Bekommt die Nordstadt wieder einen neuen ehrenamtlichen Obmann – oder eine Obfrau? Die CDU-Fraktion wünscht sich das – nicht aber die Bezirksvertretung der Innenstadt-Nord. (Fast) Einhellig erteilen die Nordstadt-Politiker:innen dem CDU-Antrag eine Absage. Sie wollen keine Neuauflage. Das letzte Wort hat der Rat.
Der damalige OB Sierau installierte den Obmann gegen den Willen der Bezirksvertretung
Zur Erinnerung: Als vor rund zehn Jahren die Nachricht publik wurde, dass der damalige OB Ullrich Sierau den pensionierten Pfarrer und Klinik-Geschäftsführer Ubbo de Boer zum ehrenamtlichen Obmann beruft, war das Echo keineswegs nur positiv. Sowohl Nordstadt-SPD als auch die CDU Innenstadt-Nord waren skeptisch.
„Ich würde mir wünschen, dass jemand nur mal ein Problem abräumt und nicht neue benennt“, sagte die damalige Bürgermeisterin Birgit Jörder (SPD). „Ich freue mich über ihr Engagement. Allerdings haben wir kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsdefizit in der Nordstadt“, sagte sie in der Bezirksvertretung, als die Nachricht bekannt wurde. Sie und andere Aktive fürchteten Parallelstrukturen.
„Wir haben die Bezirksvertreter, die Ratsvertreter, das Quartiersmanagement, die Foren, Nachbarschaftskreise und viele andere Gruppen“, so die Bürgermeisterin. Ganz abgesehen davon, dass wohl die gewählten Bezirksvertreter:innen die ersten Ansprechpartner:innen der Bürger:innen sein sollten. Auch die CDU teilte die Bedenken der SPD: Der Boer dürfe nicht „zu einer Art Edelpraktikant des Quartiersmanagements“ werden, betonte der damalige CDU-Fraktionssprecher in der Nordstadt-BV, Thomas Bahr.
CDU fordert die Neuauflage des ehrenamtlichen „Kümmerers“ für die Nordstadt
Nun also die Kehrtwende? Statt vom SPD-OB kam der Vorschlag zur Neuauflage dieses Mal von der CDU-Fraktion im Rat. Im Ausschuss für Bürgerdienste, öffentliche Ordnung, Anregungen und Beschwerden hatte Uwe Wallrabe für seine Fraktion den Antrag gestellt, das Amt des Obmanns/der Obfrau für die Dortmunder Nordstadt erneut zu installieren und ehrenamtlich zu besetzen. Dies solle gemeinsam mit der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord umgesetzt werden.
Bis 2020 hatte die Dortmunder Nordstadt einen „Kümmerer“, der sich – gemeinsam mit Gewerbetreibenden und dort wohnenden Bürger:innen – den vielen Handlungsfeldern angenommen habe. „Er war Ansprechpartner für Viele, die kleine und größere Probleme hatten. Seit der Niederlegung dieses zeitintensiven Ehrenamts gibt es keinen Obmann/Obfrau mehr in dem Stadtteil“, bedauerte Wallrabe.
Daher solle das Ehrenamt wieder besetzt werden mit einer Person, „der/die eine Affinität zur Nordstadt hat und vielleicht auch schon über ein gewisses Netzwerk vor Ort verfügt“, so der Wunsch der CDU. Doch der Ausschuss wollte, dass der Antrag in die Bezirksvertretung Innenstadt-Nord überwiesen wurde. Auch Dezernent Dahmen hatte in der Sitzung klar gemacht, dass sich zunächst die BV Nord damit beschäftigen müsse, die Entscheidung über die Einrichtung der Stelle falle dann im Rat.
Die Nordstadt-SPD schießt scharf gegen eine Wiederbesetzung
In der Bezirksvertretung stieß der Antrag allerdings auf wenig bis keine Gegenliebe. Die Gegenargumente waren die selben wie schon vor zehn Jahren: „Jeder von uns ist Obmann bzw. Obfrau. Alle können sich bei uns melden wir brauchen keinen Obmann“, machte SPD-Fraktionssprecherin Brigitte Jülich deutlich.
Ihr Fraktionskollege Thomas Oppermann sah dies genauso und verwies auf die niedrige Wahlbeteiligung im Dortmunder Norden: „Wir als Gewählte haben präsent zu sein und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Nehmen wir uns nicht die Aufgabe, dass Menschen uns als Ansprechpartner wahrnehmen“, so Oppermann. Durch einen Obmann oder eine Obfrau werde diese Funktion der gewählten Bezirks- und Ratsvertreter:innen negiert.
„Damals stand die BV dem Projekt sehr kritisch gegenüber, weil der OB in seiner unendlichen Weisheit das gefordert hat. Wir haben lange gebraucht und uns damit arrangiert. Ubbo de Boer hat viel geleistet“, so Oppermann weiter. „Aber das teils sehr weit weg von dem, was wir hier leisten.“ Zudem müsse zunächst man geklärt werden, wofür dein eine solche Person überhaupt zuständig sei – „wir brauchen keinen Obmann, der für das zuständig ist, wofür wir zuständig sind“, so der stv. Bezirksbürgermeister.
CDU-Bezirksvertreter amüsiert sich über SPD-Kritik an ihren Parteifreunden
CDU-Fraktionssprecher Dorian Marius Vornweg rieb sich – teils irritiert, teils amüsiert – die Augen: „Ich hatte nicht erwartet, dass sie die großen Kaliber auspacken. Aber feuern sie mal aus allen Rohren.“ Er könne sich gut an die an die Arbeit von Ubbo de Boer und seine „Scharnierfunktion“ erinnern. „Er war ihr Parteifreund und wurde auch auf Drängen ihrer Partei installiert“, so der CDU-Politiker.
„Aber wenn sie das in Gänze als überflüssig erachten, haben wir nicht einen, sondern ganz viele Ubbo“, sagte er amüsiert und stellte „aus Parteidisziplin“ den Antrag, einen solchen Obmann oder eine solche Obfrau wieder zu installieren – „in Anlehnung dessen, was Herr de Boer hier geleistet hat“, so Vornweg.
„Wer wäre dagegen, eine solche Person für die Nordstadt zu empfehlen“, fragte der frühere stv. Bezirksbürgermeister in die Runde. Die Antwort war in der anschließenden Abstimmung eindeutig. Niemand – abgesehen des einzigen anwesenden CDU-Vertreters in der Runde – stimmte für die Wiedereinrichtung. Mit diesem Votum muss sich nun der Rat beschäftigen…
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