#SaveTheUnderground: Club auf Phoenix-West ruft zur Unterstützung auf

Der „Tresor West“ kämpft um seine Zukunft: Freier Eintritt für den Erhalt der Clubkultur in Dortmund

Tresor West
Der Tresor West ist fester Bestandteil der Clubszene in Dortmund und lebt von Underground Techno und einer offenen Community. Foto: Matthias Spiewok

Die Clubszene steht unter Druck: Ein massives Clubsterben bedroht die kulturelle Vielfalt in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus. Laut einer aktuellen Umfrage der Live-Initiative NRW (LINA) sehen sich 77 Prozent der Clubs in NRW mit existenziellen finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert oder erwägen sogar eine Schließung. Auch der Tresor West ist von dieser Krise betroffen. Als Reaktion auf diese Herausforderungen startet der Tresor West im Januar 2025 ein innovatives Konzept, um den Clubbetrieb langfristig zu sichern: die Community Nights. Die erste Veranstaltung fand bereits statt. Für den 18. und 25. Januar, jeweils um 23 Uhr, sind weitere angekündigt.

„Uns geht es nicht gut“: Finanzielle und strukturelle Herausforderungen

„Die Lage ist ernst“, sagt Leonard Raffel, Mitbetreiber des Tresor West. „Wir kämpfen gegen eine Kombination aus gestiegenen Energiekosten, sinkender Kaufkraft der Gäste und fehlender Förderung.“ Besonders bitter sei, dass zugesagte Fördergelder in der Pandemie nicht nur gekürzt, sondern teils sogar zurückgefordert wurden: „Wir gehen aktuell juristisch dagegen vor, denn das ist ein Skandal.“

Tresor West Dortmund
Der Tresor West steht vor finanziellen und strukturellen Herausforderungen. Foto: Matthias Spiewok

Sinam Hüls, der als Booker das Team ergänzt, berichtet: „Ohne nachhaltige Unterstützung von Stadt, Land und Bund wird es schwer. Die Politik erkennt zwar den Wert von Clubkultur, aber in der Realität kommt wenig bei uns an.“ So gebe es zwar kleinere Fördertöpfe wie die „Initiative Musik“ oder „Neue Künste Ruhr“, doch langfristige Sicherheiten fehlen.

„Wir haben in den vergangenen Jahren alles gegeben, um den Ansatz eines authentischen Undergrounds zu bewahren. Jetzt hoffen wir, dass der Underground uns rettet. Gemeinsam mit der Community möchten wir neue Wege gehen und den Clubbetrieb zukunftsfähig gestalten. By the community, for the community“, erklären sie im Interview.

Auswirkungen der Corona Pandemie und der Wandel der Clubkultur

Die Pandemie hat die Clubszene nachhaltig verändert: „Seit Corona gibt es eine Generation, die elektronische Musik oft nicht im Club, sondern über soziale Medien kennengelernt hat“, erklärt Hüls. Das führe dazu, dass das Nachtleben für viele weniger um die Musik und mehr um die Inszenierung der DJs geht.

Tresor West
Der Weg zum Tresor West (hier noch bei Tag): Dunkles Industriegebiet, raues Ambiente – hier beginnt der Puls des Dortmunder Undergrounds. Foto: Matthias Spiewok

Gleichzeitig seien die Kosten für die DJs stark gestiegen, während die Kaufkraft der Gäste sinkt. „Es gibt im Moment mehr DJs als Gäste“, warnt er.

Doch die Herausforderungen gingen über Corona hinaus: „Wir haben strukturelle Probleme in Dortmund“, sagt Hüls. Ein Beispiel sei das Fehlen einer Nachtbuslinie, die den Club mit dem Hauptbahnhof verbindet.

„Wir haben bei der Stadt nachgefragt, ob es eine Verbindung geben könnte – wenigstens einmal die Stunde. Gerade aus Sicherheitsgründen und fürs Wohlbefinden aller wäre das wichtig, da der Club in einem dunklen Industriegebiet liegt“, ergänzt Raffel.

Konzeptveränderungen unter dem Motto „Von Dortmunder:innen für Dortmunder:innen“

Im Rahmen des Community January setzt der Tresor West auf ein neues, gemeinschaftsorientiertes Modell, das einem authentischen Underground-Konzept folgt:

  • Eine Metalltür, umrahmt von Beton und Backstein, markiert den Eingang zum Tresor West. Neonlichter verleihen der industriellen Umgebung einen geheimnissvollen Charme. Foto: Matthias Spiewok

    Freier Eintritt: Anstelle der üblichen Eintrittspreise können Gäste die Community Nights kostenfrei besuchen. Der Club möchte damit ein klares Signal setzen, dass Ausgehen kein Luxus sein darf, sondern für alle zugänglich bleiben muss.

  • Unangekündigte Line-ups: Der Fokus liegt auf ambitionierten, lokalen DJs und Crews, die den authentischen Underground-Charakter des Clubs verkörpern. Artists werden vor den Veranstaltungen nicht angekündigt, um sich vom „Headliner-Hunting“ zu entkoppeln und Raves wieder „back-to-the-roots“ zu gestalten.
  • Regionale Vernetzung: Der Tresor West richtet sich verstärkt an die lokale Community im Ruhrgebiet und lädt ein, gemeinsam das kulturelle Wohnzimmer der Region zu gestalten.

Damit das Konzept aufgeht, hofft der Tresor West auf die Solidarität der Besucher:innen. Neben  dem Kauf von Merchandise, bei dem der Erlös direkt in den Erhalt des Clubs fließt, erhoffen sich die Betreiber auch Umsatz bei den Getränken, die einen Teil der Betriebskosten decken sollen.

Die Vision dahinter ist klar: „Wir wollen wieder zu den Wurzeln des Undergrounds zurück. Raves sollen nicht von Hypes, sondern von Gemeinschaft geprägt sein“, erklärt das Team des Tresor West.

Langfristige Ziele: Nachhaltige Clubkultur und lokale Förderung

Die Betreiber wollen nicht nur die finanzielle Stabilität des Clubs sichern, sondern auch eine Basis für die lokale Techno-Szene schaffen. „Wir wollen jungen, ambitionierten Künstler:innen eine Plattform bieten“,sagt Hüls. „Es geht darum, Künstler:innen statt Influencer:innen zu fördern. Im Januar werden zu 90 Prozent Dortmunder Künstler:innen spielen.“

Der Tresor West plant zudem, seine beliebten Afterhour-Events ab Mai weiterzuführen. „Sonntagmorgens ab 8 Uhr bis open end – es waren die besten Partys auf denen ich je war“, sagt Raffel. Doch der langfristige Erfolg hängt stark von externer Unterstützung ab. „Wir brauchen Fördermaßnahmen, die uns eine Perspektive geben“, betont Raffel. „Die Clubkultur ist nicht nur ein wichtiger Teil der lokalen Kultur, sondern auch ein wirtschaftlicher Faktor.“

„Wenn der Tresor West schließt, hinterlässt das verbrannte Erde“

Die Betreiber sind sich einig, dass das Ende des Tresor West weitreichende Folgen hätte-„Der Club ist nicht nur ein Zuhause für Gäste, sondern auch für die 22 Menschen, die hier arbeiten“, sagt Hüls. „Es geht um Existenzen, aber auch um eine musikalische Heimat.“

Tresor West
Die Kombination aus industrieller Ästhetik und modernem Clubdesign macht den Tresor West zu einem einzigartigen Ort der Dortmunder Clubszene. Foto: Matthias Spiewok

Raffel fügt hinzu: „Ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn unser Wohnzimmer verschwindet. Es würde die lokale Clubkultur zerstören.“ Die Schließung könnte auch junge Menschen dazu bringen, die Stadt zu verlassen. „Es gibt so viele, die sagen, dass sie wegen des Nachtlebens bleiben – oder eben gehen.“

Hüls sieht den Erhalt der Clubkultur als entscheidend für die Zukunft Dortmunds: „Ein pulsierendes Nachtleben ist der einzige Weg, junge Leute hierzubehalten.“

Die Stimmung des Teams lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Wenn der Tresor West schließt, hinterlässt das verbrannte Erde.“

Mit dem von Raffel ins Leben gerufenen Hashtag #SaveTheUnderground ruft der Tresor West seine Community zur Unterstützung auf. „Wir kämpfen mit voller Überzeugung für den Tresor West und die Clubkultur“, sagt Raffel abschließend. „Es geht um unsere Werte, unsere Stadt und die Zukunft des Undergrounds.“


Nordstadtblogger hat zu dem Thema auch mit der Stadt Dortmund und der Live-Initiative NRW (LINA) gesprochen. Mehr dazu im nächsten Text.


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