„Das ist Weihnachten, so wie es sein soll“, sagt Britta Sander, „ganz ohne den Kommerz und im ursprünglichsten Sinne des Festes.“ Sie bereut ihren Entschluss nicht, zum ersten Mal den Heiligabend im Reinoldinum zu verbringen um zu helfen. „Und im nächsten Jahr bin sicher auch wieder hier.“
30 Ehrenamtliche sorgen dafür, dass der Heiligabend zu einem Fest für die Wohnungslosen wird
Zusammen mit gut 30 anderen Ehrenamtlichen sorgt sie dafür, dass der Abend zu einem Fest für die Wohnungslosen mit einem richtigen Festmahl wird. In diesem Jahr: Gänsekeule in feiner Sauce, dazu Rotkohl und Petersilienkartoffeln und ein Dessert.
Neben Britta Sander steht in der Küche hinter einem Berg benutztem Geschirr und Besteck Vanessa Pfänder, die ist heute Abend zum siebten Male an Heiligabend bei der Speisung der Wohnungslosen im Reinoldinum und hilft, wo Hilfe gerade nötig ist.
„Das ist kein Opfer, das ist ein Gewinn“
„Eigentlich wollte ich dieses Jahr aussetzen“, sagt die junge Frau. Zur Zeit unterrichtet sie für ein Jahr in den Vereinigten Staaten, in Atlanta, und ist nur für ein paar Tage auf Heimaturlaub in Dortmund.
Und eigentlich wollte sie die knappe Zeit mit ihrer Familie verbringen. Aber: „Die Atmosphäre ist so schön hier, so freundlich und so warm und die Menschen sind dankbar“, beschreibt Vanessa ihre Motivation, auch in diesem Jahr zu helfen.
Ihre Familie hat durchaus Verständnis für ihr ehrenamtliches Engagement. Andere weniger! „Ob sie denn etwas verdiene und wenn nicht, warum sie den Tag opfere“, wird sie oft gefragt. „Das ist kein Opfer, das ist ein Gewinn“, antwortet sie dann bestimmt. Die beiden Frauen haben gezielt gesucht, wo sie an Heiligabend helfen können und sind auf das Angebot der Diakonie gestoßen.
Das Engagement ist für alle Ehrenamtliche auch ein persönlicher Gewinn
Vor dem großen Saal steht ein Besucher und dreht sich aus den Krümmeln in seinem Tabakpäckchen eine letzte Zigarette vor dem Mahl.
„Fair Play“, steht auf dem Tabakbeutel. Das klingt zynisch in Zeiten, in denen Menschen nach ihrer Verwertbarkeit im System beurteilt werden. Menschen, die denen ehrenamtlich helfen, die durch das Raster der wirtschaftlichen Effizienz und Effektivität gefallen sind, werden abfällig als „Gutmenschen“ bezeichnet.
Ein richtiger „Gutmensch“ ist auch Irmgard. Irmgard läuft durch die Sitzreihen und schenkt hier und dort noch einen Kaffee nach, setzt sich zu den Wohnungslosen und unterhält sich.
Irmgard tut das, was sie mit ihren 86 Jahren noch tun kann – und das tut sie gut! „Alles geht nicht mehr, aber ich helfe, wo es geht“, sagt sie. „Aber was ich machen kann, das mache ich.“
Seit 1987 verbringt sie den Heiligabend mit den Wohnungslosen, seitdem ihr Mann gestorben ist. Für sie wie auch für die anderen ist das eine sinnvolle Beschäftigung mit einem persönlichen Gewinn an diesem Abend.
Info zum Heiligabend für Wohnungslose:
- „Heilig Abend nicht allein“ für wohnungslose Menschen. An Heiligabend organisiert die Beratungsstelle für Wohnungslose (ZBS) wie schon seit vielen Jahren eine Feier für wohnungslose, alleinstehende Menschen, eine Feier für ca. 150 Personen im Reinoldinum am Schwanenwall.
- Unterstützung erhalten die Mitarbeiter der Beratungsstelle von etwa 30 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die die Besucher nicht nur bewirten, sondern auch mit ihnen gemeinsam das Fest feiern.
- Die Finanzierung erfolgt durch Eigenmittel der Diakonie und Spenden von unterschiedlichen Firmen und Kirchengemeinden. Das festliche Essen wird schon viele Jahre vom Dortmunder Menüservice geliefert (in diesem Jahr bereits zum dritten Mal komplett gespendet – 200 Menüs inkl. Dessert im Gesamtwert von über 2.000 €).
- Die REWE-Stiftung unterstützt schon seit vielen Jahren die Heilig Abend Veranstaltung mit 2.000 €.