Die Bezirksvertretung der Innenstadt-Nord will kein neues „Haus zur Betreuung Drogenabhängiger“ in der Nordstadt

Drogenkonsumraum in der Drogenhilfe-Einrichtung Kick der Aidshilfe im Gesundheitsamt. In diesem Raum können sich die Süchtigen unter Aufsicht eine Spritze setzen
Im Konsumraum der Drogenhilfe-Einrichtung Kick können sich Süchtige unter Aufsicht eine Spritze setzen.

Von Gerd Wüsthoff

Die meisten Tagesordnungspunkte während der öffentlichen Sitzung der Bezirksvertretung (BV) Innenstadt-Nord werden relativ geräuschlos abgehandelt. Wobei auch die Diskussionen zu den Punkten ruhig und zügig verlaufen; an zwei Punkten der Tagesordnung allerdings wird es turbulent. Punkt 11.3 Drucksache Nr.: 10897-18, Konzeptionelle Weiterentwicklung des Dortmunder Drogenhilfesystems und Punkt 7.1, Behördenübergreifender Sachstandsbericht 2017 zur Zusammenarbeit der Stadt Dortmund, der Polizei und der Staatsanwaltschaft in der Dortmunder Nordstadt.

Rat erwägt in der Nordstadt ein weiteres Haus zur Betreuung Drogenabhängiger

Dr. Frank Renken, Leiter Gesundheitsamt Dortmund
Dr. Frank Renken, Leiter des Dortmunder Gesundheitsamtes. Foto: Klaus Hartmann

Zur Weiterentwicklung des Dortmunder Drogenhilfesystems liegt eine Vorlage auf dem Tisch. Diese besagt, dass eine weitere Schlafstelle und Betreuung für schwerst Drogenabhängige im Bereich der Nordstadt eingerichtet werden solle.

Dr. Renken, Leiter Gesundheitsamt Dortmund, gibt in seinem Referat vor den BezirksvertreterInnen die Analysen des Gesundheitsamtes zum Thema „Schwerst Drogenabhängige“ ab. „Diese Klientel, etwa 30 bis 50 Personen, ist soweit in die Abhängigkeit von Drogen abgetaucht, dass man ihnen keine neue Struktur, die Voraussetzung für einen Entzug, und damit eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft geben kann“, so Renken.

Der Mediziner bezieht in diese Gruppe ausdrücklich die entsprechend belasteten drogenabhängigen Prostituierten mit ein. Auf Nachfrage aus der Runde der BezirksvertreterInnen, ob und wie man diesen Menschen helfen könnte, antwortete Renken knapp und ehrlich: „Nein, man kann nur versuchen, ihnen bei Krankheiten und ähnlichem zu helfen, ihre Leiden zu lindern. Eine Heilung ist nicht möglich.“ Dr. Renken bringt damit ihren Drogenkonsum, den er grundsätzlich außerhalb der Beschaffungskriminalität sieht, in den Fokus.

Eindeutiges Votum der Bezirksversammlung gegen ein neues „Drogenhaus“

Zahlreiche Drogen wurden vom Polizei-Spürhund erschnüffelt.
Der Kampf gegen Drogen in der Nordstadt ist ein Arbeitsschwerpunkt der Dortmunder Polizei.

Unter vielen BezirksvertreterInnen der Innenstadt-Nord herrscht allgemein die Stimmung, nicht zusätzlich ein weiteres „Drogenhaus“ in der Nordstadt zu bekommen: Kein weiteres Haus, damit Drogenabhängige dort übernachten und sich der Körperpflege widmen könnten, war die Meinung der Mehrheit, welche dann auch entsprechend entschied.

Aus der SPD und CDU Fraktion heißt es: „Ein solches Haus zieht nur weitere Drogenkonsumenten und Dealer an.“ Besonders in der CDU-Fraktion wird befürchtet: „Im Umfeld wird dann auch automatisch gedrückt.“

In beiden Mehrheitsfraktionen wird Verwunderung laut: Warum solche Projekte wie ein Drogenkonsumraum oder ein Drogenabhängigen-Schlaf-Haus immer wieder in der Nordstadt anzusiedeln? „Sollen wir hier endgültig abgeschrieben werden?“, ist eine der besorgten Fragen der CDU.

Auf die Frage, wie flexibel sich die Drogenabhängigen innerhalb der Stadt bewegen würden, antwortet Dr. Renken: „Sie sind sehr ortstreu und bewegen sich so gut wie kaum aus ihren Bezirken heraus.“ Auch wenn demzufolge sich keine Befürchtung auf weitere „Zuwanderung“ aus anderen Stadtbezirken bewahrheiten würde, fällt die Entscheidung gegen das neue Haus für Drogensüchtige mehrheitlich negativ aus.

Ordnungsamt sieht Notwendigkeit von defensiven Waffen für MitarbeiterInnen als zwingend

Anstelle von Schlagstöcken könnten die BeamtInnen demnächst Gebrauch von Elektroschockgeräten machen. Foto: Alex Völkel
Das Ordnungsamt möchte – wie die Polizei – ebenfalls Schlagstöcke haben. Archivfotos (2): Alex Völkel

Ein weiterer, lebhaft in der Bezirksversammlung diskutierter Punkt war der Tagesordnungspunkt 7. Beate Siekmann, Leiterin des Ordnungsamts der Stadt Dortmund, referierte zum „Behördenübergreifenden Sachstandsbericht 2017“, über die Zusammenarbeit der Stadt Dortmund, der Polizei und der Staatsanwaltschaft in der Nordstadt und behandelt dabei das Thema aus ordnungsrechtlicher Sicht.

In ihrer Stellungnahme weist Siekmann auf die Notwendigkeit einer Ausrüstung ihrer MitarbeiterInnen mit einer Defensiv-Waffe zur Abwehr von körperlichen Übergriffen hin. Die Fraktion Linke und Piraten sieht die Einführung der Defensiv-Waffe als nicht nötig an. Cornelia Wimmer formuliert ihre Bedenken: „Diese sogenannte Defensiv-Waffe stellt eine Aggression hervorrufende Aufrüstung mit einer Waffe dar.“

„Leider ist es aus allgemeiner Respektlosigkeit und den daraus folgenden Übergriffen – bis hin schweren Verletzungen und daraus folgenden Krankenhausaufenthalten, nötig, dass wir diese rein defensiven Waffen zum Schutz der Mitarbeiter einführen müssen“, betont Siekmann. „Überdies werden die Mitarbeiter erst nach einem intensiven Training, durch zertifizierte Ausbilder, mit der defensiven Waffe ausgerüstet.“

Kriminalität in der Nordstadt wird nicht ausschließlich von MigrantInnen verursacht

Ordnungsamtsleiterin Beate Siekmann.
Ordnungsamtsleiterin Beate Siekmann.

Aus der in der Bezirksversammlung vertretenen rechten äußeren Ecke des „politischen“ Spektrums wurde Siekmann damit konfrontiert, dass die Kriminalität in der Nordstadt nur durch MigrantInnen hervorgerufen würde.

„Nein!“ machte Siekmann deutlich. Die Kriminalität in allen Dortmunder Bezirken werde von allen in Dortmund lebenden Bevölkerungsgruppen verursacht. „Ich verwehre mich gegen diese unsägliche Diffamierung“, zeigt Siekmann klare Kante.

In ihren Ausführungen weißt sie darauf hin, dass die Ordnungswidrigkeiten – wie auch Strafrechtsverstöße und Angriffe auf MitarbeiterInnen der Stadt – nicht nur ein unerträgliches Ausmaß angenommen hätten, sondern, dass sich besonders bei alteingesessenen DortmunderInnen ein egoistisches Rechtsempfinden breit mache.

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