Ein „Zeitenwechsel“ ist bei den Bürgerdiensten in Dortmund angekündigt: Das ist buchstäblich gemeint – nicht sprichwörtlich. „Kommen Sie nicht alle um 7 Uhr. Sie können auch später kommen“, betont der zuständige Dezernent Norbert Dahmen. Der Grund: Den Bürgerdiensten ist es gelungen, die 17 vakanten Stellen zu besetzen und sogar einen personellen Puffer aufzubauen. Damit – und durch viele andere Maßnahmen – habe sich die angespannte Lage deutlich entspannt.
Bürgerdienste haben 17 vakante Stellen nachbesetzt und einen Puffer geschaffen
Zur Erinnerung: Lange Warteschlangen lange vor Öffnung der Bürgerdienste, häufige Schließungen lange vor Ende der Öffnungszeiten und Terminvergaben mit einem Vorlauf von Monaten – das war über lange Zeit der Alltag in Dortmund. Nicht nur vor den Sommerferien, wo es immer hoch her geht – sondern eigentlich immer. Nicht nur die Nutzer*innen, auch die Beschäftigten stöhnten über die untragbaren Zustände.
Im Sommer 2019 gelobten die Dezernenten Christian Uhr (Dezernent für Personal und Organisation) und Norbert Dahmen (Dezernent für Recht und Ordnung, dazu gehören auch die Bürgerdienste) nach massiver Kritik und vielen schlechten Schlagzeilen entschlossenes Handeln auf verschiedenen Ebenen.
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Doch dafür bräuchten sie insgesamt ein Jahr – nach einem halben Jahr zogen sie nun eine positive Zwischenbilanz. Mit einem dreistufigen Verfahren hätten sie die Wende eingeleitet. Personal, Organisation und Informationstechnik – dies seien die nötigen Bausteine.
Was heißt das genau? Christian Uhr hat eine massive Nachbesetzung der vakanten Stellen – allein im Stadthaus bei den Bürgerdiensten waren 17 Stellen unbesetzt – versprochen. Nun hat er geliefert. Die Stellen sind seit 1. Februar besetzt. Zudem haben zwei Azubis frühzeitig ihre Prüfungen abgelegt und fünf weitere Kräfte stehen in einem „Puffer“ zur Verfügung, die bei Bedarfen sofort einspringen können.
900 Bewerbungen auf freie Stellen bei den Bürgerdiensten – Chance für Bürokaufleute
Gelungen ist dies durch interne und vor allem externe Stellenausschreibungen. 900 Bewerbungen gingen ein, 100 Gespräche führten die Personalverantwortlichen. Der Schlüssel zum Erfolg: Nicht nur gelernte Verwaltungsangestellte, sondern auch Bürokaufleute konnten sich bewerben.
Um diese für die neue Aufgabe fit zu machen, hat das Team um Manfred Kruse und Elisabeth Böker von den Bürgerdiensten einen Trainingsbereich aufgebaut.
Zur Einarbeitung der neuen Mitarbeiter*innen haben die Bürgerdienste ein Konzept entwickelt, das neben Theorieschulungen auch praktische Schulungen in Form von Lerngruppen im Dienstleistungszentrum in der Innenstadt sowie das sogenannte „Skill-Based-Routing“ enthält.
Dabei werden Kundinnen und Kunden anhand ihrer Anliegen den Mitarbeiter*innen ihrem Kenntnisstand entsprechend zugewiesen. So können die neuen Beschäftigten ihr Wissen nach und nach vertiefen und erweitern und gleichzeitig schnellstmöglich bei der Kundenbedienung mitarbeiten. Dieses Konzept ist seit Jahresbeginn 2020 in der Umsetzung. Die Einarbeitung der ersten neuen Mitarbeiter*innen wird voraussichtlich Ende des ersten Quartals 2020 abgeschlossen sein.
Räumliche Trennung von Warteraum und Bearbeitungsbereich wirkt sich positiv aus
Zudem wurden, da sich die Aufgabenprofile und Kenntnisse für die Sachbearbeiter*innen unterscheiden, Einwohnermeldeamt und Führerscheinstelle getrennt. Dies sorgt ebenfalls für eine bessere und schnellere Personalzuweisung.
Doch für das neue Konzept brauchte es Platz, zumal die Luft bei den Bürgerdiensten im Stadthaus nicht nur knapp war, sondern es nicht nur sprichwörtlich „dicke Luft“ gab. Daher wurde das Fundbüro gegenüber verlagert, um dort einen neuen Wartebereich zu schaffen.
Durch die räumliche Trennung von Warte- und Bearbeitungsbereich ist die Situation entspannter und vor allem ruhiger. Außerdem gab es so Platz für die zusätzlichen Beschäftigten und den Trainingsbereich.
Veränderungen gibt es auch in den Bezirksverwaltungsstellen: Dort waren die Mitarbeiter*innen an den Infotheken bislang in Teilzeit tätig. Die Infokräfte können aufgrund des Aufgabenprofils nicht für alle Sachbearbeitungstätigkeiten eingesetzt werden. Sofern die Infokräfte nicht im Dienst sind, müssen Sachbearbeiter*innen von ihrer eigentlichen Arbeit abgezogen und an den Infotheken eingesetzt werden – zum Nachteil der eigentlichen Erledigung ihrer Arbeit.
Doch die Besetzung der Infotheken während der gesamten Öffnungszeiten hatte sich jedoch bewährt. Die Planstellen der Infokräfte in den Bezirksverwaltungsstellen wurden daher im Oktober 2019 auf Vollzeitstellen angehoben. Dadurch ist die Besetzung der Infotheken während der gesamten Öffnungszeiten durch Infokräfte gewährleistet.
Online-Angebote sollen Druck vor Ort reduzieren – alle Leistungen bleiben offline verfügbar
Außerdem hat die Stadt aufs Tempo gedrückt, um das Online-Serviceportal leistungsfähiger und attraktiver zu machen. Der Hintergedanke – neben der Serviceorientierung für die Nutzer*innen – war, durch die vermehrte Erledigung online den Andrang im Stadthaus und den Bezirksverwaltungsstellen zu reduzieren.
Bis 2022 – so schreibt es das Online-Zugangsgesetz vor – müssen mindestens 575 Dienstleistungen digital angeboten werden. Dafür muss Dortmund wie eigentlich alle Städte ein komplett neues Online-Serviceportal auf die Beine stellen.
Doch mit der Verbesserung wollte man nicht noch zwei Jahre warten. „Auch das bisherige System muss smarter und kundenfreundlicher werden. Das Dortmunder Systemhaus hat bereits geliefert – der Relaunch ist vonstatten gegangen. „Es ist keine Wunderwaffe und hält die Menschen nicht vom Warten vor Ort ab“, so Uhr.
Doch alle Leistungen werden auch zukünftig offline verfügbar bleiben. „Wir werden immer Menschen haben, die persönlich vorsprechen müssen oder wollen. Wir wollen aber mehr Menschen dazu bringen, es zu nutzen, um den Wartebereich zu entlasten“, betont der zuständige Dezernent. „Wir werden nicht mit einem Fingerschnippen alles leer bekommen. Aber manchem kann es den Gang zum Amt ersparen.“
Bisheriges Serviceportal ist bereits kundenfreundlicher und leistungsfähiger geworden
„Wir wollten die Seite aufhübschen und zeitgemäß machen – spätestens beim dritten Klick sollen die Nutzer*innen dahin gelangen, was sie suchen“, beschreibt Jörg Zilian vom Dortmunder Systemhaus (DoSys) die Aufgabenstellung.
Die bereits jetzt vorhandenen Onlineangebote können über das neue Serviceportal bzw. über die Startseite der Bürgerdienste abgerufen werden. Das Entscheidende: Sie sind leichter und schneller zu finden. Die Seite ist mittlerweile auch auf Mobilgeräten besser und sicherer nutzbar.
Außerdem haben die Macher*innen die angebotenen Dienstleistungen in sogenannten „Lebensleistungen“ gebündelt und jeweils die Top 3-Kategorien hervorgehoben, um mit einem Klick dort zu landen, erklärt Sedat Akar, Projektleiter im Dortmunder Systemhaus.
Wie wenig nutzerorientiert das alte System war, zeigte sich darin, dass zwar alle Dienstleistungen aufgeführt wurden, aber nicht unterschieden wurde, ob diese online verfügbar waren. Nun sehen Nutzer*innen auf den ersten Blick, was sie direkt am Computer oder Handy erledigen können. Die Online-Services werden zuerst aufgeführt, dann erst folgen auf der Internetseite die Vor-Ort-Services.
Die neue Terminvergabesoftware soll noch im ersten Quartal online gehen
Übrigens: Registrierte User können viel mehr Services in Anspruch nehmen. Die Registrierung ist leicht. In Kürze soll auch das „Service-Konto NRW“ eingebunden werden.
„Allerdings wird es auch zukünftig Leistungen geben, die kann man nicht digital in Gang setzen, wenn der Gesetzgeber das ausnimmt, zum Beispiel Personalausweis“, macht Norbert Dahmen deutlich. „Den gibt es auch künftig nicht digital – Onlinezugangsgesetz hin oder her. Das lässt der Gesetzgeber noch nicht zu.“
Doch andere Services sind künftig möglich – als nächstes kommen dazu: die Beantragung von Personenstandsurkunden, die Voranmeldung von Eheschließungen, der Trautermin-Kalender und natürlich i-Kfz. Darüber hinaus der Einsatz einer neuen Terminmanagement-Software, mit der die Terminvergabe deutlich erleichtert wird. Das soll noch im ersten Quartal starten.
Außerdem wurden Ende 2019 sämtliche Computer im Dienstleistungszentrum sowie in den Bezirksverwaltungsstellen gegen neuere, leistungsfähigere Geräte ausgetauscht und auf das Betriebssystem Windows 10 umgestellt. Die Mitarbeiter*innen haben bereits bestätigt, dass der Unterschied in der Geschwindigkeit von betriebssystemabhängigen Verfahren deutlich spürbar ist.
Urlaubsvorbereitung: Schon jetzt Gültigkeit von Reisepass und Personalausweis checken
Dennoch rät Norbert Dahmen dringend, sich schon jetzt darum zu kümmern, ob der Personalausweis oder Reisepass noch gültig ist. Denn – Verbesserungen hin oder her – zwischen Ostern und dem Beginn der Sommerferien ist der Andrang immer am größten…
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Thomas Langmann
Ich habe gerade die Online-Terimvereinbarung aufgerufen. Den ersten freien Termin im Stadthaus gibt es am 1. April.
Sieben Wochen Wartezeit ist noch nicht der große Durchbruch.