Das Soziale Zentrum wartet nun noch auf eine Teilbetriebserlaubnis

Die neue Notschlafstelle für obdachlose Drogensüchtige in Dortmund ist fertig

Bis zu 20 drogensüchtige Obdachlose werden hier künftig einen Schlafplatz und Hilfe bekommen.
Bis zu 20 drogensüchtige Obdachlose werden hier künftig einen Schlafplatz und Hilfe bekommen. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Das System der Obdachlosenhilfe verfügt über eine weitere Notschlafstelle: Das spezialisierte Angebot richtet sich an obdachlose Drogensüchtige, die in den anderen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe Probleme hatten. Mit 2,5 Jahren Verspätung eröffnet die Einrichtung im Haus der Drogenhilfe am Schwanenwall 42. Die Adresse steht auch Pate für den Namen „SW42“, so heißt das Angebot, welches Platz für bis zu 20 drogensüchtige Wohnungslose bietet.

„SW42“ komplettiert das Angebot der Obdachlosenhilfe

Damit schließt sich der Kreis: Bis vor rund 20 Jahren gab es schon ein mal eine Notschlafstelle für Drogensüchtige – damals wie heute ist das Soziale Zentrum Betreiberin. „SW42“ komplettiert das Angebot der Obdachlosenhilfe. Denn intensive Beratungen der Stadt und Akteur:innen aus dem Hilfesystem zur Neustrukturierung der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe hatten eine Versorgungslücke für Drogensüchtige bestätigt. 

Am Schwanenwall 42 sind Notschlafstelle, Café Flash und die Drogenberatung untergebracht.
Am Schwanenwall 42 sind Notschlafstelle, Café Flash und die Drogenberatung untergebracht. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Bislang gibt es getrennte Notschlafstellen für Männer und Frauen sowie Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene. Allerdings sind diese Angebote nicht für alle Gruppen passend: „Das Klientel ist nicht immer mischbar. Obdachlose aus der Alkoholiker-Szene bilden die eine Gruppe, die Drogenabhängigen eine andere. Dann gibt es noch die eher jugendlichen Punker am Hauptbahnhof“, skizziert Wolfram Schulte, Fachbereichsleitung Drogenberatung des Sozialen Zentrums, die verschiedenen Gruppen.

Gerade mit Drogensüchtigen hat das Soziale Zentrum jahrzehntelange Expertise, unter anderem durch den Betrieb des „Café Flash“  – eine niedrigschwellige Kontakteinrichtung für drogenkonsumierende und substituierte Menschen. Und: „Drogensüchtige schlafen lieber unter Brücken oder bei Bekannten auf der Couch. Nur zehn Prozent nutzten die bisherigen Notschlafstellen“, ergaben die intensiven Befragungen der Klient:innen. 

Hier gibt es deutlich mehr Hilfe als nur ein Bett für eine Nacht

Daher fiel die Entscheidung in Fachgremien und letztendlich auch im Stadtrat, wieder eine Schlafstelle für Drogenabhängige zu machen. Rund 20 Jahre fehlte dieses Angebot in Dortmund. Das „Relax“, welches es rund zehn Jahre als Schlafstelle für Drogensüchtige über dem „Café Flash“ gab, wurde Anfang der 2000er Jahre geschlossen, weil die Stadt nicht gewillt war, das Defizit auszugleichen.

Die Fassade und die Spritzenautomaten haben einen neuen Anstrich bekommen.
Die Fassade und die Spritzenautomaten haben einen neuen Anstrich bekommen. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Daher musste das Soziale Zentrum die Reißleine ziehen und das wichtige Angebot schließen. „Im Laufe der Jahre haben wir festgestellt, dass ganz viele Menschen, die im Relax übernachtet und dort das ganzheitliche Angebot genutzt hatten, nach der Schließung auf der Strecke geblieben sind“, verdeutlicht Schulte. „Sie brauchen mehr als nur ein Bett und Essen.“

Es geht um Betreuung und Ansprache, um Perspektivklärung und Hilfestellungen, um in und erfolgreich durch die Therapie zu kommen. „Das hatten wir damals alles unter einem Dach: die niedrigschwellige Kontakteinrichtung, die Beratung, die Schlafstelle und die Fachstelle für Suchtvorbeugung.“

Zoerner: „Es bietet einen guten Einstieg in den Ausstieg“

Sozialdezernentin Birgit Zoerner begrüßte, dass dieser wichtige Baustein in Kürze zur Verfügung steht. „Die Notschlafstelle soll bis zu 20 drogensüchtige Wohnungslose beherbergen. Sie bietet 365 Tage im Jahr eine geschützte Stelle zum Übernachten. Die Eröffnung ist ein weiterer Meilenstein bei der Entwicklung der Wohnungslosenhilfe.“

Die neue Einrichtung ist offiziell eröffnet - nun fehlt nur noch die Betriebserlaubnis.
Die neue Einrichtung ist offiziell eröffnet – nun fehlt nur noch die Betriebserlaubnis. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Neben den Notschlafstellen für Männer, Frauen und junge Erwachsene gibt es nun ein Angebot für Drogensüchtige, die eine Anlaufstelle und ein Dach über dem Kopf bietet. Denn Drogensüchtige brächten vielfältige Herausforderungen mit – das brauche eine sehr intensive Förderung. Dabei gehe es um mehr als nur ein Dach über dem Kopf:  „Qualitative Perspektivklärung, anschließende Hilfeplanmaßnahmen, Unterstützung bei Behördengängen und  Stabilisierung der Gesamtsituation“, nannte Zoerner als Bausteine. 

„Es bietet einen guten Einstieg in den Ausstieg“, so die Sozialdezernentin. Daher sei es auch nicht vorgesehen als ein Daueraufenthalt. „Mit dem Sozialen Zentrum haben wir einen guten Partner. Die immer beschworenen Synergien können wir hier gut sehen“, sagte sie mit Blick auf das Café Flash und die Drogenberatung, die mit der Notschlafstelle unter einem Dach sind. „Sie werden in der Lage sein, Dortmunder Bürger:innen ein gutes Angebot zu machen. Sie bringen viel Erfahrung mit“, gab es Vorschusslorbeeren für das Soziale Zentrum.

Das Soziale Zentrum wartet noch auf eine Teilbetriebserlaubnis

Isabel Cramer und Heike Heymann-Pfeiffer sind erleichtert, dass die Bauarbeiten nach drei jähren weitestgehend beendet sind.
Isabel Cramer und Heike Heymann-Pfeiffer sind erleichtert, dass die Bauarbeiten nach drei Jahren weitestgehend beendet sind. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Das hörte Vorständin Heike Heymann-Pfeiffer gerne, die den engagierten Mitarbeiter:innen der Drogenberatung für ihren Einsatz dankte. Sie hätten erst die neue Einrichtung möglich gemacht. Sie stellte bei der Eröffnung den Ausspruch „Ich wünsche dir eine gute Nacht“ in den Mittelpunkt.  „Eine ganz selbstverständliche Redewendung. Aber für die künftigen Nutzer:innen ist sie etwas sehr Besonderes.“ 

Sie erinnerte an die Genese des Projektes und die Probleme bei der Suche nach einer geeigneten Immobilie und dann die Rückbesinnung auf das alte städtische Gebäude, in der die Drogenhilfe seit Jahrzehnten arbeitet. Doch Schadstoffbelastungen sorgten auch hier für Verzögerungen, so dass die Eröffnung im April 2020 nicht nur coronabedingt verschoben werden musste.  

Jetzt gab es zwar die offizielle Eröffnung – doch wann die ersten Nutzer:innen einziehen können, ist noch offen. Das Soziale Zentrum wartet noch auf eine Teilbetriebserlaubnis der Bauaufsicht. „Wir hoffen, dass sie bald vorliegt, damit wir schnell starten können“, so Heike Heymann-Pfeiffer. Sozialamtsleiter Jörg Süshardt hofft, dass das nur noch eine Frage von Tagen ist.

Die Kommunalpolitk begrüßt das neue Angebot im Hilfesystem 

Heike Heymann-Pfeiffer, Birgit Zoerner, Ulrich Langhorst und Jörg Süshardt bei der Vorstellung der Einrichtung.
Heike Heymann-Pfeiffer, Birgit Zoerner, Ulrich Langhorst und Jörg Süshardt bei der Vorstellung der Einrichtung Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Wir haben Wohnungslosigkeit, Obdachlosigkeit und Drogenhilfe seit Jahren auf der Tagesordnung. Die Wohnungslosenhilfe und das Drogenhilfe-System werden kontinuierlich weiterentwickelt.Ein Ergebnis ist dieses Zentrum“, machte Ulrich Langhorst (Grüne) als Vorsitzender des Sozialausschusses deutlich.

„Ich finde die Notschlafstelle gut. Aber wir bleiben da ja nicht stehen, sondern bleiben am Ball. Das Thema Wohnungslosigkeit wird ja an Bedeutung gewinnen“, fürchtet Langhorst. 

Auch sein Parteifreund, Bezirksbürgermeister Friedu Fuß, begrüßte die neue Einrichtung in seinem Stadtbezirk. Sie sei hier „genau richtig“, denn die Innenstadt-West sei für alle Menschen da – für Besucher:innen von Opern- und Konzerthaus ebenso wie die Menschen, die in Gast-Haus oder der Männerübernachtungsstelle Hilfe ersuchten. 

Die Situation bei den Drogensüchtigen hat sich völlig verändert

Wolfram Schulte hofft, dass bald die Klient:innen einziehen können. Dann soll auch der große Café-Bereich wieder zur Verfügung stehen. In der ersten Etage gibt es Beratungsangebote. In der zweiten und dritten Etage gibt es insgesamt 20 Schlafplätze – vier davon für Frauen. Die Plätze richten sich ausschließlich an Hilfesuchende aus Dortmund.

Bis zu 20 drogensüchtige Obdachlose werden hier künftig einen Schlafplatz und Hilfe bekommen.
Bis zu 20 drogensüchtige Obdachlose werden hier künftig einen Schlafplatz und Hilfe bekommen. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Die Zuweisung erfolgt über die tatsächlichen Notschlafstellen, weil da auch in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt der Infektionsschutz gewährleistet wird. Doch anders als in den Notschlafstellen bekommen die Drogensüchtigen hier über einen längeren Zeitraum ein festes Bett.

„Sie kommen bei Drogenabhängigkeit zu uns, wenn sie einverstanden sind mit der Perspektivklärung“, erklärt Wolfram Schulte. Denn gemeinsam soll erörtert werden, wo es perspektivisch hingehen soll. „Das ist kein Dauerwohnen, soll aber der Stabilisierung und Vermittlung dienen – wo auch immer hin.“

In der neuen Schlafstelle gibt es unterschiedlich große Mehrbettzimmer: Die jeweilige Anzahl ist den baulichen Gegebenheiten geschuldet. Die Räume dienen nur dem Schlafen, nicht zum Tagesaufenthalt. Morgens müssen sie aus den Zimmern raus – dort gibt es nur den „Nachtbetrieb“.

Zahlreiche Hilfestellungen auf dem Weg zum Therapieerfolg

Das Café Flash ist auch gleichzeitig die „ladungsfähige Anschrift“ für hunderte Klient:innen, die keinen festen Wohnsitz haben.
Das Café Flash ist auch gleichzeitig die „ladungsfähige Anschrift“ für hunderte Klient:innen, die keinen festen Wohnsitz haben. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Neben den Schlafräumen gibt es auch einen Küchen-Wohnraum sowie einen Extra-Raucherraum, sowie Waschmaschinen und Trockner. 

Zudem gibt es einen Lagerkeller für persönliche Dinge. Gefrühstückt wird im Café im Erdgeschoss, bevor dort der Tagesbetrieb losgeht. Die Sozialarbeit ist dann auch vor Ort, um alle Dinge auf den Weg zu bringen, die gemeinsam vereinbart wurden.

Hilfe gibt es, wenn nötig, bei der Drogen-Substitution, der Klärung und Verbesserung des Gesundheitsstatus, bei Wohnen und Therapie. Ziel ist, das alles innerhalb von drei Monaten einzuleiten, wenn die Drogensüchtigen mitarbeiten. Sie können ggf. auch länger bleiben, wenn eine eigene Wohnung gesucht werden muss.

Um die Chancen auf eine eigene Wohnung zu verbessern, arbeitet das Soziale Zentrum übrigens seit dem Sommer mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe zusammen, um eigene Wohnungen anzumieten. Denn die Maxime „Housing first“ soll auch in der Drogenhilfe gelten. Damit dies gelingen kann, gibt es Unterstützung durch ambulant betreutes Wohnen.

„Drobs“ bietet zahlreiche Hilfs- und Beratungsangebote in Dortmund

Am Café Flash sind die die Automaten für Spritzen und Zubehör.
Am Café Flash am Schwanenwall sind die die Automaten für Spritzen und Zubehör. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Das wird dein ein weiterer Baustein der Dortmunder Drogenberatung „DROBS“, die es seit mehr als 40 Jahren gibt. Die „DROBS“ ist ein fester Bestandteil des Dortmunder Drogenhilfe-Netzwerks und steht für ein differenziertes, an den vier Säulen der bundesdeutschen Drogen- und Suchtpolitik ausgerichtetes und an den Bedürfnissen der Zielgruppen angepasstes Hilfeangebot.

Neben dem „Café Flash“ als Kontakteinrichtung mit niedrigschwelliger Drogenberatung, Grundversorgung und alltagspraktischen Hilfen für Drogenkonsument:innen und Substituierte gibt es in der Reinoldistraße noch weitere Angebote.

In die Reinoldistraße hat die Drogenberatung einen Großteil seiner Angebote verlagert, um Platz am Schwanenwall zu schaffen.
In die Reinoldistraße hat die Drogenberatung einen Großteil der Angebote verlagert, um Platz am Schwanenwall zu schaffen. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

In der eigentlichen Drogenberatung können in einem von der Schweigepflicht geschützten Rahmen Informationen, Beratung und Unterstützung in verschiedenen Lebenslagen in Anspruch genommen werden. Auf Wunsch auch anonym.

„Feedback“ ist die Fachstelle für Jugendberatung und Suchtvorbeugung und bietet für Menschen aus Dortmund Jugendberatung, Jugendsuchtberatung, Elternberatung, Präventionsberatung, Suchtvorbeugung, Frühintervention sowie Schulungen an.

Außerdem gibt es noch „Start-up – Betreutes Wohnen“. Dieses Angebot bietet Hilfen für aktuell wohnungs- oder obdachlose Menschen, die in mehreren Lebensbereichen eine Veränderung zum Positiven anstreben und dabei mehr Unterstützung möchten, als eine Beratungsstelle abdecken kann.

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