Zwischen Feierlichkeit und dem Appell gegen Antisemitismus:

„Chanukka sameach“: Zahlreiche Menschen feiern das jüdische Lichterfest am Phoenixsee

Die Chanukkia, der achtarmige Leuchter, wird während des Chanukka-Festes jeden Abend mit einer weiteren Kerze entzündet. Foto: Leopold Achilles

Während im Christentum die kalte Jahreszeit mit Weihnachten verknüpft ist, feiern Juden und Jüdinnen Chanukka. Das jüdische Lichterfest findet in diesem Jahr vom 25. Dezember 2024 bis zum 2. Januar 2025 statt. Am vergangenen Sonntag waren sowohl Juden und Jüdinnen als auch Interessent:innen abseits der Konfession eingeladen, gemeinsam auf der Kulturinsel am Phönixsee den fünften Tag zu feiern – ein Fest, das ebenfalls eine politische Botschaft mit sich brachte.

Die öffentliche Feierlichkeit bot ein umfangreiches Programm für alle Gäste

Trotz des kalten Winterabends am 29. Dezember nahmen sich zahlreiche Mitglieder der jüdischen Gemeinde die Zeit, freudig Chanukka zu feiern. Neben ihnen versammelten sich auch viele Interessierte auf der Kulturinsel am Phönixsee, die zwar nicht dem jüdischen Glauben angehörten, jedoch gemeinsam das jüdische Lichterfest genießen wollten.

Zahlreiche Gäste versammelten sich am Sonntag auf der Kulturinsel am Phönixsee. Foto: Leopold Achilles

Neben den Redebeiträgen von Zwi Rappoport, dem Vorsitzenden der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmund, Rabbiner Avigdor Moshe Nosikov und Oberbürgermeister Thomas Westphal bereicherten sowohl zahlreiche musikalische Beiträge als auch eine Choreografie den Abend.

Die Besucher:innen konnten dabei unter anderem koscheren, alkoholfreien Glühwein und Latkes genießen, ehe die Musik sie dazu verleitete, sich an die Hand zu nehmen und gemeinsam zu tanzen. Das kartoffelpufferähnliche Gericht gehört traditionell zum Menü des Chanukka-Festes, da in Anlehnung an die Ursprungsgeschichte des Festes Speisen, die in Öl gebacken werden, serviert werden.

OB Thomas Westphal durfte nicht nur die erste Kerze der Chanukkia entzünden, sondern richtete sich auch mit einem Redebeitrag an das Publikum. Foto: Leopold Achilles

Fester Bestandteil des Chanukka-Festes ist auch der achtarmige Leuchter – die Chanukkia. Jeden Tag während Chanukka wird nach Sonnenuntergang ein weiteres Licht auf der Chanukkia entzündet. Am Tag der öffentlichen Festlichkeit war es der fünfte Tag des Festes, und dementsprechend wurden fünf Kerzen entzündet.

Die erste Kerze durfte dabei Oberbürgermeister Westphal entzünden. Was zunächst wie ein sorgenfreies Fest voller Freude erscheint, birgt eine wichtige Botschaft. In den Redebeiträgen wurde auf eine besorgniserregende Entwicklung des Antisemitismus hingewiesen, der sich besonders durch die aktuellen politischen Konflikte ausbreitet.

Die historische Bedeutung des traditionell jüdischen Festes

Der Ursprung des Chanukka-Festes weist eine weitreichende Geschichte auf. Dieser Feiertag ist tief in der jüdischen Geschichte verwurzelt. Er erinnert an den siegreichen Aufstand der Makkabäer gegen das griechisch-syrische Königreich unter Antiochos im Jahr 164 vor der Zeitrechnung.

Neben den musikalischen Auftritten konnten die Besucher:innen Speisen erwerben. Foto: Leopold Achilles

Dieser hatte vergeblich versucht, das jüdische Volk zu unterdrücken und es von seinem Glauben an einen einzigen Gott abzubringen, wie Rappoport erklärt.Nach dem Sieg der Makkabäer über die griechischen Truppen eroberten sie den Tempel in Jerusalem zurück.

Bei der Reinigung des Tempels fanden sie jedoch nur noch eine kleine Menge geweihten Öls, das eigentlich nur für einen Tag ausgereicht hätte. Doch das Öl brannte acht Tage lang, bis neues, koscheres Öl hergestellt werden konnte.

Jeden Abend wird eine weitere Kerze auf der Chanukkia entzündet. Die neunte Kerze, der „Schamasch“, dient dabei zum Anzünden der anderen. Somit erinnert das jüdische Lichterfest an das Wunder und den Sieg, was ausgiebig gefeiert wird.

Antisemitismus weiterhin ein zunehmendes Problem in der Gesellschaft

Dass auf der Feierlichkeit sowohl Sicherheitspersonal als auch Polizeikräfte vorzufinden waren, ist dabei keine Willkür. Antisemitismus sei schon immer ein bestehendes Problem gewesen, wie Rabbiner Nosikov erklärt. Doch spitzt sich dies unter anderem durch die politische Lage zu.

Zwi Rappoport, Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde Dortmund. Foto: Leopold Achilles

„Dieses Lichterfest ist leider aktueller, als uns eigentlich lieb ist. Chanukka symbolisiert den Sieg des Lichts über das Dunkle. Dieser unerschütterliche Glaube des jüdischen Volkes gibt uns auch in der heutigen, sehr herausfordernden Zeit die Kraft und den Mut, die nötig sind im Kampf des Guten gegen das Böse, des Lichts gegen die Dunkelheit. Denn auch heute toben dunkle Kräfte auf der ganzen Welt, wie insbesondere in der Ukraine und im Nahen Osten”, so Rappoport.

„Judenfeindliche und israelfeindliche Stimmen von rechts und links bereiten uns Sorgen für die Zukunft. Besonders seit den Gräueltaten der Hamas am 7. Oktober 2023 bekennen sich viele offen zum Antizionismus, der Israel das Existenzrecht abspricht. Der Anstieg des Hasses gegen Juden weltweit zeigt, dass die Unterscheidung zwischen Antizionismus und Antisemitismus versagt, wenn Kritik an Israels Politik in Hass gegen alle Juden umschlägt“, ergänzt Rappoport.

Hoffnung, Zusammenhalt und der Appell für ein friedliches Miteinander

Trotz der besorgniserregenden Entwicklung nutzt Westphal das Fest, um darauf aufmerksam zu machen, die Hoffnung nicht zu verlieren und den Kampf gegen den Antisemitismus gemeinsam zu führen: “Chanukka ist ein Fest der Freude, ein Fest des Lichts, der Helligkeit, der Hoffnung. Hoffnung spielt im jüdischen Glauben schon lange eine große Rolle. Und Hoffnung ist das, was uns auch weiter antreiben wird”, so der Oberbürgermeister.

Rabbiner Avigdor Moshe Nosikov. Foto: Leopold Achilles

“Der Kampf gegen Antisemitismus, der Kampf gegen die Verfolgung des jüdischen Volkes ist kein Kampf des jüdischen Volkes alleine für sich gegen andere, sondern es ist der Kampf uns aller, weil es ein Kampf für Demokratie ist”, ergänzt Westphal. Und auch Nosikov appelliert an die Juden und Jüdinnen, sich nicht zu verstecken und sich aktiv für ihre Rechte einzusetzen.

“Ich schließe nicht aus, dass wir bestimmte Risiken vermeiden können, wenn wir mit allem einverstanden sind, was um uns herum geschieht. Aber wollen wir in einer Welt leben, in der alles für uns entschieden wird? Wollen wir in einer Welt leben, ohne zu versuchen, sie zu verbessern? Eines der wichtigsten Konzepte im Judentum ist die Verbesserung der Welt.”


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