Von Florian Stary
Klassischer Stoff, neu interpretiert: Das Kunsthaufen Kollektiv Dortmund bringt Theodor Storms „Regentrude“ als „Tregenrude“ auf die Bühne. Dabei gibt es mehr als nur Theater. Auf das Publikum warten Livemusik, Tanz, Videokunst und reichlich Programm zur Aftershow Party. Tag der Aufführung ist der 29. Juni.
Storms Märchen thematisiert die verlorene Beziehung von Mensch und Natur
Wer sich jemals mit Märchen abseits der Gebrüder Grimm auseinandergesetzt hat, kennt wahrscheinlich Theodor Storms „Regentrude“. Für alle Nichteingeweihten: Die Erzählung dreht sich um die junge Bauerstochter Maren, die auszieht, die Regentrude zu erwecken. Nicht nur, um ihr Tal vor einer Dürre zu retten, sondern auch, um ihren geliebten André heiraten zu dürfen.
In Storms Märchen geht es um die verlorene Beziehung zwischen Mensch und Natur, alten Glauben und nicht zuletzt um Emanzipation. Ebenso zeitlose wie aktuelle Themen also.
Das dachten sich auch die Künstler:innen des Kunsthaufen-Kollektivs, als ihnen zufällig eine Schallplatte mit Storms Märchen in die Hände fiel – noch gepresst in der Deutschen Demokratischen Republik.
„Es geht um das große Dazwischen und die Hoffnung auf eine bessere Welt“
Innerhalb von nicht einmal drei Wochen adaptierten sie den Stoff und verpassten ihm an manchen Stellen einen etwas zeitgemäßeren Anstrich.
„Anders als im Original ziehen unsere Hauptcharaktere Maren und André nicht mehr los, um das elterliche Einverständnis für ihre Hochzeit zu erhalten. Das war uns dann doch ein wenig zu gestrig“, erklärt Regisseurin Laura Gebauer.
Und weiter: „Die große Dürre, die in Storms Märchen das Leben der Menschen bedroht, passt dagegen ziemlich gut in unsere Zeit. Allerdings gehen wir noch einen Schritt weiter und machen daraus das kapitalistische System, das immer mehr zum Wohle weniger arbeitet und die breite Masse einfach überrollt.“
Andere Aspekte der Erzählung bleiben dagegen erhalten. Im Kern geht es immer noch um „das große Dazwischen, die Kluft zwischen Mensch und Natur und die Hoffnung auf eine bessere Welt, in der wir wieder im Einklang mit unserem Planeten leben und Profitgier und Sexismus nur noch Schreckgespenster der Vergangenheit sind“, so Gebauer.
Alle Sinne ansprechen – auch jenseits der Vierten Wand
Wie es sich für das Kunsthaufen-Kollektiv gehört, wird auf der Bühne dabei mehr geboten als nur klassisches Theaterspiel. „Wir zeigen eine Collage von Storms Regentrude und wollen alle Sinne unserer Gäste ansprechen. Es gibt Musik, Tanz, Videoperformance – auch jenseits der Vierten Wand“, erzählt die Regisseurin.
Jenseits der Vierten Wand? Unter der Vierten Wand verstehen Theaterleute die imaginäre Grenze zwischen Bühne und Publikum. In der Regel blicken wir auf ein Stück, als würde es in einem Schaukasten laufen. Wird die Vierte Wand durchbrochen, werden die Zuschauer:innen selbst zu einem Teil der Aufführung.
Mit anderen Worten: Die „Tregenrude“ ist ein interaktives Stück, das zum Mitmachen einlädt. Auch mit Hinblick auf das, was nach der Darbietung passiert. Denn wenn der Vorhang fällt, ist noch lange nicht Schluss. Auf alle Gäste warten die Kunstausstellung mit Werken von Artur Aleksander Wojtczak sowie Filminstallationen von Bülent Kirschbaum.
Wer nicht nur gucken, sondern tanzen möchte, kommt ebenfalls auf seine Kosten. Zur Aftershow Party legen DJane Pame und DJ Nessuno auf. Außerdem, vielleicht, eventuell gibt es nach Sonnenuntergang noch eine Überraschungsperformance mit lodernden Flammen – falls das Wetter mitspielt.
Auf einen Blick:
Was: Theater-Performance „Die Tregenrude“, nach Theodor Storm
Wer: Vom Kunsthaufen-Kollektiv e.V., für alle Menschen ab 12 Jahren
Wo: Langer August, Braunschweiger Straße 22, Dortmund
Wann: 29.06.2024, Einlass 19:00, Beginn 20:00, Ende offen
Wieviel: Eintritt frei, Spenden gerne gesehen
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