz“ ebenso die zwei neuen Handlungsfelder „Luftqualität“ sowie „Landwirtschaft und Ernährung“. „Wir wollten in Dortmund ausgetretene Wege verlassen und auch weitere Lebensbereiche betrachten“, beschreibt Dr. Monika Hirsch, Teamleiterin der Koordinierungsstelle Klimaschutz und Klimafolgenanpassung im Umweltamt. „Damit sind wir bundesweit unseres Wissens die ersten.“
Dabei haben gerade Landwirtschaft und Ernährung einen erheblichen Anteil an den Treibhausgasemissionen, wie Analysen ergeben.
Der Vorgänger des aktuellen Programms war das Handlungsprogramm Klimaschutz 2020, welches 40 % Treibhausgasemissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 erreichen sollte. Dieses Ziel wird unter Berücksichtigung der aktuell verfügbaren CO2-Bilanz von 2018 nicht ganz erreicht. Demnach muss das Handlungsprogramm Klima-Luft 2030 mehr leisten, um das ambitioniertere Ziel von 55 % zu erreichen. „Wir haben uns bewusst dazu entschieden, uns auf lieber wenige, aber dafür besonders effektive Maßnahmen zu beschränken.“, so Dr. Monika Hirsch. Damit sollen die Erfahrungen und Erkenntnisse des vorangegangenen Handlungsprogramms Klimaschutz 2020 einfließen. Dieses bestand aus über 100 Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren in Teilen umgesetzt werden konnten.
Die Beteiligung der Zivilgesellschaft im Vorfeld der Bürger*innenkonferenz zeigte den Konsens, dass die gesamte Stadtgesellschaft sich strecken muss, um die notwendigen Ziele zu erreichen. Entsprechend soll das neue Handlungsprogamm entschlossenere Maßnahmen enthalten. Auf eine eigene Betrachtung des wichtigen Handlungsfeldes der Mobilität wurde im Handlungsprogramm Klima-Luft 2030 verzichtet. Das Handlungsfeld birgt seitens der Stadt zwar ein enormes Potential der Treibhausgaseinsparung, wird jedoch in anderen parallelen Projekten und Masterplänen wie beispielsweise der „Emissionsfreien Innenstadt“ oder dem „Masterplan Mobilität“ in einer noch stärkeren Detailschärfe erarbeitet. Diese Ergebnisse werden im Handlungsprogramm Klima – Luft ebenso berücksichtigt.
Programm der Bürger*innen-Konferenz
Zu Beginn der digitalen Bürger*innenkonferenz am 13. März 2021 wirft Holger Robrecht, ICLEI – Local Governments for Sustainability, in einer Keynote einen Blick auf den Klimaschutz in anderen nationalen und internationalen Städten und zieht Vergleiche zu Dortmund. In Diskussionsrunden werden anschließend die bisher entwickelten Maßnahmenvorschläge für die Handlungsfelder Landwirtschaft und Ernährung, Luftqualität, Bauen sowie Erneuerbare Energien und Energieeffizienz separat betrachtet und diskutiert. Die Abschlussrunde schließt das Thema Mobilität mit ein und betrachtet strukturelle Ansätze sowie den weiteren
Prozess bis zur Verabschiedung des Handlungsprogramms.
Die Diskussionsrunden mit Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und Wirtschaft, der Stadt und des beauftragten Konsortiums werden live aus dem Museum für Kunst- und Kulturgeschichte auf YouTube gestreamt. Den Live-Stream, das Programm der Konferenz, die vorläufige Maßnahmenübersicht, den Zwischenbericht zum Handlungsprogramm Klima – Luft 2030 und die Dortmunder CO2-Bilanz findet man ebenso unter: dortmund.de/klima-luft2030.
Programm-Überblick:
10:00 UHR Begrüßung durch Oberbürgermeister Thomas Westphal und Einführung
10:30 UHR Diskussionsrunde zum Handlungsfeld Landwirtschaft und Ernährung
11:45 UHR Diskussionsrunde zum Handlungsfeld Luftqualität
12:45 UHR Mittagspause
13:30 UHR Diskussionsrunde zum Handlungsfeld Bauen
14:45 UHR Diskussionsrunde zum Handlungsfeld Erneuerbare Energien und
Energieeffizienz
16:00 UHR Abschlussrunde – Handlungsfeld übergreifende Maßnahmen und
Ausblick zum weiteren Prozess
16:45 UHR Ende