Die Polizei hat die Videobeobachtung in der Nordstadt in aller Stille um ein Jahr verlängert

Kameras gibt's in der Münsterstraße und im Dietrich-Keuning-Park

Blick auf einen Videobeobachtungsplatz der Polizei im Foto: POL-DO
Blick auf einen Videobeobachtungsplatz der Polizei – mögliche Straftaten sollen frühzeitig entdeckt werden. Foto: POL-DO

Die Polizei Dortmund hält am Instrument der Videobeobachtung in der Nordstadt fest – die entsprechenden Anordnungen zur Verlängerung für die Münsterstraße und den Keuning-Park sind in aller Stille ergangen. Beide Maßnahmen sind nicht unumstritten – vor allem wegen des Verdrängungseffekts insbesondere in der Münsterstraße.

Die Videobeobachtung in der Münsterstraße startete im Jahr 2021

Die Videobeobachtung an der Münsterstraße startete auf Anordnung von Polizeipräsident Gregor Lange im Jahr 2021 mit fest verbauten Kameras. 2023 kam dann die Anordnung für den Keuning-Park dazu. Hier wird neben fest installierten Kameras auch ein Videocontainer der Polizei Dortmund eingesetzt.

Der mobile Videocontainer ist Bestandteil der Videobeobachtung der Polizei im Keuning-Park.
Der mobile Videocontainer ist Bestandteil der Videobeobachtung der Polizei im Keuning-Park. Foto: Karsten Wickern für Nordstadtblogger.de

Diese Anordnung der Videobeobachtung basiert auf dem § 15a des Polizeigesetzes NRW. Auf dieser Rechtsgrundlage kann die Polizei zur Verhütung von Straftaten durch offene, d.h. für jedermann einsehbare Videobeobachtung, Daten in Form von Videobildern erheben.

Diese Anordnung ist immer gebunden an klare Voraussetzungen. Das bedeutet, an den Orten, wo sie installiert wird, müssen in der Vergangenheit wiederholt Straftaten begangen worden sein und die Strukturen vor Ort müssen die Begehung von Straftaten begünstigen. Sie müssen sich von anderen vergleichbaren Orten deutlich unterscheiden.

Die Polizei hat die Maßnahmen schon vor Wochen um ein weiteres Jahr verlängert

„Entscheidend ist die Prognose, dass dort auch in Zukunft Straftaten begangen werden oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten von erheblicher Bedeutung verabredet, vorbereitet oder begangen werden“, heißt es in einer Begründung der Polizei.

„Ebenfalls in die Prognose bei stationären Kameras gehört die Annahme, dass bei Abbau der Kameras die Straftaten wieder steigen. Außerdem muss ein schnelles polizeiliches Einschreiten möglich sein, wenn Straftaten durch geschulte Polizeibeamte beobachtet werden.“

„Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird in regelmäßigen Abständen geprüft. Sollten diese weiterhin vorliegen, so kann Polizeipräsident Gregor Lange, diese Maßnahme anordnen und auch verlängern”, schreibt die Polizei.

Sie bestätigt damit erneut im Nachhinein, dass dies bereits am 30. Mai 2024 für die Münsterstraße und am 30. Juni 2024 für den Dietrich-Keuning-Park erfolgt sei.

„Wichtiger Baustein im Maßnahmenkonzept zur Reduzierung der Kriminalität“

„Die Videobeobachtung stellt einen wichtigen Baustein in unserem Maßnahmenkonzept zur Reduzierung der Kriminalität in der Nordstadt dar. Sie ist eingebettet in ein Maßnahmenpaket unter Beteiligung von uniformierten und zivilen Einsatzkräften, verstärkter Bestreifung der benachbarten Bereiche und die Durchführung von Schwerpunkteinsätzen“, heißt es in einer Mitteilung der Polizei.

Polizeipräsident Gregor Lange. Foto: Alex Völkel
Polizeipräsident Gregor Lange bei einem Ortstermin zur Einführung der Videobeobchtung in der Münsterstraße – dagegen gab es sofort Protest. Foto: Alexander Völkel für nordstdtbloger.de

„Erste Erfolge sind auch schon erkennbar. Mir ist aber wichtig, dass die Effekte nachhaltig sind und eine echte Verbesserung der Situation gerade für diesen Bereich eintritt. Daher werden wir die Arbeit fortführen. Da es sich hierbei um einen signifikanten Grundrechtseingriff handelt, werde ich die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme aber fortlaufend prüfen“, lässt sich Polizeipräsident Gregor Lange zitieren.

„Das zentrale Ziel der Videobeobachtung ist es Straftaten zu vereiteln und nicht zu verdrängen und von daher ist die Verlängerung dieser Maßnahme derzeit geboten“, so Polizeipräsident Lange zur Verlängerung der Anordnung. Grundlage für seine Bewertung ist unter anderem die Anzahl der festgestellten Straftaten. Die Dortmunder Polizei betrachtet hier vornehmlich die Delikte der Straßenkriminalität.

Zahl der Straftaten ist gesunken – Kritiker:innen gehen von Verdrängung aus

Hier zeige sich für den Keuning-Park ein positiver Trend im letzten Anordnungszeitraum (1. November 2023 bis 31. Mai 2024) im Vergleich zu den vorherigen Zeiträumen ab 6. März bis 5. Oktober 2023) ab. Die Zahl der Gesamtstraftaten sank dabei von 413 Delikten auf 319 Delikte, was einer Abnahme von 22,8 Prozent entspricht.

Videobebachtung in der Münsterstraße Foto: Thomas Engel

Auch in der Münsterstraße zeige sich ein Rückgang der Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität. Waren es in der Zeit vom 31. Mai 2022  bis 7. Mai 2023 noch 344 Delikte, so konnten in der Zeit vom 31.Mai 2023 bis zum 30. April 2024 noch 257 Straftaten erfasst werden, was einem Rückgang von fast 26 Prozent entspreche, betont die Polizei.

Für Kritiker:innen der Videobeobachtung – insbesondere in der Münsterstraße – sind diese Rückgänge wenig überraschend. Denn die Kriminalität verlagere sich von der überwachten Haupt- in die nicht-überwachten Nebenstraßen. Kauf und Konsum von Drogen fände nun teils in den Hauseingängen der kleineren Straßen statt.

Intensivierte Kontroll -und Präsenzmaßnahmen mit Beteiligung von Hundertschaften

Diese Kritik ficht die Polizei nicht an: Sie sieht in den rückläufigen Kriminalitätszahlen die Wirksamkeit der Videobeobachtung im Kontext zu den weiteren hier durchgeführten Maßnahmen bestätigt.

Die „PK Fokus“ beinhaltet intensivierte Kontroll -und Präsenzmaßnahmen mit Beteiligung von Kräften der Hundertschaften der Bereitschaftspolizei. Karsten Wickern | Nordstadtblogger

Positiv auf diese Statistik sollen sich insbesondere auch die Maßnahmen der Präsenzkonzeption Fokus („PK Fokus“) ausgewirkt haben, die Polizeipräsident Gregor Lange bereits im Juli 2023 für den Bereich der Innenstadt und der Nordstadt angeordnet hatte. Die „PK Fokus“ beinhaltet intensivierte Kontroll -und Präsenzmaßnahmen mit Beteiligung von Kräften der Hundertschaften der Bereitschaftspolizei.

Mit Bekanntgabe der polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2023 für das Polizeipräsidium Dortmund zeige sich, ähnlich dem landes- und bundesweiten Trend, dass nach Jahren des stetigen und deutlichen Rückgangs der Kriminalität, zum zweiten Mal hintereinander steigende Zahlen zu verzeichnet worden seien. Die Polizei Dortmund habe bereits im laufenden Jahr 2023 begonnen, diesem Trend mit einem direktionsübergreifenden Ansatz entgegenzuwirken.

Mit Blick auf den Trend und auf die Besonderheiten der beobachteten Örtlichkeiten, würde nach Bewertung der Polizei Dortmund die Kriminalität in diesen Bereichen nach Abbau der Technik wieder ansteigen. Daher wird die Videobeobachtung an der Münsterstraße bis zum 30. Mai 2025 und im Dietrich-Keuning-Park bis zum 30. Juni 2025 fortgesetzt.

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Reaktionen

  1. Die Polizei Dortmund zieht Bilanz zur Videobeboachtung in Brückstraße, Münsterstraße und Keuning-Park (PM)

    Über 10.000 Stunden Videobeobachtung, fast 400 Arbeitsstunden für die Videoauswertung und zahlreiche erfasste Delikte dank spürbarer Video- und Polizeipräsenz im öffentlichen Raum: Dies ist die Bilanz des Jahres 2024 in puncto Videobeobachtung in Dortmund an den drei Standorten Brückstraße, Münsterstraße und Dietrich-Keuning-Park.

    „Ich sage es immer wieder: Die Videobeobachtung hat sich als geeigneter Baustein zur Bekämpfung der Straßen- und Betäubungsmittelkriminalität bewährt“, sagt der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange, der die Videobeobachtung an allen drei Standorten gemäß § 15a PolG NRW angeordnet hat – in den Jahren 2016 (Brückstraße), 2021 (Münsterstraße) und 2023 (Dietrich-Keuning-Park). Gregor Lange weiter: „Ich sage aber auch das: Ich werde die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme fortlaufend prüfen, weil hier natürlich in Grundrechte von Menschen eingegriffen wird.“ Aktuell sind die Maßnahmen bis einschließlich 30. Mai 2025 (Münsterstraße), 30. Juni 2025 (Dietrich-Keuning-Park) und 15. Dezember 2025 (Brückstraße) angeordnet.

    Immer wieder hat die Polizei Dortmund dank der Videobeobachtung beachtliche Ermittlungserfolge, wie einige exemplarische Beispiele zeigen. So sind etwa im Juli 2024 drei Männer festgenommen worden, nachdem sie einen 21-Jährigen attackiert hatten. Dank der Videobeobachtung fiel die Auseinandersetzung am Platz von Leeds auf. Die entsprechend gute Personenbeschreibung sorgte dann dafür, dass Polizisten auf der Kampstraße die Tatverdächtigen festnehmen konnten (siehe auch: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/4971/5818299).

    In der Weihnachtszeit klickten die Handschellen auf der Brückstraße: Seinerzeit beging ein 18-Jähriger auf der Brückstraße am frühen Morgen eine gefährliche Körperverletzung mit Pfefferspray. Die Videobeobachtung sorgte dafür, dass kurze Zeit später Beamte vor Ort waren, die den Mann festnahmen und ins Polizeigewahrsam brachten (siehe auch: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/4971/5931100).

    Und auch in diesem Kalenderjahr gab es schon zwei Erfolge mit der Videobeobachtung. Bei einem sogenannten „Antanzdelikt“ war erkennbar, dass einer unbekannten Person etwas entwendet wurde. Die Polizei konnte im Anschluss drei Tatverdächtige festnehmen, sucht aktuell aber noch den Geschädigten (siehe auch: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/4971/5945939).

    Bei einem räuberischen Diebstahl an einem Kiosk am Dortmunder Busbahnhof am Dienstagabend (18. Februar) flüchteten drei Personen in Richtung der U-Bahn-Haltestelle Hauptbahnhof. Ein Mitarbeiter der Videobeobachtung konnte den polizeibekannten Haupttäter namentlich identifizieren, die entsprechenden Fahndungsmaßnahmen laufen nun an.

    Die Deliktzahlen im videobeobachteten Bereich in der Brückstraße sind im Vorjahresvergleich leicht gestiegen. 221 Delikte im vergangenen Jahr stehen 208 Delikten im Jahr 2023 gegenüber. Knapp ein Drittel der begangenen Straftaten sind Körperverletzungen (74), die Diebstahlsdelikte bewegen sich fast im dreistelligen Bereich (92).

    Im Bereich der Münsterstraße ist die Zahl der erfassten Delikte im Jahr 2024 von 346 auf 297 gesunken – ein Rückgang von 14 Prozent. Die Diebstahlsdelikte sanken hier zwar um fast ein Fünftel, sind in diesem Areal der Videobeobachtung allerdings immer noch die mit Abstand häufigste Straftat (225).

    Im Dietrich-Keuning-Park sind die Rauschgiftdelikte und entsprechende Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (228) zwar noch immer der eindeutige Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit. Aber, so Polizeipräsident Gregor Lange, „die Kriminalitäts- und Einsatzlage ist hier insgesamt deutlich gesunken – im Vorjahresvergleich um 51 Prozent. Dafür ist sicherlich auch die Teillegalisierung von Cannabis verantwortlich.“

    Abschließend bilanziert der Polizeipräsident: „Im Kontext der parallel angeordneten strategischen Fahndung im Bereich der Nord- und Innenstadt ist die Videobeobachtung ein Teil eines großen Maßnahmenbündels, das wirkt und die Präsenzkonzeption Fokus wirksam flankiert.“

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