Die „MPG-Community“ engagiert sich gegen das Vergessen

Der Hansaplatz im Fokus: Erinnerungen an die Bücherverbrennungen der Nazis im Jahr 1933

Am 10. Mai 1933 brannten erstmals Bücher in Berlin. Nazis holten sie aus Büchereien und linken Einrichtungen (Bild). Am 30. Mai wurden Bücher in Dortmund verbrannt. Foto: Ausstellung Steinwache

Am 30. Mai 1933 brannten auf dem Dortmunder Hansaplatz Bücher. Organisiert wurde die Aktion von Hans Woelbing, einem Lehrer des damaligen Bismarck-Realgymnasiums, der Vorgängerschule des heutigen Max-Planck-Gymnasiums (MPG). Unter seiner Leitung beteiligten sich Schüler:innen der Schule an der Verbrennung. Woelbing richtete zudem eine Sammelstelle für „unerwünschte“ Literatur ein.

Hansaplatz: Erinnern an die Bücherverbrennung

Die Rolle Woelbings bleibt auch später prominent: Obwohl er sich an der NS-Regime beteiligt hatte machte er nach dem Krieg Karriere und leitete von 1964 bis 1974 die Volkshochschule in Zweibrücken. Der Historiker Roland Paul sieht darin den Beleg, dass es keine ausreichende Aufarbeitung Woelbings Vergangenheit gab. ___STEADY_PAYWALL___

Zum Gedenken an diesen Akt der Vernichtung liegt eine Bronzeplatte an der Ecke Wißstraße / Hansaplatz.
Zum Gedenken an diesen Akt der Vernichtung liegt eine Bronzeplatte an der Ecke Wißstraße / Hansaplatz. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Der Wikipedia Autor Friedrich Erbacher begann schon vor einigen Jahren sich mit der Geschichte seiner Schule zu befassen. „Vor ein paar Jahren habe ich mich schon mit dem Schicksal von jüdischen Schüler:innen beschäftigt“, erzählt er.

Dabei stieß er auf die Bücherverbrennung, die unter der Leitung von Woelbing stattfand. „Ich bin auf das Projekt gestoßen, das die verbrannten Bücher thematisiert, und habe recherchiert.“

Diese Recherche führte ihn zur Entdeckung, dass der Hansaplatz in Dortmund zwar im „Onlineatlas zu den Orten der Bücherverbrennungen“ verzeichnet war, aber noch keine fotografische Dokumentation existierte.

Bücherverbrennung
In dem mittlerweile von den Nazis gleichgeschalteten „General-Anzeiger” und der konservativen „Dortmunder Zeitung” (Repro) wurde die Verbrennungsaktion auf dem Hansaplatz in allen Details beschrieben. Repro: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Ein Projekt gegen das Vergessen

Ein Team um den Fotografen Jan Schenck möchte dies ändern und plant, den Platz zu fotografieren. Ziel ist es, die Wanderausstellung „Verbrannte Orte“ nach Dortmund zu holen und eine öffentliche Veranstaltung zu organisieren. Jan Schenk ist Projektverantwortlicher für den Verein „Verbrannte Orte“ und die Präsentation der Wanderausstellung.

Die Initiative richtet sich besonders an ehemalige Schüler:innen und Lehrer:innen des MPG, die mit kleinen Spenden von fünf Euro das Projekt unterstützen können. Die Geschichte des heutigen Max-Planck-Gymnasium mahnt zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Ziel ist es, rund 200 Unterstützer:innen zu gewinnen und so ein Zeichen aus der Mitte der MPG-Community zu setzen.

Mehr Informationen und die Möglichkeit zur Spende gibt es auf der Projektseite: Spendenaktion für ein Erinnerungsprojekt

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Reaktionen

  1. Dr. Anja Wieber

    Lieber Nordstadtblogger,

    Das erste Foto zeigt die Bücherverbrennung in Aplerbeck, nicht auf dem Hansaplatz.

    Mit besten Grüßen,

    Anja Wieber

  2. Klaus Winter

    Das den Artikel einleitende Bild zeigt den damaligen Marktplatz in Dortmund-Aplerbeck. Wahrscheinlich zeigt es Teilnehmer einer Demonstration, die am Ende ihres Marsches ihre Fackeln auf dem Platz zusammengestellt haben, um sie zu verbrennen. Demonstrationen mit Fackeln und anschließendem Verbrennen der Fackeln auf einem Haufen waren damals üblich.
    An eine Bücherverbrennung in Aplerbeck konnte sich kein einziger alter Aplerbeck erinnern. Es gibt auch sonst keinerlei Erwähnung oder Beleg für einen solchen Akt. Das gezeigte Foto wird aber immer wieder als Beweis dafür gezeigt, dass es doch eine Bücherverbrennung gegeben haben soll.

    Das ehemaligen Bismarck-Realgymnasium an der Luisenstraße wurde niemals in Adolf-Hitler-Schule umbenannt.

  3. Nordstadtblogger-Redaktion

    Danke für die Hinweise. Der Artikel wurde entsprechend geändert.

    P.S.: Auch die Stadt schreibt bei dem ursprünglichen Foto fälschlicher Weise von einer Bücherverbrennung in Aplerbeck. Dass ein Baum ohne Laub aber nicht Ende Mai entstanden sein kann, ist eigentlich auch logisch….

  4. Spendenaktion „Dokumentation des Hansaplatzes in Dortmund als ,Verbrannter Ort'“ auf betterplace.org: Das Spendenziel von 1.000 Euro wurde heute erreicht! :-)

    Ich bin sehr berührt, dass wir bereits nach 6 Wochen und 4 Tagen, das von mir gesetzte Spendenziel erreicht und übertroffen haben! Ein herzliches Dankeschön an Alle, die dies gemeinsam ermöglicht haben!

    Schon seit einiger Zeit bin ich damit beschäftigt, das MPG und andere zu dem Thema passende gesellschaftliche Akteure in Dortmund als Kooperationspartner für die geplante Veranstaltung und die Ausstellung des Vereins Verbrannte Orte zu gewinnen.

    Da es bei diesem Projekt auch darum geht, über eine (kleine) Spende möglichst viele unterschiedliche ehemalige Schüler und Lehrer des MPG in das Erinnerungsprojekt einzubinden, läuft die Aktion noch einige Zeit weiter.

    Bisher finanzieren 30 ehemalige Schüler*innen aus 8 Abiturjahrgängen zwischen 1975 und 2000 und 5 ehemalige Lehrer*innen das Projekt. Evt. Überschüsse kommen dem Verein „Verbrannte Orte“ zu Gute.

    Ein besonderer Dank geht an die Nordstadtblogger, die mit Ihrem Blogbeitrag für zwei Unterstützer ohne MPG-Bezug gesorgt und einen ehemaligen, heute in Portugal lebenden Lehrer erreicht und gewonnen haben!

    Beste Grüße

    Friedrich Erbacher

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