Einsamkeit ist ein wichtiges Thema – eines über alle Altersgrenzen hinweg. Denn Einsamkeit wirkt sich negativ auf die Psyche und die körperliche Gesundheit aus. Dennoch ist sie keine in der Medizin anerkannte Diagnose – aber eine immer größer werden gesellschaftliche Realität. Ein Kunstprojekt der AWO Dortmund mit der Künstlerin Astrid Halfmann soll zum Thema Einsamkeit sensibilisieren und zu einem Austausch ermuntern.
„Es braucht Begegnung, um die körperliche und psychische Gesundheit zu erhalten“
Unter dem Motto „Einsamkeit hat viele Gesichter“ beschäftigen sich Senior:innen wie auch Kinder und Jugendliche unter Anleitung der Künstlerin mit dem sensiblen Thema, denn: Einsamkeit kann jeden treffen.
„Es braucht Begegnung, um die körperliche und psychische Gesundheit zu erhalten. Und viel zu viele Menschen in den unterschiedlichsten Lebenslagen sind von Einsamkeit betroffen“, betont Anja Butschkau, die Vorsitzende der AWO Dortmund. „Gesellschaft und Politik sind gefordert, Einsamkeit zu bekämpfen. Auch sie ist eine Form sozialer Ungerechtigkeit. Oft ist Einsamkeit auch Folge von Armut und fehlender Teilhabe-Möglichkeiten.“
Die AWO-Vorsitzende ist im Berufsleben SPD-Landtagsabgeordnete und hat sich als Mitglied der Enquete-Kommission „Einsamkeit – Bekämpfung sozialer Isolation in Nordrhein-Westfalen und der daraus resultierenden physischen und psychischen Folgen auf die Gesundheit“ des Landtags NRW intensiv mit den Ursachen und Folgen von Einsamkeit auseinandergesetzt. Sie unterstützt das AWO-Kunstprojekt daher auch als Schirmherrin.
„Es gibt eine Verbindung zwischen Einkommensarmut und Einsamkeit“
„Das ist ein Thema, über das geredet werden muss, weil es alle betrifft. Die Stadt Dortmund macht das im Vergleich zu anderen Ruhrstädten ganz hervorragend”, sagt Butschkau beispielsweise mit dem Dortmunder Projekt „Begegnung VorOrt“ und die verstärkte Quartierarbeit, aber auch Anstrengungen in der Kinder- und Jugendarbeit.
Zudem ist Einsamkeit auch ein sozialpolitisches Thema: „Es gibt eine Verbindung zwischen Einkommensarmut und Einsamkeit. Von Armut betroffene sind überproportional von Einsamkeit betroffen”, berichtet die Sozialpolitikerin. Auch der Migrationshintergrund kann ein Faktor sein.
„Darauf muss sich die Gesellschaft einstellen. Es braucht gesellschaftspolitische Maßnahmen und Angebote wie bei der AWO, aber auch sozialen Wohnungsbau und gemeinschaftliches Wohnen, was in anderen Ländern längst an der Tagesordnung ist.”
Diese Einschätzung teilt die Künstlerin Astrid Halfmann: „Ich arbeite auch mit vielen Kindern und Jugendlichen. Der soziale Standard trägt zu Einsamkeit und Ausgrenzung bei. Die Auswirkungen kann konkret in Kinder- und Jugendarbeit sehen. Viele Kinder und Jugendliche können nicht mehr mit anderen interagieren und haben Probleme im Sozialverhalten.” Ein Faktor sei dabei die Einsamkeit. „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, was Einsamkeit mit Menschen macht. Daher empfinde ich Dankbarkeit, dass ich an dem Projekt mitarbeiten kann”, so Halfmann.
Für die Teilnehme ist keine künstlerische Vorerfahrung nötig
Sie will dabei Kunst als Ausdrucksmittel einsetzen: Durch Farben, Material, Haptiken und Optiken könnten Teilnehmende Gefühle ausdrücken. „Ich finde das als eine gute Methode, sie sichtbar und fühlbar zu machen – Bildwelten sprechen ihre eigene Sprache. Ich werde so gut wie möglich mit den Teilnehmenden daran arbeiten und sie anleiten. Die Herausforderung für sie: Eingeladen sind alle Menschen. Künstlerische Vorerfahrung ist ausdrücklich nicht nötig.
Im Rahmen des Projekts werden ab Mitte August in fünf AWO-Begegnungsstätten (AWO-BS) und einem AWO-Jugendtreff aus den zwei Stadtbezirken Hombruch und Scharnhorst jeweils an zwei Tagen Workshops durchgeführt – angeleitet von der Diplom-Grafikdesignerin Astrid Halfmann.
Einfache Holzkisten – von einzelnen oder auch in einer Kleingruppe – werden in den Workshops individuell gestaltet. Nach dem „Baukastenprinzip“ zusammengeführt sollen die „Bausteine“ eine Kunst-Ausstellung bilden, die mit dem Tabuthema brechen und Lösungswege aufzeigen will, immer unter dem Leitgedanken „Was bedeutet Einsamkeit für mich selbst? Wo begegne ich ihr?“
Neben der Anregung der Teilnehmenden zur Beschäftigung mit dieser gesellschaftlich so aktuellen Thematik ist es das Ziel, später die gestalteten Holzkisten im öffentlichen Raum auszustellen und auch so wiederum andere Menschen zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Thema zu motivieren. Durch das Baukastenprinzip kann das Ausstellungsformat an verschiedene Räume angepasst und auch an mehreren Orten gezeigt werden.
Gespannte Vorfreude in den AWO-Begegnungsstätten
Karin Berghoff (AWO BS Bittermark), Hannelore Cordes (AWO BS Hombruch) und Anni Grutzpalk, (AWO BS Lücklemberg) sind gespannt auf das Projekt, welches in ihren Räumen stattfinden wird. In der Bittermark gibt es dabei noch eine besonderheit: „Wir wollen das im Rahmen des Ferienprogramms machen, wo dann Kinder gemeinsam mit Senioren arbeiten”, berichtet Karin Berghoff.
Das bringt vielleicht auch die nötige Locker- und Gelassenheit für die kreative Arbeit, auch wenn es die Organisation vor größere Herausforderungen stellt als „nur“ ein Angebot für Senioren*innen. „Kinder sind offener und freier, Senioren hingegen eher gehemmter”, weiß Halfmann.
Daher hofft auch Anni Grutzpalk, dass das Vorhaben gelingt: „Ältere sind nicht so offen – das braucht Überwindung. Dennoch ist auch sie voller Zuversicht und Vorfreude: „Man muss ein Setting haben, dass es die nötige Atmosphäre gibt und man in einen Flow kommt. Der Anfang ist das Schwierigste.” Wobei die Voraussetzung, es sei ein Angebot nur für Senior*innen – nicht stimmt: Die Angebote sind kostenlos und offen für jedes Alter.
Zum Konstprojekt soll es im Herbst Ausstellungen an verschiedenen Orten geben
Dieses Projekt geht auf eine Idee aus Ansbach in Bayern zurück, bei der Schüler:innen die Holzkisten zum Thema Einsamkeit gestaltet und das fertige Projekt in einem Einkaufszentrum ausgestellt haben.
In Dortmund wird das Kunstprojekt anteilig finanziell gefördert durch den AWO Bezirk Westliches Westfalen und den AWO Unterbezirk Dortmund und durch die Begegnungsstätten selbst.
Neben den Workshops mit künstlerischer Auseinandersetzung und Gestaltungen sowie den geplanten Wanderausstellungen sollen mit Vorträgen bzw. Themenreihen weitere Formen der Auseinandersetzung in die Quartiere geholt werden und möglichst vielen Menschen eine Möglichkeit zu Austausch und Teilhabe bieten.
Im Herbst wird es dann die Ausstellungen an verschiedenen Orten geben. Einen Vortrag kann man sich bereits vormerken: Am 29. November 2024 um 15 Uhr wird die Schirmherrin Anja Butschkau als Referentin in die Begegnungsstätte Lücklemberg, Olpketalstraße 83a, kommen und zum Thema Einsamkeit referieren.
Mehr Informationen:
- Begleitet wird das Kunstprojekt durch die beiden hauptamtlichen AWO-Mitarbeiterinnen Evelin Büdel und Melanie Looke im Projekt „Begegnung VorOrt“.
- Dieses Projekt hat die Aufgabe, bestehende Strukturen der offenen Seniorenarbeit in den Bezirken zu unterstützen, neue Formate aufzubauen und ehrenamtliches Engagement zu fördern.
- Es wurde auf Initiative des Seniorenbeirats und durch den Beschluss des Rates wurde 2020 als trägerübergreifendes Arbeitsfeld in die kommunale Weiterentwicklung der offenen Seniorenarbeit eingebunden.
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Ältere Menschen sind auf ihre Art von Einsamkeit betroffen: Freie Wohlfahrtspflege in NRW weist auf ihre Erfahrungen hin (PM)
Einsamkeit ist in erster Linie ein subjektives Gefühl und hat viele Gesichter. Manifestiert sich jedoch dieses Gefühl, macht es nicht nur unglücklich, sondern begünstigt körperliche und seelische Erkrankungen. Tatsächlich stellt ein hohes Lebensalter per se keinen Risikofaktor für Einsamkeit dar – und doch leben Menschen, insbesondere Frauen, mit steigendem Alter häufiger allein.
Umbruchsituationen, wie der Eintritt ins Rentenalter oder der Verlust wichtiger Bezugspersonen können das Netz vertrauter Personen schrumpfen lassen. Die räumliche Entfernung etwa zu den eigenen Kindern sowie Mobilitäts- und Gesundheitseinschränkungen nehmen zu, wodurch Seniorinnen und Senioren seltener ihr Zuhause verlassen. Ein geringes Einkommen ist ebenfalls ein Faktor, der die soziale Isolation begünstigen kann. Hiervon sind insbesondere ältere Frauen betroffen. Bei älteren Männern ist zudem die relativ hohe Suizidrate bedenkenswert, da sie auf ein erhöhtes Einsamkeitsgefühl hinweisen könnte.
Die beste Prävention gegen Einsamkeit ist Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Es ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis nach sozialen Kontakten, gesellschaftlicher Teilhabe und sinnstiftender Betätigung vorhanden. Wer über stabile soziale Kontakte verfügt, kommt besser durch Krisen und bringt sich darüber hinaus eher gesellschaftlich ein. Davon profitieren alle gesellschaftlichen Gruppen, eben auch ältere Menschen. Leider sind jedoch Möglichkeiten, Teil einer Gemeinschaft zu sein, heute keine Selbstverständlichkeit mehr.
Freie Wohlfahrtspflege als Anbieter vor Ort
Um diese tragenden Netzwerke zu ermöglichen und Teilhabe zu fördern, bietet die Freie Wohlfahrtspflege den nötigen Rahmen und hält vielfältige gemeinsame Aktivitäten sowie Begegnungsorte für Ältere vor. „Ich finde die Gemeinsamkeit und die lockere Art des Austausches super. Nun habe ich endlich wieder einen Grund aus dem Haus zu gehen.“ Jost ist einer von 52 Seniorinnen und Senioren, die sich im Mehrgenerationenhaus treffen. Peter wiederum fühlte sich von der Gruppe „Gemeinsam statt einsam“ von der er in der Zeitung gelesen hatte, angesprochen. Der alleinstehende Frührentner ist froh, auf so einfache Weise mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten. Je nach Aktivitätsneigung verabredet man sich mittlerweile standesgemäß per WhatsApp. Oder es ergibt sich beim regelmäßigen Treffen einfach ganz spontan die Verabredung zu einer Radtour, wie dies bei Regina und Johannes der Fall ist.
Mehrgenerationenhäuser, Quartiers- und Seniorenbüros, Begegnungs- und Bildungsstätten, Netzwerke 60+ und viele andere sind nur einige Beispiele der Angebotsvielfalt. Diese Stellen machen unterschiedliche Angebote für Engagement und zur niedrigschwelligen Teilhabe, die gegen individuelle Einsamkeit wirken und die Solidargemeinschaft stärken können.
Jedoch gibt es nicht in allen Kommunen und Städten eine ausreichende und altersgerechte Angebotsvielfalt. Die Freie Wohlfahrtspflege hält es insbesondere in Zeiten des demografischen Wandels für unerlässlich, flächendeckend gleichwertige kommunale Basisstrukturen vorzuhalten und auszubauen.
Kunstprojekte gegen Einsamkeit in Kirchderne und Brackel-Neuasseln (PM AWO BVO Scharnhorst)
Ein Kunstprojekt des AWO-Ortsvereins mit der Künstlerin Astrid Halfmann soll zum Thema Einsamkeit sensibilisieren und zu einem Austausch anregen. Interessierte können sich in einem Workshop „Einsamkeit hat viele Gesichter“ künstlerisch, unter Anleitung, mit den vielen Facetten von Einsamkeit auseinandersetzen und dabei Holzkisten gestalten. Kunst als Ausdrucksmittel – durch Formen, Farben und Materialien können Teilnehmende ihre Gefühle ausdrücken. Es ist kein künstlerisches Talent erforderlich. Die Teilnahme ist kostenlos. Getränke können erworben werden.
Informationen und Anmeldung bei: Melanie Looke, Tel.: 01 60. 5 57 37 02 oder m.looke@awo-dortmund.de
In Kirchderne:
Wer? Arbeiterwohlfahrt (AWO) Kirchderne
Wo? Begegnungsstätte, Merckenbuschweg 41, 44329 Dortmund und AWO Jugendtreff Kirchderne, Speckacker 12, 44329 Dortmund
Wann? 26. August( Montag) und 30. August ( Freitag) jeweils von 15:00 bis 17:00 Uhr
In Brackel:
Wer? Arbeiterwohlfahrt (AWO) Brackel-Neuasseln
Wo? Begegnungsstätte, Haferfeldstr. 3 (Zugang über den Schulhof), 44309 Dortmund
Wann? 27. August (Dienstag) und 3. September (Dienstag)
jeweils von 14:30 bis 16:30 Uhr