Das Drogenproblem in der Dortmunder Nordstadt verschiebt sich nur

Der Kinderspielplatz an der Zimmerstraße ist auch bei Drogenkonsument:innen beliebt

Lachgas-Kartuschen sind kein seltener Anblick auf dem Spielplatz an der Zimmerstraße. Nach dem Konsum landen sie oft einfach im Gebüsch. Foto: Matilda Buchmann für Nordstadtblogger.de

An der Zimmerstraße in der Nordstadt gibt es ein Drogenproblem, und zwar auf dem Kinderspielplatz auf der Ecke zur Priorstraße. Besonders die Steinmauer am südlichen Eingang ist „Dreh- und Angelpunkt“ für die Konsument:innen, die sie als Tresen, Sitzfläche und Treffpunkt nutzen. Ilona Pusch wohnt direkt gegenüber und beobachtet den Konsum schon seit Jahren.

Die konsumierenden Personen wandern stets von Ort zu Ort

Angefangen habe das Ganze mit der 2021 eingeführten Videoüberwachung in der Münsterstraße: „Bis dahin waren wir hier eine ruhige Nebenstraße“, erzählt Pusch. „Ab dem nächsten Tag war die Drogenproblematik dann bei uns.“ Dabei geht es nicht nur um Lachgas, sondern auch andere Drogen, die zum Beispiel geraucht werden.

Zuvor standen hier eine Steinmauer und drei Blumenkübel, die wegen des Drogenkonsums entfernt oder durch einen Zaun ersetzt wurden. Foto: Matilda Buchmann für Nordstadtblogger.de

Die Konsument:innen sind stets die gleichen Verdächtigen: Eine Gruppe von etwa zwölf Personen verbringen seitdem morgens und abends ihre Zeit auf dem Spielplatz und dealen ebenfalls. „Das ist ein sehr reger Betrieb“, beschreibt die Anwohnerin. „Und da muss man dann reagieren.“

Anfangs war der Stammplatz der Gruppe noch eine andere Steinmauer als die momentane – diese wurde aber auf Hinweis von Pusch von der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord durch Metallzäune ersetzt. Daraufhin zog sie wenige Meter weiter: Drei große Blumenkübel eigneten sich besonders gut, um im Efeu die Drogen zu verstecken und den Müll zu entsorgen. Die Kübel wurden dann allerdings ebenfalls entfernt.

„Ein befremdlicher Anblick“: Neben spielenden Kindern wird morgens und abends konsumiert

Jetzt sitzt die Gruppe auf der nächsten Steinmauer und konsumiert bereits frühmorgens: „Dann wird dort Lachgas konsumiert und die Kinder gehen an ihnen vorbei zur Schule“, so Pusch. Und auch abends sind die Konsument:innen wieder da – in der Präsenz von noch spielenden Kindern.

Seit einiger Zeit sitzen die Konsument:innen vor allem auf dieser Steinmauer am Spielplatz-Eingang. Foto: Matilda Buchmann für Nordstadtblogger.de

„Das ist ein sehr befremdlicher Anblick, links sind die Konsumenten und rechts schaukeln die Kinder“, klagt Pusch. Dazu kommt, dass die Gruppe sich teilweise auch über den Spielplatz hinweg verteilt und sich an der Tischtennisplatte oder bei den Bänken neben den Spielgeräten aufhält.

Aber besonders an dem Stammplatz, der Steinmauer, zeigt sich durch den ständigen Konsum noch ein anderes Problem. Die leeren Lachgas-Kartuschen landen im Gebüsch und gesellen sich somit zu dem anderen herumliegenden Verpackungsmüll. Ilona Pusch als Abfallpatin der EDG nimmt dieses Problem besonders stark wahr, aber auch ihre Nachbar:innen würden sich aufregen: „Ein bisschen Wohnqualität will man auch noch haben“, beschwert Pusch sich.

Anrufe bei der Polizei und regelmäßige Kontrollen – scheinbar ohne bleibenden Erfolg

Die Anwohnerin wurde selbst aktiv, um das Drogenproblem auf dem Spielplatz zu bekämpfen. Vor ihrem Hauseingang installierte sie Bewegungsmelder, damit die Personen sich nicht vor dem Gebäude aufhalten. Zusätzlich hat sie schon öfter die Polizei gerufen und auch schon Gespräche mit der Polizeiwache Nord geführt.

Die Polizei und das Ordnungsamt werfen nun regelmäßig einen Blick auf die Straße und den Spielplatz – ab und zu kommt es zu einem Platzverweis, wobei die verwiesenen Konsument:innen aber stets wiederkommen. Und auch um den Spielplatz herum ist die Gruppe präsent – sie stehen und konsumieren beispielsweise vor den anliegenden Läden. „Ich habe das Gefühl, dass die Polizei da nichts macht“, erzählt ein Besitzer.

Auf Anfrage der Nordstadtblogger erklärt die Polizei Dortmund: „Auf dem Kinderspielplatz an der Zimmerstraße gab es in den letzten drei Monaten fünf Einsätze, dabei spielte Lachgas allerdings keine Rolle.“ Dennoch: Auch wenn der Konsum dieser Droge grundsätzlich nicht strafbar ist, sieht die Polizei vor allem die kurzzeitig ausgelösten Rauschzustände sehr kritisch.

Der Stammplatz „Steinmauer“ soll nun gegen einen Zaun ausgetauscht werden

Zuletzt hatte sich Ilona Pusch im Juni erneut über den Konsum auf dem Spielplatz bei der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord beschwert. Ihr Vorschlag: Die besagte Steinmauer gegen den normalen Metallzaun austauschen. Der Vorschlag wurde schließlich bei der letzten Bezirksvertretung angesprochen und diskutiert.

Demnächst steht hier dann nicht mehr die Steinmauer – der Metallzaun soll dafür erweitert werden. Foto: Matilda Buchmann für Nordstadtblogger.de

Brigitte Jülich von der SPD-Fraktion stimmt dem Vorschlag zu, genauso wie Marko Unterauer der Grünen-Fraktion. Er hat allerdings auch Bedenken: „Ich bin mir nicht sicher, ob das bei dieser Problemlage helfen könnte.“ Auch weitere Bezirksvertreter:innen sehen das ähnlich, zum Beispiel auch AfD-Mitglied Bernd Hempfling: Er fordert mehr Polizeikontrollen, da die Entfernung der Steinmauer das Problem in seinen Augen nicht lösen würde.

Die Fraktion „Die Linke+ / Die Partei“ spricht sich gegen die Entfernung der Mauer aus: „Die Personen werden dann an anderer Stelle weitermachen“, befürchtet Sonja Janet Lemke. „Das Problem wird nur verlagert.“ Bei der Abstimmung sprachen sich drei Mitglieder der Fraktion gegen den Austausch der Mauer gegen einen Zaun aus – zwei Enthaltungen kamen aus den Reihen der CDU. Die zusätzliche Idee, einen weiteren Mülleimer auf dem Spielplatz aufzustellen, wurde allerdings einstimmig beschlossen.

Durch die beiden entschiedenen Maßnahmen schöpft Ilona Pusch ein wenig Hoffnung: „Ich bin gespannt, ob es sich beruhigt.“ Allerdings stimmt sie der Argumentation der Linken- und Partei-Fraktion zu: „Das ist eine Verdrängungstaktik.“ Das Problem wäre dann zwar möglicherweise vor ihrer eigenen Haustür gelöst, aber es würde sich einfach an den nächsten Ort verschieben.


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  1. Nicht zum Lachen! Polizei Dortmund beobachtet zunehmende Lachgas-Nutzung mit Sorge – schon über 100 Verstöße wegen falscher Ladungssicherung (PM)

    Würden Sie einfach mal so Distickstoffmonoxid einatmen? Vermutlich nicht – klingt schließlich chemisch und ungesund. Spoiler: Ist es auch! Unter dem Namen „Lachgas“ hingegen kommt es vermeintlich harmloser, mitunter auch als Partydroge daher und übt daher eine große Anziehung auf junge Erwachsene aus. Die Polizei Dortmund beobachtet seit geraumer Zeit eine besorgniserregende Entwicklung in diesem Bereich – sowohl im polizeilichen Einsatzalltag als auch im Straßenverkehr.

    Als Rauschmittel konsumiert, kann Lachgas kurzfristig Halluzinationen, räumliche und zeitliche Desorientierung sowie andere Beeinträchtigungen der Wahrnehmung auslösen. „Rauschzustände am Steuer gefährden das eigene Leben und das Leben unbeteiligter Menschen. Wir sprechen hier definitiv von einer völlig unterschätzten Gefahr“, sagt der Leiter der Direktion Verkehr im Polizeipräsidium Dortmund, Ralf Ziegler. Und seine Botschaft ist eindeutig: Nur, weil man Lachgas schwierig nachweisen kann, solle sich niemand zu sicher sein.

    Ziegler weiter: „Wenn jemand glasige Augen oder sonstige Ausfallerscheinungen hat, dann werden wir Ermittlungsverfahren einleiten. Und dann ist auch der Führerschein in akuter Gefahr.“ Schließlich gilt der § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr) nicht nur für Alkohol, sondern auch für andere berauschende Mittel.

    Die häufigste Sanktionsmöglichkeit für die Einsatzkräfte der Polizei Dortmund sind Verstöße gegen die streng vorgeschriebene Ladungssicherung, weil die Lachgasflaschen unter großem Druck stehen. Die Bußgelder für diese Ordnungswidrigkeit beginnen im mittleren dreistelligen Bereich, inklusive Punkte in Flensburg. Ralf Ziegler: „Auch hier ahnden wir knallhart.“

    Ein Blick auf die aktuellen Zahlen verdeutlicht die Brisanz des Problems. Wurden 2023 noch 34 Verstöße gegen die Ladungssicherung gezählt, sind es im aktuellen Jahr 2024 schon jetzt 102 Verstöße – ein Anstieg von 200 Prozent. Und: Das Problem ist fast ausschließlich männlich sowie im Schnitt 22,5 Jahre alt.

    Auch im Einsatzalltag berichten Polizeibeamtinnen und -beamte immer häufiger von Menschen, die Lachgas konsumieren und daher kurzzeitig wie weggetreten und völlig berauscht wirken. Analog zu anderen berauschenden Mitteln richtet sich auch die Wirksamkeit von Lachgas immer nach dem jeweiligen Konsumenten aus. Das heißt: Reaktionen der Konsumenten können immer unterschiedlich sein. Immer wieder kommt es nicht nur zu der Eigengefährdung durch das Einatmen, sondern auch zu unkontrollierten oder gar aggressiven Verhaltensweisen den Beamten gegenüber. Deshalb der Appell der Polizei Dortmund: Unterlassen Sie den Konsum von Lachgas und anderen berauschenden Mitteln!

    Auch im Straßenverkehr gab es schon kritische Fälle, die im Zusammenhang mit Lachgas-Konsum stehen könnten. So stoppte die Polizei Dortmund auf der Hansastraße am 14. März einen 19-jährigen Autofahrer, der unter dem Einfluss von Lachgas stand. Sein Führerschein wurde beschlagnahmt, und es laufen Ermittlungen wegen Trunkenheit im Verkehr. Bereits zuvor kam es zu ähnlichen Vorfällen, etwa einem Verkehrsunfall am 14. Januar 2024 an der Kreuzung Hoher Wall/Rheinische Straße.

    Die Polizei Dortmund wird auch zukünftig verstärkt gegen diese Gefahr vorgehen und zielgerichtete Kontrollen durchführen – teils auch in Verbindung mit der Raser- und Poserszene. Solche Trends verstärken die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen und konsequenter Strafverfolgung.

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