Bis zu 5000 Demonstrierende gingen in Dortmund auf die Straße

Die Beschäftigten machen Druck: Erster Warnstreik im Tarifstreit im öffentlichen Dienst

Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Tarifauseinandersetzung im Öffentlichen Dienst: Bis zu 5000 Menschen haben nach Angaben der Gewerkschaft ver.di am Donnerstag allein in Dortmund demonstriert. Sie fordern mehr Lohn und Gehalt, mehr Urlaubstage sowie bessere Arbeitsbedingungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Deshalb fuhren keine Busse und Stadtbahnen, in Krankenhäusern gab es nur Notbesetzungen, Müllabfuhr und Straßenreinigung fielen aus  und städtische Kitas blieben geschlossen. 

Beschäftigte setzen ein „starkes Zeichen“ vor der nächsten Verhandlungsrunde

„Heute ist kein Arbeitstag, heute ist Streiktag!“ ist das Motto des Warnstreiks, der die Unzufriedenheit und Frustration der Betroffenen gegenüber dem Verhandlungsergebnis in der ersten Verhandlungsrunde zeigt. Durch diesen ersten Warnstreik wollen sie Druck auf die Arbeitgeber:innen ausüben, um ein gutes Angebot bei der nächsten Verhandlungsrunde am 17./18. Februar vorgelegt zu bekommen.

Ver.di Geschäftsführerin des Bezirks Dortmund Pamela Strutz Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

„Wir wollen vor der 2. Verhandlungsrunde in der kommenden Woche ein starkes Zeichen setzen, dass wir ein verhandlungsfähiges Angebot von den Arbeitgebern erwarten. So wie jetzt kann es nicht weitergehen“, betonte Pamela Strutz, Geschäftsführerin des ver.di-Bezirks Dortmund. ___STEADY_PAYWALL___

„Im Nahverkehr und in den Kitas arbeiten die Kolleg:innen jetzt schon oft weit über die eigenen Grenzen hinaus. Die Belastung ist riesig, stärkere Personalausfälle dadurch vorprogrammiert – ein Teufelskreis. Attraktive Arbeitsbedingungen und Lösungen für die starke Überlastungen müssen her. Dafür bringen wir in Dortmund unsere Kraft sichtbar auf die Straße“, so die Gewerkschafterin.

Hohe Streikbereitschaft trotz niedriger Temperaturen

ver.di Gewerkschaftssekretärin Sabrina Kiwit Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

„Wir haben alle Schöneres zu tun als bei 0 Grad auf die Straßen gehen zu müssen,  wir sehen uns jedoch gezwungen, auf die Straßen zu gehen und sind froh, wenn das möglichst zeitlich beendet ist, und zwar natürlich positiv“ verdeutlichte Gewerkschaftssekretärin Sabrina Kiwit, zuständig für Gesundheit und Soziales.

Für sie war dieser Streiktag besonders wichtig, da „Service DO”, die Dienstleistungstochter des städtischen Klinikums, ihren ersten Streiktag nach der Tarifbindung erlebte.

Ver.di Gewerkschaftssekretärin Bärbel Sumagang Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

„Es ist nicht selbstverständlich, dass so viele Menschen sich die Zeit nehmen, bei dieser Kälte streiken zu gehen“ ergänzte Gewerkschaftssekretärin Bärbel Sumagang. Sie ist bei ver.di zuständig für die Bundesagentur für Arbeit. Die große Anzahl der streikenden Beschäftigten zeige die Bereitschaft, für die eigenen Forderungen auf die Straße zu gehen. 

Pamela Strutz unterstrich auch, dass die Streikbereitschaft aber noch steigerungsfähig sei: „Sollte es kein verhandlungsfähiges Angebot seitens der Arbeitgeber:innen bei der anstehenden Verhandlungsrunde geben, würden wir nochmals streiken. Dies kann durch andere Streikaktionen und Formen stattfinden.“

Gute Stimmung und gespannte Vorfreude bei den Beschäftigten

Die gute Stimmung bei den Streikenden war sichtbar und in Gesprächen zu hören. Das galt auch für die Teilnehmendenzahlen: Mehr Menschen als erwartet hatten am Streik teilgenommen. Trotz der Kälte habe man ein Gefühl von Zusammenhalt und Glück: „Wir haben uns auch gegenseitig abgeholt, um heute am Streik teilzunehmen“, sagte Alexandra Terhoff, Mitarbeiterin im Klinikum Dortmund.

Ardian Ismaili, Mitarbeiter der EDG Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

Ardian Ismaili, Mitarbeiter der EDG, berichtete ebenfalls von der guten Stimmung. Die Kolleg:innen im Betrieb seien gespannt und wollten, dass bei der nächsten Verhandlungsrunde ein gutes Angebot vorgelegt werde.

„Es ist schön zu sehen, dass so viele hier sind. Das löst Glücksgefühle aus“, berichtete Jason Tolkmit, Gewerkschaftssekretär bei ver.di für den Bereich der Sparkassen. Es könne aber immer besser sein, wobei es verständlich sei, dass man bei dem Wetter nicht draußen stehen möchte.

Große Erwartungen an die kommende Tarifverhandlung

„Wie erwarten eine bessere Finanzierung, aber auch, dass ein Angebot auf den Tisch gelegt wird, womit man arbeiten kann“ sagte der ver.di-Gewerkschaftssekretär David Staercke. Bisher gäbe es immer noch keinen verhandlungsfähiges Angebot.

ver.di Gewerkschaftssekretär David Staercke Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

Die Forderung von acht Prozent, aber mindestens 350 Euro mehr Lohn und Gehalt sowie die drei zusätzlichen Tage seien angemessen. Um die Zeit der Arbeitnehmer:innen besser zu planen und flexibilisieren, sollte das Meine-Zeit-Konto verwendet werden. Die flexiblere Arbeitszeiten seien unter anderem auch ein Wunsch der Arbeitgeber:innen, so Staercke.

Die attraktivere Gestaltung der Arbeitsbedingungen mit mehr Geld und Freizeit würde helfen, die offenen Stellen zu besetzen, machte Bärbel Sumagang deutlich. Es solle daher ein Angebot vorgelegt werden, was den Beschäftigten im öffentlichen Dienst Wertschätzung entgegen brächte.

Auch die Streikenden bei der EDG erwarten und erhoffen, dass die „Forderungen erfüllt und dass die Arbeitsbedingungen verbessert werden“, sagte Ismaili. Auch er wünschte sich, dass ihre Arbeit mehr wertgeschätzt werde.

Beschäftigte wollen mehr Druck auf die Arbeitgebende machen

Pamela Strutz betonte, dass „mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen“ besonders wichtig seien, um „zum einen die bereits im öffentlichen Dienst Beschäftigten Wertschätzung zu zeigen, aber auch um neues Personal zu schaffen“. Sie berichtete auch, dass Streiktage „sehr gut wirken“ und Rückenwind geben würden. Sie stand bereits um 5.30 Uhr morgens vor dem Klinikum Dortmund und sorgte mit anderen Kolleg:innen für die Organisation des Streiks.

Alexandra Terhoff, Mitarbeiterin im Klinikum Dortmund Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

„Die Arbeitgeber behaupten, dass nicht genug Geld da ist, um diese Lohnsteigerungen zu ermöglichen. Jedoch kann es nicht sein, dass dies auf den Rücken der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ausgetragen wird. Grade diese sorgen dafür, dass sich Bürgerinnen und Bürger sich wohl fühlen“, ergänzte Staercke.

„Ich denke, dass unsere Forderungen berechtigt sind, auch wenn die Arbeitgeber behaupten, dass diese überzogen sind“ fügte Terhoff hinzu. Grade das Gesundheitspersonal sei stark vom Fachkräftemangel und der damit einhergehenden Arbeitsbelastung betroffen.

Kampf gegen Personalmangel ist eine zentrale Forderung

Aufgrund des Personalmangels seien allein in der Agentur für Arbeit Dortmund rund „12.000 Urlaubstage“ (stand 2023) offen, so berichtet Sumagang. Wenn die Forderungen erfüllt würden, dann würde das auf jeden Fall helfen, viele offene Stellen im öffentlichen Dienst zu besetzen.

Jason Tolkmit, ver.di Gewerkschaftssekretär Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

Denn der öffentliche Dienst müsste attraktiver gestaltet werden, und zwar „gerade bei den Jugendlichen und im Hinblick auf den Fachkräftemangel“ erläuterte Tolkmit. Durch bessere Arbeitsbedingungen würde man auch das Motivation der Arbeitenden steigern.

„Grade Beschäftigte im Bereich des Gesundheitswesens müssen eine höhere Belohnung erfahren, denn dort sind die enormen Dienstzeiten besonders belastend“ sagte Kiwit und ergänzte, dass dies nicht nur den bestehenden Fachkräftemangel verringern würde, sondern auch die bereits Beschäftigten motivieren, damit sie in Zukunft ihren Job noch machen möchten.

Frust über fehlendendes Angebot der Arbeitgeber:innen

Zum Abschluss versammeln sich die Streikenden auf dem Friedensplatz, wo in mehreren Redebeiträgen die Forderungen sowie die Probleme in den Verwaltungen und Betrieben thematisiert werden.

Christian Nähle, Sprecher der ver.di Vertrauensleute der Stadtverwaltung Dortmund Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

Christian Nähle, Sprecher der ver.di-Vertrauensleute der Stadtverwaltung Dortmund, unterstrich die Forderungen und berichtet im Gespräch mit Nordstadtblogger, dass die Stimmung „gemischt“ sei. Einerseits sei er „kämpferisch für berechtigte Forderungen“.

Aber anderseits habe er nicht gedacht, dass die Arbeitgeber:innen so unvorbereitet zu einer Verhandlungsrunde kommen: „Sie wissen schon seid zwei Jahren von den Tarifverhandlungen und schaffen es dennoch nicht, ein Angebot zu legen.“

Dennoch fühle er sich gut, wenn er seine Kolleg:innen sehe und wichtige Dinge zur Sprache zu bringen könne, „die den Menschen auf der Seele brennen“, so Nähle. „Für Solidarität braucht es Gemeinschaft, und das sind wir in ver.di.“

6000 Unterschriften an Personaldezernent Uhr übergeben

Personaldezernent Christian Uhr unterschreibt die Forderungen. Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hatten mehr als 6.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Dortmund die Gewerkschaftsforderungen unterschrieben. Sie wurden an den städtischen Personalchef Christian Uhr übergeben. Die Unterschriften sollen später an Oberbürgermeister Thomas Westphal überreicht werden. 

Um Unterstützung für die Streikenden zu zeigen, setzte auch der Personaldezernent Christian Uhr seine eigene Unterschrift drauf und versicherte, dass er alle Forderungen nachvollziehen könne und auch für diese Streikaktionen Verständnis habe.

Mehrere tausend Streikende gingen in Dortmund für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße. Foto: Maria Salem für Nordstadtblogger.de

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