Die Zahl der Problemhäuser in Dortmund ist weiter rückläufig: Vor drei Jahren standen noch 165 Immobilien auf der Problemliste. Aktuell sind es noch 130 problematische Häuser. Die meisten davon gibt es in der Nordstadt (83). Die 47 anderen verteilen sich auf neun weitere Stadtbezirke – 20 davon in der Innenstadt-West und 16 in Eving.
Stadt verzeichnet deutliche Verbesserungen in der Nordstadt
„In der Nordstadt haben wir einen Schwerpunkt. Aber hier ist der gemachte Fortschritt auch am signifikantesten“, kommentiert OB Ullrich Sierau die positiven Entwicklungen. „2016 gab es eine Reihe von Eigentümerwechseln hin zum Besseren.“ Vor allem im Bereich des Nordmarktes gibt es viele Veränderungen.
Nicht nur städtische Ankäufe, sondern auch das Engagement von PrivateigentümerInnen und Wohnungsgesellschaften sorgen für deutliche Verbesserungen. Viele Immobilien sind bzw. werden gerade saniert. „Es gibt eine ganze Reihe von Einrüstungen in der Nordstadt. 2017 werden wir auf diesem Weg weitergehen“, so der OB.
Arbeitskreis Problemhäuser arbeitet in Dortmund seit dem Jahr 2008
„Anders als bei unseren Nachbarstädten ist bei uns der Arbeitskreis Problemhäuser bereits 2008 gegründet worden“, betont Ordnungsdezernentin Diane Jägers.
Der Arbeitskreis hat sich zum Ziel gesetzt, Immobilien mit besonderen Problemlagen stadtweit unter verschiedensten Aspekten zu analysieren, vor Ort zu kontrollieren und gegen festgestellte Mängel konsequent einzuschreiten.
Im Jahr 2016 ist der Arbeitskreis insgesamt elf Mal zusammengetreten. Unter der Leitung des Ordnungsamtes nehmen aktuell VertreterInnen des Rechts-, Sozial-, Jugend-, Gesundheits-, Umwelt-, Wohnungs- sowie des Stadtplanungs- und Bauordnungsamtes teil, ebenso wie die Bürgerdienste und die Feuerwehr.
Daneben sind mit EDG, Dortmunder Polizei, der DEW21/DONETZ, dem Finanzamt Dortmund-Ost und dem Jobcenter fünf externe Kooperationspartner regelmäßig beteiligt.
139 Kontrollen durchgeführt – EigentümerInnen wurden 263 Mängel aufgezeigt
In der Dortmunder Nordstadt wurden im Jahr 2016 insgesamt 139 Hauskontrollen in 95 Immobilien durchgeführt, dabei wurden 23 Objekte mehrfach aufgesucht. Bei den Kontrollen wurden 263 Mängel festgestellt, umfangreich dokumentiert und den zuständigen Fachbereichen zur weiteren Bearbeitung zugeleitet.
Bauordnungsrechtliche sowie Probleme bei Energie-, Wasser- und Stromversorgung waren zumeist die Gründe für die Hausbesuche. Von den Bürgerdiensten veranlasste Kontrollen wegen Fragen zur Anmeldung und Überbelegung gibt es mittlerweile deutlich weniger.
Denn die Stadt hat in den vergangenen Jahren eine Datenbank entwickelt und gefüttert. Wenn sich Menschen in den bekannten Problemhäusern anmelden, wird das mit der bisherigen Belegung und den dort zur Verfügung stehenden Quadratmetern abgeglichen und dann im Zweifelsfall eine Anmeldung verweigert. Die Bürgerdienste sehen sich dann vorher die Situation vor Ort an.
Verstärkte Verlagerung der Armutszuwanderung in Nachbarstädte
„Daher verzeichnen wir eine verstärkte Verlagerung in die Nachbarstädte“, zieht Jägers eine Zwischenbilanz. „Nicht alle wollen sich Hilfen zu Nutze machen. Eine kleinere Anzahl empfindet es ausgesprochen lästig – das fängt bei den Kontrollen zur Schulpflicht an“, so Jägers.
Ein „hohe Beobachtungsdichte“ nennt sie die zahlreichen Hilfs- und Beratungsangebote. Zudem stehen auch immer weniger Problemhäuser für prekäre Unterbringungen zur Verfügung. Dies könnten Gründe dafür sein, dass der Zuzug von ZuwandererInnen aus Südosteuropa stagniert.
„Wenn wir sie mit Sozialarbeit bedrohen, sind einige wieder weg“, kommentiert Sierau.„Es wird hochspannend, wenn die Städte weiter westlich sich geordnete Strukturen geben“, so Jägers.
Handlungsdruck in Duisburg und Gelsenkirchen ist höher als in Dortmund
Insgesamt ist es allerdings so, dass Dortmund bei weitem nicht die höchste Dichte von EU-ArmutszuwanderInnen aller Ruhrgebietsstädte hat. Aktuell leben 4500 Menschen aus Rumänien und 3500 aus Bulgarien in Dortmund – bei 600.000 EinwohnerInnen.
Duisburg hat zwar 100.000 Einwohner weniger, aber 18.000 Menschen aus Bulgarien und Rumänien. Und Gelsenkirchen hat weniger als die Hälfte der EinwohnerInnen von Dortmund, aber mindestens genauso viele ArmutszuwandererInnen.
Doch bevor die falschen Schlüsse gezogen würden: „Ich spreche keinen Generalverdacht aus“, so der OB. Die Selbsthilfeorganisationen und die Hilfsangebote zeigten auch, „dass es viele Menschen in Dortmund gibt, die sich hier ein neues Leben aufbauen wollen – ohne Sozialbetrug“ oder andere Hintergedanken. „Sie sind bei Schule, Ausbildung und Arbeit hinterher.“
Sanierung statt Abriss von Problemhäusern bleibt die Devise für Dortmund
Dortmund sei in diesem Feld gut aufgestellt – anders als die Nachbarstädte. „Bei den Kollegen gibt es oft noch nicht mal eine Datenlage dazu und im Prinzip auch kein Konzept dagegen“, verdeutlicht Sierau.
„Wir sind auch nicht diejenigen, die ganze Straßenzüge abbrechen wollen, um dem den Boden zu entziehen. Wir nehmen die Gebäude lieber unter unsere Fittiche. Andere wollen Geld, um Gebäude abzubrechen und wir wollen Geld, um ein lebendiges Quartier zu erhalten.“
Neue Möglichkeiten dafür soll auch ein neues von Bund und Land finanziertes Modellprojekt schaffen, erklärt Planungsdezernent Ludger Wilde. Es hat den Ankauf von Problemimmobilien zum Ziel – entweder um diese wie in Duisburg abzureißen oder in Dortmund zu erhalten und zu ertüchtigen.
Das Programm will 95 Prozent der sogenannten „unrentierlichen Kosten“ finanzieren. Wenn es gut läuft, gibt es meist nur 70 Prozent, in der Nordstadt 90 Prozent Zuschuss. „95 Prozent ist ein Satz, wo es lohnt, darauf zurückzugreifen“, betont Wilde. „Wir wollen daher mit dem Topf einige Häuser kaufen.“
Abriss des „Horrorhauses“ in der Kielstraße bleibt aber erklärtes Ziel
Apropos kaufen und abreißen: Beim „Horrorhaus“ in der Kielstraße 26 wähnt sich die Stadt endlich auf der Zielgeraden. Zum Jahresende ist die Stadt im Besitz von drei Vierteln der der 102 Wohnungen.
Doch ein Abriss des Punkt-Hochhauses wird erst möglich, wenn sie wirklich alle Einheiten gekauft haben. „Wir sind gedämpft zuversichtlich, dass das zeitnah gelingt. An einen Abriss in 2017 mache ich aber ein Fragezeichen“, so Wilde.
Die Skepsis ist berechtigt. Seit mehr als zehn Jahren bemüht sich die Stadt darum, in den Besitz des Hauses zu kommen, um es abzureißen. Dieses Vorhaben wird aus einem Stadtumbautopf des Landes mit einer 90-Prozent-Förderung finanziert.
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