Zum Tag der Menschenrechte lud Amnesty International, unterstützt von der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft und den Ballettfreunden Dortmund e. V., zu einem Gesprächsabend in die Auslandsgesellschaft. In der Reihe China und Menschenrechte, die zum dritten Mal seit 2010 stattfand, stand Dortmunds Ballettchef Xin Peng Wang der WDR-Journalistin Dr. Marion Grob, Rede und Antwort. Aktueller Anlass der Diskussion ist das Ende Oktober in Hongkong aufgeführte Stück „Traum der Roten Kammer“. In Kooperation mit dem Hongkong Ballett und dem Dortmunder Team um Xin Peng Wang war die tänzerische Adaption eines klassischen chinesischen Gesellschaftsroman aus dem 18. Jahrhundert zu sehen. Die Produktion wurde im Rahmen des „Hongkong Dance Festivals“ aufgeführt.
Klassischer chinesischer Gesellschaftsroman wurde um Szenen aus der jüngsten Geschichte Chinas ergänzt
Die Geschichte um Aufstieg und Fall einer chinesischen Aristokratenfamilie ist einer der vier klassischen Romane Chinas und heute noch sehr populär in dem asiatischen Land. Die örtlichen Politiker gingen wohl davon aus, das der Choreograph bei der Erarbeitung des Stoffes in der Vergangenheit verbleiben würde. „Ballett muss mit meinem Leben zu tun haben“, erklärt Xin Peng Wang seine Intention die Gegenwart in das Stück mit einzubeziehen. „Ich fragte mich immer, was ist meine Figur in diesem Roman.“ 1989, einen Tag nach der Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung, flog der Mann nach Deutschland, bekam an der Essener Folkwangschule ein Stipendium. Seitdem ist Deutschland sein Zuhause.
Szenen und Videosequenzen wurden schon in der zweiten Aufführung gestrichen
„Menschen wollen Freiheit, damals wie heute, der Roman von der Roten Kammer fragt: Was ist Recht, was ist Freiheit?“ Nach der erfolgreichen Premiere mit stehenden Ovationen, ungewöhnlich für ein chinesisches Publikum, stürmten Politiker und Offizielle hinter die Bühne und beschwerten sich heftig über die Darstellung der Kulturrevolution und die Videosequenzen über die Ereignisse auf dem Platz des himmlischen Friedens in Peking 1989 im dritten Akt. Schon in der nächsten Aufführung wurde dieser Teil Stückes zensiert. Technische Probleme wurden als Begründung genannt. Ganze Szenen und die Videosequenzen wurden gestrichen, Kostüme verändert und aus den roten Armbinden der Volksarmisten wurden Grüne. „China war auf einmal grün“, schüttelt Xin Pen Wang den Kopf. Verständnislosigkeit ob der Zensur auch beim Publikum, dass besagten Akt im Video sehen konnte. Ein Beispiel dafür wie weit sich die Kontrolle Chinas auf die ehemalige britische Kronkolonie ausgedehnt hat.
Einfluss auf die Meinungsfreiheit auf Hongkong durch die Zentralregierung wird stärker
Seit 1997 ist Hongkong unter chinesischer Staatshoheit, eine Sonderverwaltungszone unter Beibehaltung des kapitalistischen Wirtschaftssystems und hoher innerer Autonomie. Die Zensur führte jedoch zu heftigen Protesten der Medien in der Weltmetropole und im Ausland, die weitere Einschnitte der Meinungsfreiheit in der Stadt befürchten. Zur Zeit laufen die Aufführungen in Hongkong wieder in voller Länge.
Eigentlich kam Xin Pegn Wang, der seit 2003 am Dortmunder Ballett tätig ist, durch Zufall zur Inszenierung des Stücks. Ein Dramaturg am heimischen Theater schlug vor, zu seinem zehnjährigen Jubiläum ein chinesisches Thema zur Aufführung zu bringen. Voraussichtlich wird der „Traum der roten Kammer“ in der nächsten Spielzeit auch wieder in Dortmund zu sehen sein.