Buchtipp Teil 2: Aufgewachsen in Dortmund in den 70er und 80er Jahren

Dortmund erfindet sich neu: „Sicher gibt es schönere Städte, aber dies ist die unsrige.“

Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Gesprächsstoff unterm Weihnachtsbaum gesucht? Wie wäre es mit einem Buch, das zum Dialog anregt? Der Wartberg-Verlag hat in seiner Reihe „Aufgewachsen in…“ zwei Bücher herausgebracht, die dazu einladen mit Eltern, Großeltern oder Freund:innen in Erinnerungen zu schwelgen. Band 1 (50er & 60er Jahre) haben wir bereits vorgestellt – heute schaut Nordstadtblogger in das Buch von Sabine Henke, die sich mit den 70er und 80er Jahren beschäftigt hat.

Aufbruch ins Leben: Eine Dortmunderin schaut zurück

Sabine Henke ist „sixty-something“ und lebt seit ihrer Kindheit in Dortmund. In ihrem Buch „Aufgewachsen in Dortmund in den 70er & 80er Jahren“ erzählt sie die Stadtgeschichte dieser Jahre und kombiniert sie mit persönlichen Perspektiven.

Sabine Henke ist die Autorin des Buchs „Aufgewachsen in Dortmund in den 70er und 80er Jahren“ Max Pernklau

Bilder, Geschichten, aber auch Gerüche verbinden wir mit der Vergangenheit und Henke erinnert sich an eine Jugend „mit dem Maische-Duft der Kronen-Brauerei in der Nase.“ Eine Erinnerung, die sie sicher mit vielen Dortmunder:innen dieser Generation teilt.___STEADY_PAYWALL___

64 Seiten zeigen uns die Ereignisse der Jahre in kurzen, schön bebilderten Kapiteln und Rubriken. Ernste und lustige Themen werden abwechselnd behandelt, Fotos aus den Archiven gezeigt und ab und zu auch mit privaten Bildern aus dem Familienalbum verknüpft. Eine schöne Idee, die Geschichte nahbar macht und auch mal ganz subjektiv Schwerpunkte setzt.

Zwischen Glückauf, Hoesch-Krise und Müsli

Das Buch beginnt mit der Geburt eines Babys in einer Zeit, in der die Familien in Deutschland beginnen kleiner zu werden. Auf den Babyboom der 60er Jahre folgte der sogenannte Pillenknick. Die Babys ab 1973 und ihre Mütter kommen dann in den Vorzug komfortabler Windeln: die Pampers sind da. Sie machen das Leben leichter – an den Müll denkt noch niemand so recht – und der heutige Begriff „pampern“ für die (über)fürsorgliche Pflege hat hier seinen Ursprung.

Blick ins Buch: „Aufgewachsen in Dortmund“ macht sich auch gut als Geschenk Daniela Berglehn | Nordstadtblogger

Dann geht es weiter durch die Jahre: wir erleben Schulzeit, Familienleben, Freizeitaktivitäten bis zum Führerschein Ende der 80er Jahre. Es ist ein Aufbruch ins Leben in einer Stadt, die sich – so die Autorin – „in dieser „wilden, rebellischen Zeit ebenfalls ein Stück neu erfinden musste.“

Hoesch-Krise, die Schließung der letzten Steinkohlezeche (Minister Stein, 1987), Smogalarm und Sperrung der Innenstadt im Januar 1985, 1986 dann der Reaktorunfall in Tschernobyl – dazu Friedens- und Ökologiebewegung und die Eröffnung des Kornhaus in Dortmund (1984) für alle „Müslis“. So nannte man damals die Fans des gleichnamigen Getreidebreis und das war kein Kosename. Gut, dass es sich heute ideologiefreier frühstücken läßt.

Eine Stadt, die mehr bietet als Bier und BVB

Blick ins Nordstadtblogger-Archiv: Bauarbeiten am Campus Nord Anfang der 80er Jahre. Foto: H-Bahn21

Alles war im Wandel und die Autorin und die Stadt fragen sich: Wer will ich sein? Fußballfan ist Henke wohl eher nicht, sonst hätte vielleicht auch der Pokalsieg des BVB (1989) mehr Platz im Buch gefunden, aber die Einweihung des Westfalenstadions (1974) kommt natürlich groß vor und Dortmund ist ja auch nicht nur Bier und der BVB.

1982 ist Handball-WM, die Dortmunderin Dagmar Lurz gewinnt bei der Eiskunstlauf-WM 1980 in ihrer Heimatstadt Silber und neben dem Fußballer Lars Ricken (geboren 1976), ist es eben mit Leichtathletin Annegret Richter und Springreiter Fritz Ligges auch andere prominente Dortmunder Sportler:innen, die es wert sind gewürdigt zu werden.

Blick zurück mit Gelassenheit, das ist Teil der Nostalgie

Es sind vor allem die Episoden aus Sport, Musik und Freizeitaktivitäten in Dortmund, die das Buch leicht und unterhaltsam machen. Gemeinsam mit Henke erinnert man sich an die Kinderferienparty, die alte Stadtbücherei oder Discos wie das Jara.

Schaufensterfront der Fa. Noll in den 1970er Jahren
Blick ins Nordstadtblogger-Archiv: Schaufensterfront der Fa. Noll in den 1970er Jahren Foto: Jochen Noll

Hinzu kommen Trends wie Walkmann, Zauberwürfel, Skateboard oder VHS Kassette. Phänomene, die auch in Dortmund ihre Wirkung zeigen: die Eishalle des Dietrich-Keunig-Hauses wird Mitte der 80er probeweise im Sommer zur Skateboardhalle – und ist es bis heute.

Wer Spaß an Geschichte(n) hat, kann mit dem Buch in Erinnerungen schwelgen. „Natürlich war nicht alles Gold. Aber heute kann man mit einer gewissen Gelassenheit zurückblicken. Auch das gehört zur Nostalgie“, findet die Autorin.

Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Warum sind wir geworden, wie wir sind? Warum hat sich Dortmund so entwickelt? Henke will Anstöße bieten und das gelingt ihr gut. Und sie gibt uns noch ein schönes Zitat des Dortmunder Schriftstellers Josef Reding (1929-2020) mit auf den Weg: „Sicher gibt es schönere Städte, aber dies ist die unsrige.“

Informationen zum Buch:

  • Aufgewachsen in Dortmund in den 70er & 80er Jahren, von Sabine Henke
  • 64 Seiten, 14,90 € (D),
  • ISBN 978-3-8313-3547-3 / Wartberg Verlag

Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

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