tonbande e.V. sucht nach einer neuen Räumlichkeit in der Nordstadt

Der Rekorder schließt Anfang 2024: Zehn Jahre Kultur von der und für die Subkultur in Dortmund

Im Rekorder an der Gneisenaustraße werden regelmäßig Partys gefeiert. Foto: Rekorderarchiv

Ein enormer Verlust für die Nordstadt und die Dortmunder Kulturszene: Nach über 10 Jahren ehrenamtlicher Arbeit wird der Rekorder Anfang des kommenden Jahres seine Türen schließen müssen. Nun ist das Team auf der Suche nach einer neuen Räumlichkeit. Im Gespräch mit Nordstadtblogger.de gibt das Rekorder-Team des tonbande.e.V. Einblicke in die aktuelle Situation.

Das „Jugendzentrum für Erwachsene“: Ein Kultur- und Veranstaltungsort der Subkultur

Seit seiner Eröffnung im Jahr 2013 entwickelte sich der Rekorder in der Gneisenaustraße 55 am Dortmunder Hafen schnell zu einer festen Größe der Kulturszene. Das ehrenamtliche Organisationsteam veranstaltet seitdem wöchentlich Partys, Konzerte und andere Kulturveranstaltungen. „Wir sind ein Raum für Menschen, die sich in konventionellen Clubs nicht wohlfühlen“, erklärt das Team.

Im Eingangsbereich hängen Fotos der Opfer des rechtsterroristischen Anschlags in Hanau. Foto: Paulina Bermúdez

Die Räumlichkeit, die trotz des Wohnzimmer-Looks eine Clubatmosphäre innehat, bot in den vergangenen Jahren vor allem lokalen Künstler:innen und Kollektiven eine Bühne und einen Rückzugsort. Ein Mensch aus dem Team sagt schmunzelnd: „Der Rekorder ist ein Jugendzentrum für Erwachsene.“ Der Rekorder versteht sich als politischer Kulturort.

Immer wieder finden auch Kooperationen mit anderen Kunst- und Kulturlokalitäten und Kollektiven statt. Zuletzt fand im Rekorder die Aftershow-Party nach der Eröffnung der Ausstellung „emerging artists“, auf der uzwei im Dortmunder U-Turm, statt.

Das Rekorder-Team beklagt die zunehmende Gentrifizierung im Hafenviertel

Mehr oder weniger überraschend kündigte nun der Vermieter die Räume. Im Vorfeld hatte es bereits immer wieder Versuche gegeben, den links-alternativen Kulturort aus der Immobilie zu drängen. Doch nicht nur der Rekorder erhielt diesmal eine fristgerechte Kündigung, auch angrenzende Läden in der Feldherrnstraße müssen schließen.

Der Rekorder befindet sich derzeit inmitten eines Wohngebiets. Foto: Rekorderarchiv

Für das Rekorder-Team ist das ein Ausdruck der Gentrifizierung im Dortmunder Hafenquartier. Das Kollektiv bemängelt, dass sich immer weniger Orte der Alternativ- und Subkultur in Dortmund halten könnten und gerade am Hafen eben jenes Leben zu verschwinden drohe.

„Der Vermieter hatte uns eigentlich ein zeitnahes Gespräch zugesichert, bei dem die Anwohner:innen über die Entwicklung des Quartiers an der Gneisenau- Ecke Feldherrnstraße informiert werden sollten“, berichtet das Rekorder-Team.

Zu dem Gespräch sei es jedoch bis dato nicht gekommen, die Kommunikation mit der Vermögens-Verwaltungs-Gesellschaft sei ohnehin schwierig und funktioniere nur schleppend. Dem Rekorder-Team bleibt deshalb nur das kursierende Gerücht über die Entstehung eines Rewe-Supermarkts.

Ehrenamtliches Engagement: Das Team steht vor neuen Herausforderungen

Im Rekorder finden auch Tischtennis-Abende statt. Foto: Rekorderarchiv

„Natürlich stand nach Erhalt der Kündigung auch kurzzeitig die Frage im Raum, ,Machen wir das weiter?’“, verrät ein Mensch aus dem Rekorder-Team. In den vergangen Jahren sei das Team ja nun auch immer älter geworden und die zeitintensive ehrenamtliche Arbeit sei neben einem Vollzeit-Job nur mit großem Engagement zu leisten.

Derzeit sprenge der Aufwand jedoch den ehrenamtlichen Rahmen: „Wir halten bis März den regelmäßigen Betrieb aufrecht – dazu zählen neben Partys auch Buchhaltungs- und Steuerarbeit -,  beschäftigen uns mit dem baldigen Ende des Rekorders in der Gneisenaustraße und suchen nach einer neuen Räumlichkeit.“

Gleichzeitig hat das Rekorder-Team den Anspruch an sich selbst, sich stetig weiterzuentwickeln – vor allem im Bereich „Clubkultur“ und „Awareness“.

Auch die Toiletten im Rekorder sind genderfreundlich. Foto: Paulina Bermúdez

„Wir wollen uns weiterentwickeln. Wir beschäftigen uns mit Sachen, mit denen wir uns vor zehn Jahren noch nicht auseinandersetzt haben“, sagt ein Mensch aus dem Rekorder-Team bestimmt. Mittlerweile sei das Team an einem Punkt, wo keine Party mehr ohne ein Awareness-Team stattfindet.

Darüber hinaus verfügt der tonbande e.V., der Verein hinter dem Rekorder, über einen zweiten Raum, den „Rekorder II“. Dieser liegt eine Parallelstraße vom „Rekorder I“ entfernt, in der Scharnhorststraße.

Die wesentlich kleinere Räumlichkeit bespielt das Rekorder-Team zum Teil selbst, die Fläche kann aber auch für (private) Ausstellungen und Workshops temporär angemietet werden. Nun muss das Rekorder-Team aber auch hier umdisponieren, denn die Miete für den „Rekorder II“ muss nun ohne den erlösbringenden „Rekorder I“ weiterfinanziert werden.

Appell an die Stadt Dortmund: Konkrete Taten sollen nun folgen

Der neue Rekorder muss party- und veranstaltungsfreundlich sein. Foto: Rekorderarchiv

Trotz all der vielschichtigen Baustellen hat die aktuelle Situation auch ihre guten Seiten. „Die Resonanz der letzten Wochen hat uns gut getan und motiviert uns“, resümiert das Rekorder-Team. Neben den Reaktionen aus der Zivilgesellschaft freut es sich besonders über das Interesse der Stadt Dortmund. „Wir appellieren jetzt an die Stadt Dortmund, dass ganz konkrete Taten auf Zusagen und Fürsprechungen folgen“, so das Team.

Die Suche nach einer neuen Lokalität gestaltet sich nicht ganz einfach, denn konkret muss der neue Ort einigen Rahmenbedingungen entsprechen: Der neue Rekorder soll sich ebenfalls im Dortmunder Norden befinden und gut an die öffentlichen Verkehrsmittel angebunden sein. Da im Rekorder regelmäßig Tanzveranstaltungen stattfinden muss die neue Immobilie auch nachts bespielbar sein, im besten Fall nicht mitten in einer Wohngegend. Insgesamt sollte die Räumlichkeit eher eine Clubatmosphäre haben.

Der Rekorder erinnert an ein Wohnzimmer. Foto: Rekorderarchiv

„Wenn wir uns etwas wünschen könnten, dann, dass wir am Hafen bleiben und in regelmäßigen Abständen laute Tanzveranstaltungen in Kooperation mit verschiedensten Kollektiven organisieren können“, träumt das Rekorder-Team laut.

Ein kleiner Verein habe zwar seine Nachteile, das Team beruft sich aber auf einen konkreten Vorteil: „Dadurch, dass wir klein sind können wir uns schnell und agil auf neue Settings einstellen.“ Vorschläge für einen neuen Raum nimmt das Rekorder-Team gern entgegen.


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