Noch sind kleinere Restarbeiten zu erledigen – aber nichts, was den Einzug der Flüchtlinge verzögern könnte: Am Dienstag werden die ersten Menschen die beiden Flußkreuzfahrtschiffe in der Nordstadt beziehen.
Ortstermin räumt Vorurteile aus: Keine Luxus-Unterbringung auf Kreuzfahrtschiffen
Am Samstag konnte sich die Öffentlichkeit einen Eindruck von den beiden Schiffen machen.
Und das war gut: Die Besichtigungsmöglichkeit machte deutlich, dass von einer Luxus-Unterbringung im Schmieding-Hafen nicht die Rede sein kann.
Denn die Schiffe sind nicht gerade neu: Die MS Solaris, 80 Meter lang, 9,5 Meter breit, 45 Kabinen für 100 Passagiere, ist Baujahr 1982. Die MS Diana, 79 Meter lang, 7,75 Meter breit, mit 39 Kabinen für 80 Menschen ist sogar seit 1970 im Einsatz.
Für die klassische kommerzielle Flußkreuzfahrt sind die Schiffe von ihrer Ausstattung her kaum mehr einsatzbereit. So kommt es nicht von ungefähr, dass die Diana zuletzt als Studentenquartier in Amsterdam fest vor Anker lag. Sie hat sehr kleine Kabinen und kann von der Ausstattung her mit viel „Gelsenkirchener Barock“ aufwarten.
Schiffe bieten deutlich mehr Privatsphäre als die anderen Notquartiere
Doch das dürfte den Flüchtlingen egal sein. Denn die Schiffe sind sauber, warm und – das ist das große Plus – bieten Ein- und Zweierkabinen mit eigener kleiner Dusche und WC.
Im Vergleich mit einer Unterbringung in Turnhallen, ehemaligen Klassenräumen oder Traglufthallen bringen sie deutlich mehr Privatsphäre.
Untergebracht werden hier vor allem Einzelpersonen und Ehepaare. Kinder – außer sie sind 15 Jahre oder älter – sollen hier aus Sicherheitsgründen nicht untergebracht werden, machte Sozialdezernentin Birgit Zoerner beim Ortstermin deutlich.
Außerdem werden die potenziellen Bewohnerinnen und Bewohner vorher gefragt, ob sie überhaupt auf ein Schiff wollen. Die Stadt will um jeden Preis vermeiden, dass mögliche traumatische Erlebnisse durch die gefährliche Mittelmehr-Überquerung wieder hochkommen.
Bewohnerinnen und Bewohner reinigen Kabinen selbst -Verpflegung über einen Caterer
Um die Sauberkeit in den Kabinen werden sich die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner selbst kümmern. Für die Gemeinschaftsflächen ist ein Reinigungsdienst im Einsatz.
Eine Selbstverpflegung ist wegen der räumlichen Enge in den Schiffskombüsen nicht möglich. Daher muss die von der Caritas betriebene Einrichtung durch einen Caterer versorgt werden.
Alle Mahlzeiten werden im großen Speisesaal der Solaris erfolgen. Hier finden 94 Menschen Platz – gegessen wird daher in zwei Schichten.
Um die 180 Bewohnerinnen und Bewohner wird sich das Team von Franz-Josef Chrosnik kümmern.
Insgesamt acht vollzeit-verrechnete Stellen stehen für das Team zur Verfügung. Dazu gehören drei Stellen im hauswirtschaftlichen Bereich sowie fünf Stellen im Betreuungsbereich – inklusive Leitung. Hinzu kommen Reinigung und Wachdienst.
Unterstützt werden die Beschäftigten von den beiden Kapitänen und zwei Matrosen. Denn die beiden Reeder – ein deutsches und ein holländisches Unternehmen – wollten die beiden angemieteten Schiffe nicht einfach aus der Hand geben.
Denn die Technik ist kniffelig – vor allem die Entsorgungstechnik an Bord. Daher werden die Experten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas unterstützen.
Technische und organisatorische Vorbereitungen sorgten für Verzögerungen
Auch die Vorbereitung der Ver- und Entsorgung, der Brandschutz und das Catering brauchten Vorbereitungszeit, sodass die Menschen erst rund fünf Wochen nach Anlegen der beiden Schiffe einziehen können.
Da die beiden Schiffe nebeneinander liegend vertäut sind und die Erschließung der Diana durch die Solaris erfolgt, musste ein zweiter Rettungsweg mit einer Gerüstkonstruktion über das Oberdeck errichtet werden.
Auch musste der Weg von der Straße zu den Schiffen asphaltiert werden, da der Untergrund nicht verdichtet ist. Rettungsfahrzeuge könnten ansonsten Probleme bekommen.
Für ein Jahr hat die Stadt die beiden Schiffe gemietet, mit einer Option auf Verlängerung.
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