Inzwischen ist es im Stadtbild kaum zu übersehen: die Erneuerung des kommunalen Parkleitsystems wird angekündigt. Bezeugt durch viele LED-Tafeln: „Hier entsteht das neue Parkleitsystem der Stadt Dortmund“, ist dort zu lesen. – Voraussichtlich Ende August 2022 geht es in den vollautomatisierten Betrieb über. Spätestens zum Jahresende sollen dann in einem zweiten Realisationsabschnitt die Kassen-Schranken-Systeme an den vier Park & Ride-Anlagen Hafen, Hauptfriedhof, Schulte-Rödding und Westfalenpark ihre Arbeit aufnehmen.
Intelligente Lenkung der KFZ-Verkehrsströme: ein im Grunde hausgemachtes Problem
Seit Anfang Dezember 2021 wird das neue innovative Parkleitsystem Innenstadt aufgebaut. Nachdem die alten Anzeigen demontiert worden waren, dauerte es nicht lang, bis die neuen LED-Tafeln blickrichtungsgetreu standen. Im innerstädtischen Bereich werden gegenwärtig 64 großflächige LED-Anzeigen und 45 statische Wegweiser (entsprechend normalen Schildern) installiert.
Die Anzeigetafeln sind aber nur sichtbare Zeichen des neuen Systems. Der eigentliche „Quantensprung“, wie es seitens der Stadt heißt, liegt in einer „intelligenten“ Technik, die dahinter stecke und neue Möglichkeiten eröffne. Gemeint ist die Lenkung von Verkehrsströmen.
Was natürlich impliziert, da Ströme von Fuß-, Rad- oder Busverkehr ersichtlich kaum zu dirigieren wären, dass Dortmund weiterhin mit einer Unmenge an PKWs im Innenstadtbereich rechnet, die dann freilich auf die vorhandenen Abstellplätze sinnvoll – „intelligent“ – verteilt werden müssen.
Dieses jetzt technische Problem, vorhandene Auto- und LKW-Verkehrsströme zu leiten, ist also zuallerst hausgemacht – nach gängigen Umweltstandards verursacht durch etwas weniger Intelligenz.
Weil es nämlich keine politische Fundamentalentscheidung gibt, warum auch immer, um den motorisierten Individualverkehr aus der Innenstadt zugunsten eines entwickelten Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu verbannen.
Parkleitsystem soll ebenso zu Benutzung des ÖPNV motivieren
Und erst an einem solchen „Blindpunkt“ wird ein kluges Parkleitsystem zur Aufgabe. Doch die Stadt ist sich des Dilemmas durchaus bewusst. Und möchte ihr neues System zugleich als Motivationsinstanz für einen Umstieg auf den ÖPNV verstanden wissen.
An den Haupteinfallsrouten in die Innenstadt werden dazu Bluetooth-Scanner installiert. Sie erkennen sich nähernde Geräte und übermitteln an die Parkleitsystem-Zentrale anonymisierte Werte, aus denen die Software die aktuell benötigten Reisezeiten zwischen den verschiedenen Scannern ableiten kann.
Das System vergleicht diese Werte mit den Fahrzeiten des ÖPNV. Der ermittelte Reisezeitvorteil – sollte es ihn denn geben – wird in Echtzeit den Verkehrsteilnehmenden auf den LED-Anzeigen an den Park & Ride-Anlagen angezeigt. Diese Info soll die PKW-Fahrenden zum Umstieg in den ÖPNV motivieren.
System kann schnell auf Verkehrsstörungen reagieren und Ausweichrouten empfehlen
Erstes und eigentliches Ziel des neuen Parkleitsystems aber ist es, denn der massive KFZ-Verkehr ist Fakt, die vorhandenen Verkehrsströme umfassend zu lenken. Dafür ist in ihm eine schnelle Reaktionszeit verbaut.
So können auf etwaige Verkehrsstörungen (bedingt zum Beispiel durch Großveranstaltungen), Straßensperrungen oder Baustellenhindernisse frühzeitig aufmerksam gemacht und Ausweichrouten empfohlen werden.
Mit dem neuen Parkleitsystem möchte die Stadt dem Open-Data-Portal zudem exakte Restplatzkapazitäten in den Parkhäusern und Tiefgaragen liefern. Diese Daten werden dann ebenfalls auf dem Mobilitäts-Daten-Marktplatz des Bundes veröffentlicht.
Mittels dieser Datenzugangspunkte können auch Drittanbieter wie zum Beispiel Navigationsgerätehersteller*innen oder App-Entwickler*innen ihren Service optimieren und die Nutzenden besser zu den gewünschten Zielen führen.
Ausbaustufe 2 bezieht vier P&R-Anlagen mit ein
Wenn in Stufe 2 die Kassen-Schranken-Systeme an den vier Park & Ride-Anlagen Hafen, Hauptfriedhof, Schulte-Rödding und Westfalenpark ihre Arbeit aufnehmen und an das Parkleitsystem angeschlossen sind, wird sich etwas verändern.
Die vier Anlagen werden nämlich wieder für den Zweck zur Verfügung stehen, für den sie eigentlich gedacht waren: zur Förderung des bequemen Umstiegs in den ÖPNV.
ÖPNV-Gäste können die Anlagen weiterhin kostenlos nutzen. Wenn sie ihr Parkticket nach spätestens 24 Stunden am Kassenautomat einführen, kann im nächsten Schritt das ÖPNV-Ticket gescannt werden.
Der Automat setzt dann das Parkticket für die Ausfahrt auf Null. – Alle anderen Parkenden müssen den jeweiligen Tarif der geltenden Parkgebührenordnung (derzeit 0,50 Euro je Stunde – Tagessatz 6 Euro) entrichten.
FAQs zum neuen System sind online abrufbar
Um die verschiedenen Fragen – insbesondere hinsichtlich der neuen Kassen-Schranken-Systeme und den Nutzungsbedingungen – möglichst umfangreich zu beantworten, hat das Tiefbauamt auf seiner Internetseite Infos zusammengestellt und eine ausführliche Liste mit den wichtigsten Fragen und Antworten (FAQ) zum Download eingestellt. Die FAQs werden nach und nach ergänzt und erweitert. Interessierte erreichen die Seite über einen direkten Kurzlink: www.dortmund.de/parkleitsystem.
Das alte Parkleitsystem ist zwar aus dem Straßenraum verschwunden, es ist jedoch ebenfalls online weiterhin verfügbar und zeigt die Anzahl der noch freien Parkplätze in den bekannten Parkhäusern und Tiefgaragen in der City an. Bei der Umstellung wird dann auch der Kurzlink www.dortmund.de/parken auf das neue System umgeleitet.
Reaktionen
Fabian B
yeah, noch mehr Autoverkehr. Wann schmeißen wir die Autos endlich einfach aus der Stadt raus?
Robert
Tolle Sache. Für den Umstieg auf die Bahn braucht es jedoch ein günstiges P+R Ticket, welches bestenfalls, um Missbrauch zu vermeiden, direkt in Kombination mit dem Parkticket am P+R -Parkplatz gekauft werden kann. Z.B. 2 Personen, Hin- und Rückfahrt vom Parkplatz bis zu City, 5€. Aktuell wäre dafür ein 4er-Ticket notwendig, welches über 10€ kostet. Dafür kann ich auch in einem der Parkhäuser direkt in der Innenstadt parken…
Sonja Lemke
Das Parkleitsystem wurde an einigen Stellen zum Nachteil des Fußverkehres aufgestellt, siehe z.B. hier https://rathaus.dortmund.de/dosys/doRat.nsf/DrucksacheXP.xsp?drucksache=24827-22
Außerdem ist der Nutzen äußerst fraglich, denn wenn weiterhin Autoverkehr in der Innenstadt weiterhin möglich ist, aber der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zurück bleibt und Autofahrende in der Reduzierung der Reisezeit im Autofahren bestätigt werden.
Das Parkleitsystem soll Vorteile bringen, weil es die Parksuchverkehre reduziert und so zu weniger Schadstoffe kommt. Autofahrten in die Stadt werden dadurch aber attraktiver, weil ein schneller Parkplatzfund garantiert ist. Es ist daher davon auszugehen, dass das Parkleitsystem zu mehr Fahrten in die Innenstadt führt und so der Verkehrswende entgegen wirkt.
Bebbi
Dortmund hat keine funktionierende Wegweisung für den Radverkehr, aber für den Autoverkehr ist immer noch was, was verbessert werden kann.
Glauben die das wirklich, das eine nennenswerte Zahl Sauerländer wenige Meter vor dem Ziel nochmal umsteigt wegen einer LED-Tafel, wenn man auch durchfahren kann?