Das geplante, neue Versammlungsgesetz der nordrhein-westfälischen Landesregierung sorgt weiter für Kritik. Am Freitagabend (13. August 2021) demonstrierten rund 100 Personen in der Dortmunder Innenstadt gegen den Gesetzentwurf. Sie sehen in diesem ein „Protestverhinderungsgesetz“. Zur Demonstration hatte das „Dortmunder Bündnis gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetz“, kurz NoVersGDo, aufgerufen.
Die Dortmunder Polizei veröffentlicht Route der linken Demo – Sitzblockaden sollen als Straftat gelten
Gekommen war ein breites Spektrum aus Klimaaktivist*innen, Antifaschist*innen und Parteimitgliedern – und natürlich die Polizei. Letztere war vorsichtshalber mit mehr als ausreichenden Kräften vor Ort und sorgte bereits vor Demonstrationsbeginn für die Diskussionen.
Die Dortmunder Polizei hatte im Vorfeld die Route der Demonstration veröffentlicht. Nach eigener Aussage wolle man damit die Bürger*innen über Einschränkungen im Verkehrsraum informieren. Die Autonome Antifa 170 wirft der Behörde vor, mit zweierlei Maß zu messen: „Die Polizei, die aus jeder Nazidemo ein Staatsgeheimnis macht, hat, ohne mit der Wimper zu zucken, unsere Route veröffentlicht.“
Ein Polizeisprecher wies diesen Vorwurf zurück. Man würde auch bei rechten Demonstrationen die grobe Demonstrationsroute bekannt geben. Wie genau dieser Bereich dann tatsächlich ist, variiert. Die Polizei begründete das unterschiedliche Vorgehen unter anderem damit, dass es im Umfeld von rechten Versammlungen häufiger zu Störungsversuchen durch Gegendemonstrant*innen käme.
„Polizeiwillkür“ befürchtet die Autonome Antifa 170 auch als Folge des geplanten Versammlungsgesetzes. Unter anderem könnten dadurch legitime Proteste gegen Neonazi-Aufmärsche verhindert werden. So sollen zum Beispiel Sitzblockaden in jedem Falle als Straftat gelten – auch wenn sie, wie in den meisten Fällen, eher symbolischen Charakter hätten.
Das geplante Gesetz könnte beispielsweise Anti-Nazi-Proteste stärker kriminalisieren
Der Tatbestand der Störung einer Versammlung sei hingegen bewusst schwammig gehalten. „Der Polizei werden weite Spielräume eingeräumt, zu entscheiden, was sie für strafbar hält und was nicht“, so ein Redner der Autonomen Antifa 170. Möglicherweise könnte es bereits als Straftat gewertet werden, wenn jemand ein Anti-Nazi-Banner hochhält oder mit Trillerpfeifen gegen Neonazis Lärm macht, befürchten die Antifaschist*innen.
Dass das Gesetz auch Rechte in Schach halten soll, bezweifeln sie. Stattdessen werfe der Gesetzentwurf vor allem Gegendemonstrant*innen Steine in den Weg und diene dazu, den Rechten den Weg frei zu räumen.
Am Protest gegen das Versammlungsgesetz nahm auch die Bundestagskandidatin der Linken, Sonja Lemke, teil. „Es ist besonders perfide, dass die Landesregierung die Grundrechtseinschränkungen mit dem Kampf gegen Neonazis begründet.“
Wie die Autonome Antifa 170 vermutet Lemke, dass das Gegenteil der Fall sein werde. Sie hofft, dass die Proteste weitergehen, damit man das geplante Gesetz doch noch zu Fall bringe.
Ob das Gesetz tatsächlich durchkommen wird, ist momentan fraglich. Zuletzt hatte die FDP signalisiert, dass sie dem Entwurf in dieser Form nicht zustimmen werde. Ohne die Unterstützung des Koalitionspartners könnte der Vorstoß von Armin Laschet und seinem Innenminister Herbert Reul (beide CDU) scheitern.
Demo verläuft ohne größere Zwischenfälle
Die Demonstration, die am Mehmet-Kubaşık-Platz gestartet war, endetet nach rund zwei Stunden am CDU-Büro an der Hohen Straße. Gegen Ende der Demonstration soll die Polizei einen Demonstrierenden festgehalten haben. Laut den Organisator*innen der Demonstration soll diesem vorgeworfen worden sein, Beamt*innen durch eine „polizeikritische Parole“ beleidigt zu haben.
Die Polizei konnte zu diesem Vorfall am Abend keine Auskunft mehr geben. „Hier wird mit dem Vehikel der persönlichen Beleidigung versucht, Kritik an der Polizei zu sanktionieren“, so das Bündnis gegen das Versammlungsgesetz. Trotz des Zwischenfalls zeigten sich die Organisator*innen mit der Demonstration zufrieden.
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