Ein Gastbeitrag von Pfarrer Ansgar Schocke
Na, das ist ja „eine schöne Bescherung“! Kurz vor Weihnachten trifft uns der Terror hart. Der Terroranschlag von Berlin hat uns alle zutiefst getroffen. Wir spüren unsere Ohnmacht. Wir wissen, das wird nicht der letzte feige Anschlag gewesen sein. Wir fühlen mit den Opfern und deren Angehörige.
Wie können wir unbeschwert Weihnachten feiern, wenn um uns herum die Welt in Trostlosigkeit und Chaos verfällt, wenn Nationalismen und Egoismus überhand nehmen und Menschlichkeit keine Lobby hat? Da sind die Bilder aus Aleppo – ein Sinnbild für die Hölle und die Verrohung der Menschheit. Wir sehen den Zynismus der Kriegsverbrecher, die mit Tod und Zerstörung Politik machen. Da ist die Hilflosigkeit der Helfer angesichts des Leids und des Elends der Menschen. Da ist der blinde Hass von Wutbürgern, die unsere zivilisatorischen Werte mit Füßen treten. Regierende, die unbarmherzig durchregieren. Nationen, die in Nationalismus versinken.
Das alles wird gespeist durch den Trend, nur solche Informationen gelten zu lassen, die die eigene Sicht bestätigen. Doch je mehr Abgrenzung, desto weniger Austausch und Wissen übereinander. Idealer Nährboden für Gerüchte. Zusätzlich gefährlich ist die Tendenz, der Gegenseite wegen einzelner Fehler, Unzulänglichkeiten oder strittiger Entscheidungen grundsätzlich Bosheit oder Unfähigkeit zu unterstellen. Das ist unfair und falsch.
Deswegen und gerade deshalb feiern wir Weihnachten und schreien in diese Welt hinein: Euch ist heute der Retter geboren, der Heiland der Welt. Er kommt hinein in die Selbstgerechtigkeit, Rechthaberei und Lieblosigkeit unserer Zeit. Er ist da, wo Menschen, Nationen und Gesellschaften miteinander handeln, Krisen zum Wohle der Menschen lösen, Schüler und Studenten austauschen, gemeinsame humanitäre Projekte betreiben, gemeinsame Energie- und Klimaabkommen nicht nur abschließen, sondern die vereinbarten Ziele konsequent durchführen. Er ist da, wo wir uns nicht abgrenzen, sondern öffnen. Er ist da, wo wir vertrauen statt misstrauen, wo wir dem Hass keinen Raum geben, wo wir bereit sind kurzfristige persönliche Vorteile aufzugeben.
Die Geburt Jesu zeigt uns, dass Dreh- und Angelpunkt die Würde des Menschen ist als Kind Gottes und nicht das Pathos der „Volksgemeinschaft“ oder das Kalkül des Wohlstandsegoismus. Gott ist da, das ist Weihnachten!
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen ein trostreiches und hoffnungsvolles Weihnachten und ganz viel Segen im neuen Jahr.
Ihr
Pfarrer Ansgar Schocke
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