Der Platz von Amiens ist vielen in der Stadt schon lange ein Dorn im Auge: Drogenhandel und andere kriminelle Aktivitäten prägen die Fläche zwischen der Kampstraße und dem Museum für Kunst und Kulturgeschichte. Nun sollen Zäune Abhilfe schaffen, auch um zukünftig geschlossene Veranstaltungen anbieten zu können.
Innenhof-Flair statt Durchgangscharakter
Der rund 5400 Quadratmeter große Platz soll zukünftig durch ein begrüntes Tor an der Nordseite und ein Rolltor an der Südseite (Zugang Kampstraße) eingeschlossen werden. Diese Pläne stellte die Chefin der Dortmunder Wirtschaftsförderung, Heike Marzen nach der City-Runde mit dem Oberbürgermeister vor.
Aktuell biete der Platz wenig Aufenthaltsqualität – unter anderem wegen krimineller Aktivitäten, Ruhestörungen, Vandalismus und Müll. „Diese Situation würde sich verbessern“ so Marzen. Außerdem erhoffe man sich ein höheres Sicherheitsempfinden der Besucher:innen.
Bunte Blumenkästen und eine „grüne Wand“ in Form eines begrünten Tores auf der Nordseite sollen nun für „Innenhof-Flair“ sorgen. Zukünftig können Kunst- und Kulturveranstaltungen sowie kostenpflichtige Events in einem geschlossenen Rahmen stattfinden. Auch die Außengastronomie gewinne an Attraktivität, erklärt die Stadt.
Kritik kommt von Obdachloseninitiative „Schlafen statt Strafen“
Als gutes Beispiel, was auf dem Platz möglich ist, nennt Heike Marzen das Hip-Hop- und Skateevent im vergangenen Februar. Unterstützt wurde die Aktion vom städtischen Nachtbeauftragten und den „Dortmund Guides.“ Ob die Vorhaben der Stadtverwaltung tatsächlich so umgesetzt werden können, muss nun der Rat im September entscheiden.
Das Vorhaben stößt aber auch jetzt schon auf Kritik. Die Obdachloseninitiative „Schlafen statt Strafen“ findet: „Wir sind irritiert über die geplante Abriegelung des Platzes von Amiens. Eigentlich sollte die Stadt Dortmund doch inzwischen gelernt haben, was in der Wissenschaft und der Erfahrung der letzten Jahrzehnte nach Allgemeinwissen ist: Soziale Probleme können nur durch soziale Ansätze gelöst werden“, so Anna Flaake, Pressesprecherin der Initiative.
„Das Abriegeln des Platzes ist das Gegenteil nachhaltigen Handelns, Probleme werden lediglich verlagert. Und nachher wundert man sich wieder, dass die Innenstadt unattraktiv ist und weniger Menschen anzieht. Die Konzepte von vor 50 Jahren ziehen einfach nicht mehr, attraktive Innenstädte brauchen mehr als nur austauschbaren Konsum. Die Umgestaltung des Platzes von Amiens mit mehr Grün war ein erstes zaghaftes Schrittchen, die Innenstadt attraktiver zu machen“, so Flaake.
„Warum man das wieder zunichte machen will, indem man alles absperren möchte, wird wohl das Geheimnis der Stadt Dortmund bleiben. Darüber hinaus war der Platz von Amiens in den letzten Jahren, vor allem im Winter, immer ein Rückzugsort für obdachlose Menschen, die dort ihre Schlafplätze hatte. Die Abriegelung, generell die Entfernung von sozialen Räumen aus der Innenstadt, führt zu einer weiteren Verschärfung der prekären Lage von obdachlosen Menschen und ist schon aus diesem Grund fatal“ so die Sprecherin weiter.
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Platz von Amiens – Zaun ist keine Lösung (PM Die Linke+)
Im Ausschuss für Mobilität, Infrastruktur und Grün sowie im Finanzausschuss steht es wieder auf der Tagesordnung: den Platz von Amiens durch einen Zaun abzuriegeln und dem Zugang der Öffentlichkeit zu entziehen. Das Thema hat schon Wellen geschlagen, schließlich waren die städtischen Ideen bereits im Sommer in der örtlichen Presse nachzulesen. „Und bei dieser Lektüre habe ich mich doch etwas gewundert“, sagt Sonja Lemke, Ratsmitglied der Fraktion DIE LINKE+. Denn berichtet wurde, dass die Stadt Dortmund den Platz schließen wolle. „Ein Rolltor, ein Zaun, und plötzlich steht ein großer öffentlicher Platz den Menschen in Dortmund nicht mehr zur Verfügung“, sagt Sonja Lemke. „Das kann doch nicht sein.“
Doch damit nicht genug. Auch ein direkter Verbindungsweg zwischen der Kampstraße und dem Hauptbahnhof würde den Fußgänger*innen bei einer Umsetzung der Pläne weggenommen. „Zudem würde sich die Stadt selbst beschneiden“, wundert sich Sonja Lemke. „Das neue Technische Rathaus soll ja in direkter Nachbarschaft im alten RWE-Tower angesiedelt werden. Auch die Beschäftigten und Besucher*innen müssten für den Weg in die Innenstadt einen Umweg in Kauf nehmen.“
Und noch ein weiterer Dortmunder Akteur würde unter der Schließung des Platzes leiden: Die Dortmund Guides stehen regelmäßig in der Unterführung an der Kampstraße. „Dort haben sie einen regen- und windgeschützten Ort, an dem sie ansprechbar sind“, so Sonja Lemke: „Die Dortmund Guides sind der richtige Weg, die City attraktiver und sicherer zu machen. Es geht nicht, dass auch sie vertrieben werden.“
„Der Platz von Amiens ist sicher nicht der schönste Ort in Dortmund, aber er ist okay. Und er ist längst nicht so gruselig, wie er in den Medien dargestellt wird“, meint Sonja Lemke. Durch die Aufstellung der Blumengebinde und farbliche Verzierungen sei schon eine Verbesserung erzielt worden. Doch leider sei der Platz recht dunkel – und damit ein Angstraum. Aber diesen Zustand könne man mit einer besseren Beleuchtung recht einfach ändern, meint Sonja Lemke.
Nicht so leicht zu lösen sei die Drogenproblematik. Denn Drogendealer schätzen den dunklen Platz von Amiens durchaus. Sonja Lemke: „Dennoch können wir nicht einen öffentlichen Platz abriegeln und Probleme einfach einzäunen. Eine solche Maßnahme würde den Drogenhandel nicht beenden, sondern lediglich in einen anderen Bereich verlagern.
„Soziale Probleme lassen sich nicht durch einen Zaun lösen. Wir sehen das in Dortmund bereits im Keuning-Park. Auch dort ist dieses Konzept gescheitert. Und die Menschen, die zur Stadtbahn-Haltestelle wollen, müssen dort wegen des errichteten Zauns einen Umweg in Kauf nehmen. Das sollten wir am Platz von Amiens nicht wiederholen.“
Das Gleiche gelte für die obdachlosen Menschen, die den windgeschützten Platz von Amiens gerade in den Wintermonaten zum Schlafen nutzen. „Wegen eines Zauns wird es keinen einzigen Obdachlosen weniger geben in Dortmund. Die Betroffenen würden sich nur notgedrungen einen anderen, unsichereren Schlafplatz suchen“, sagt Sonja Lemke.
Für Sonja Lemke steht deshalb fest: „Kein Zaun. Kein Rolltor. Stattdessen erwarten wir ein besseres Lichtkonzept und gerne noch ein paar weitere vernünftige und realisierbare Vorschläge, wie man dem Platz von Amiens dauerhaft eine bessere Aufenthaltsqualität schenken kann.“ So wie es übrigens im „Masterplan Plätze“ von der Politik schon längst festgelegt wurde.