Von Karsten Wickern
Menschen und Geschichten der Nordstadt kennenlernen, das ermöglicht jetzt das ein neues künstlerisches Tourismusprojekt. Zwei künstlerisch gestaltete Gästewohnungen zwischen dem Borsigplatz und der Westfahlenhütte laden zum entdecken des Stadtteils ein. Derzeit befindet sich das Projekt noch in einer Testphase. Ab Anfang 2019 sollen die Wohnungen in den regulären Betrieb übergehen.
Das Projekt will den Gästen andere Seiten der Nordstadt aufzeigen
Die Umgebung rund um den Borsigplatz hat einiges zu bieten. Ob die Geschichte der Dortmunder Stahlproduktion oder das vielfältige Zusammenleben vieler verschiedenen Kulturen. Durch eben dieses ist die Nordstadt zu einem interessanten Viertel für kreative Köpfe geworden. Seit 2017 ist der Stadtteil offiziell als Kreativ.Quartier anerkannt.
Die dafür verantwortlichen Vereine ConcordiArt e.V, KulturMeileNordstadt e.V und Machbarschaft Borsig11 e.V wollen nun mit ihrem neuen Projekt „appARTment.ruhr“ andere Seiten der Nordstadt aufzeigen als die, welche so oft als negativen Schlagzeile in vielen Medien präsent sind.
In einem Wettbewerb suchten die Organisatoren nach den besten Entwürfen für die beiden Gästewohnungen. Aus den zehn FinalistInnen konnten sich schließlich die Künstlerinnen Carl Fugazzi und Silvia Liebig mit ihren beiden Entwürfen durchsetzen. Nun wurden die Entwürfe realisiert und der Öffentlichkeit vorgestellt.
Bis zum Ende des Jahres befindet sich das Projekt in einer Testphase. Die Wohnungsgesellschaft Vivawest stellt für diesen Zeitraum die beiden Wohnungen an der Oesterholzstraße. In dieser Phase laden die Organisatoren im Rahmen einer Studie zum Probe wohnen und damit zum Endecken der Nordstadt ein. Die Übernachtung ist dabei kostenlos, dafür geben die ProbebewohnerInnen anschließend eine Auswertung ab. InteressentInnen können sich an die Emailadresse info@appARTment.ruhr wenden.
Wohnen im Stadtplan: Abreißzettel weisen den Weg zu gastronomischen oder kulturellen Angeboten
Die von Silvia Liebig gestaltete Wohnung trägt den Titel „you are here“. Gäste werden in die Mitte eines Stadtplans versetzt, der dazu animiert, das Quartier zu erkunden. Auf dem riesigen Stadtplan, der die Wände des Schlafzimmers ziert, sind eine Reihe an interessanten Locations aus der Nordstadt vermerkt.
Doch die Karte ist interaktiv. Findet eine Besucherin oder Besucher einen interessanten Ort, so ist er dazu eingeladen, diesen mit einer Notiz zu ergänzen. Das Prinzip dahinter: „Du kommst irgendwo hin und möchtest dich auskennen“, erklärt die Künstlerin. Sie selber kommt nicht aus der Nordstadt und hat sich selbst ebenfalls auf die Entdeckungstour begeben.
„Ich wollte wissen wie sich der Norden anfühlt“, betont Liebig. Und sie hat Gefallen an der Nordstadt gefunden: „Ich mag das Gefühl hier zu sein.“
In der Küche stehen die Gäste vor einer Wand mit Abreißblöcken. Die Abreißzettel weisen den Weg zu gastronomischen oder kulturellen Angeboten, aber auch Rezepte sind zu finden. Die Einkaufsliste lässt sich praktischer Weise ebenfalls abreißen und mit zum Einkaufen nehmen.
Die Rezepte hat hat Liebig bei Freunden und Bekannten gesammelt. Die Abreißblöcke sind mit unterschiedlichen Motiven sortiert. So verändert sich das Gesamtbild der Wand mit jedem abgerißenen Zettel. Auch im Badezimmer gibt es Hinweise für Aktivitäten. An der Wand stehen die Entfernungen zu den nächsten Schwimmbädern. Die Strecken sie sie selber mit dem Rad abgefahren um angeben zu können wie weit die Strecke denn ist, sagt Liebig.
In dem „Heimatmuseum“ stellt sie für die Gegenstände aus, die für Geschichten aus der Region wichtig waren. Alle Exponate werden in Einmachgläsern präsentiert, passend zum Motto „Eingemacht Heimat“. Alle Objekte erzählen eine eigene Geschichte, so wie das Glas der Union Brauerei. Es war das letzte Glas ohne Eichstrich bevor im November 1971 die Schankgefäßverordnung erlassen wurde.
Wohnen im Stahl:Bildhauerin Caro Fugazzi gestaltete Wohnung verfolgt ein klares und schlichtes Design
Die zweite, von Bildhauerin Caro Fugazzi gestaltete, Wohnung verfolgt ein klares und schlichtes Design. Alle Möbel bestehen aus Stahl. Die Form der Objekte erinnert an die Gestalt von Ameisen, die symbolisch auf das Arbeitsmodell der Industriegesellschaft anspielt und für die harte Maloche der Stahlarbeiter steht.
Sie wachsen in organischen Formen aus dem Boden, aus der Wand, aus den Ecken und Nischen heraus, um die Räume zu erobern. Alle Möbel wurden in Handarbeit gefertigt.
Bis Ende Oktober 2018 führen die Initiatoren nun eine Machbarschaftsstudie durch. Ziel sei es das Projekt auszuweiten erklärt Guido Meincke von der „Machbarschaft Borsig11“. Weitere interessierte Kooperationspartner können sich bei der Initiative melden.
Das Projekt soll sich zu einem dezentral angelegten „Gästehaus“ entwickeln, das eine Reihe künstlerisch gestalteter Gästewohnungen in Kombination mit temporären Arbeitsräumen (Co-Working), Freizeit- und Kulturangeboten zunächst im Quartier zwischen Borsigplatz und Westfalenhütte umfasst.
„Wir haben keine Gewinnabsichten“, erklärt Meincke. Sämtliche Gewinne aus dem Projekt werden wieder in weitere Projekte investiert. In den Wohnungen steckt auch eine Menge an ehrenamtlicher Arbeit, betont Meincke. Viele Nachbarn hätten geholfen, das Projekt zu realisieren.
Am Sonntag (9. September 2018) können Interessierte und AnwohnerInnen die Wohnung besichtigen. Im Rahmen der Aktion „Still-Leben“ auf dem Borsigplatz werden um 15, 16 und 17 Uhr Führungen durch die Wohnungen angeboten.
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