von Angelika Steger
Ein sonniger Sonntag Nachmittag auf dem Friedensplatz. Viele Radfahrer*innen, darunter viele Kinder mit Laufrädern, Fahrrädern oder Rollern versammeln sich, plaudern miteinander. Am Rande Polizist*innen mit Motorrädern, einem Einsatzwagen und auch einer Dame von der Fahrradstaffel. Die dritte „Kidical Mass“ wird gleich beginnen. Im Frühjahr musste diese Demonstration coronabedingt ausfallen. Die Freude über das gemeinsame Fahren ist aber ungetrübt, denn es sind 1.400 Teilnehmende gekommen. Gemeinsam fuhren sie vom Friedensplatz über den Wall zum Hoeschpark in die Nordstadt, begleitet von der Polizei.
Teilnehmerin Ute: „Radfahren ist sozialer als Autofahren.“
Manche-/r Autofahrer*in zeigte sich trotz vielfacher Ankündigungen in der Presse sowie auf dem Presseportal der Polizei Dortmund überrascht, dass man jetzt nicht wie gewohnt seinen Weg fortsetzen konnte. Zwei Herren wollten offensichtlich zum Training, sie trugen Fußballkleidung. Erstaunen und Verärgerung in den Gesichtern, die Polizist*innen suchten immer wieder das Gespräch. ___STEADY_PAYWALL___
Radfahren ist in Deutschland so lange in Ordnung, so lange es den Autoverkehr nicht behindert. Dabei wird vergessen: Auch Radfahrer*innen gehören zum Straßenverkehr. Ute, eine Mutter von mehreren Kindern erklärt, warum sie begeisterte Radlerin ist: „Das ist eine umweltfreundliche Fortbewegung. Man spürt und sieht viel mehr von seiner Umgebung, bekommt einen Blick für seine Mitmenschen. Im Gegensatz zum Auto habe ich kein Blech um mich herum, so unter dem Motto : ja keine Einflüsse um mich rein lassen.“
Radfahren sei sozialer als Autofahren. Und eine Möglichkeit, das Klima zu retten. Sie fügt hinzu: Außerdem habe sie ihren Mann, wegen der gemeinsamen Leidenschaft fürs Radfahren geheiratet.
Radtour nicht nur zum Spaß: Botschaft für bessere Verkehrsinfrastruktur
„Wir blockieren nicht, wir sind der Verkehr“, sagt Peter Fricke von „Aufbruch Fahrrad“, einer der Organisator*innen. „Kinder sollen sicher Radfahren können. Die Stadt sollte eine Qualitätsoffensive starten, dann wird klar, was getan werden muss.
Der passionierte Radfahrer und Aktivist kritisiert vor allem die schmalen, nur aufgepinselten Schutzstreifen, die am Fahrbahnrand entlang führen. Maximal einen Meter breit führen sie außerdem oft an parkenden Autos vorbei. Sobald eine Autotür aufgeht, können die Radfahrer*innen stürzen (dooring).
„Außerdem brauchen wir keine Hoppelradwege. Radwege müssen baulich von der Fahrbahn für den motorisierten Verkehr getrennt sein. Werbeschilder und auch mancher Baum muss verschwinden.“
Wer aber für umweltfreundliche Mobilität plädiert, nimmt es hin, dass Bäume auch gefällt werden müssen? Fricke: „Wenn man einen Baum gefällt hat, kann man wieder welche pflanzen. ich wundere mich immer, wenn wir bei dieser Forderung kritisiert werden. Wenn es um den Autoverkehr geht, sind Bäume plötzlich kein Thema mehr. Die Sicherheit für den Radverkehr geht vor.“
Grundsätzlich sei es wichtig, dass Asphalt auf den Radweg kommt, keine wassergebundenen Decken mehr. Letztere verursachen bei jedem Wetter schmutzige Kleidung, nach Starkregen ist der Weg holprig und unsicher, weil der Regen die Wegeoberfläche uneben macht. „Wir sind viele und wir wollen endlich Änderungen!“, betont Fricke.
Kinder als Radfahrer*innen mit klarer Botschaft an die Politik
„Das war super heute. Radfahren macht Spaß. Ich fahre gern Rad, weil es schneller ist und es mir Freude macht.“ Viele Kinder sind begeistert. Dank Polizeibegleitung konnten sie sich auch sicher bewegen, selbst wenn jemand gestürzt wäre, hätte dies keine schwerwiegenden Folgen gehabt. Fernando sagt dazu:
„Ich habe Angst, wenn die Autos zu nahe kommen und mich zu eng überholen.“ Aber Kinder müssen auch ohne Polizeibegleitung ihre Alltagswege zum Kindergarten, zur Schule oder zu Freunden sicher bewältigen können. Deshalb gibt es die „Kidical Mass“. Aktivist Tobi bei seiner Ansage vor dem Rathaus zur Begrüßung:
„In dem Haus hinter mir sitzen die Leute, die das entscheiden, wie die Radwege sein werden.“ Was sich die Kinder vom – zukünftigen – Oberbürgermeister wünschen? Der Wunsch ist eindeutig: genügend breite Radwege, weniger Parkplätze, damit Kinder sicher unterwegs sein können. Die Stadtpolitik ist nun aufgefordert, im Namen des Radverkehrs zu handeln.