Mit dem Masterplan Mobilität 2030 möchte die Stadt Dortmund gegenüber dem herkömmlichen Kraftverkehr alternative Fortbewegungsweisen fördern, um die Luftbelastung vor allem im Innenstadtbereich zu reduzieren. Die Ratsfraktion der CDU dagegen sieht erhebliche Risiken für den Wirtschaftsstandort Dortmund, sollten zukünftig motorisierte Verkehre benachteiligt werden. Und zudem die Freiheit der BürgerInnen bei der Wahl des Verkehrsmittels gefährdet.
Sorge um den Wirtschaftsstandort bei Beschränkung des motorisierten Verkehrsaufkommens
Die Förderung von Nahmobilität, alternativer Antriebstechniken, des Fuß- und Radverkehrs sowie des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sind zentrale Ziele des Masterplans Mobilität 2030, der augenblicklich in den politischen Gremien des Stadtrates beraten wird. Am Mittwoch, 14. März, steht das Zielkonzept (Abschluss 1. Stufe) auf der Tagesordnung im Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen (AUSW) zur Debatte.
Bauchschmerzen hat nun die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Dortmund bekommen. Denn die Christdemokraten sehen die Gleichgewichtigkeit bei der Berücksichtigung und Förderung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) gegenüber anderen Formen der Mobilität in der von der Verwaltung vorgelegten Fassung des Masterplans gefährdet.
Daher will die Fraktion ergänzend zum Tagesordnungspunkt einen Beschlussvorschlag in die Beratungen des Ausschusses einbringen, in dem das Auto explizit als gleichberechtigtes Verkehrsmittel ausgezeichnet wird. Andernfalls, so die Sorge der CDU, könne die Stadt gleich in mehrfacher Hinsicht Schaden nehmen.
Dies beträfe Dortmund als Wirtschaftsstandort, aber auch als Zentrum für Veranstaltungen, Kongresse wie Messen mit entsprechenden Belastungsgefährdungen für den Arbeitsmarkt. Von möglichen Einschränkungen beim Pendlerverkehr und damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Stimmungsbild der täglich ein- und auspendelnden BürgerInnen ganz zu schweigen.
An die 100.000 Ein- und Auspendler täglich – aus beruflichen Gründen oder zum Einkaufen
Es dürfe zu keinen Schädigungen für den Standort Dortmund durch eingeschränkte Verkehre kommen, betont der planungspolitische Sprecher der CDU-Ratsfraktion, Uwe Waßmann. Viele Menschen wollten oder müssten sich mit dem Auto in der Stadt fortbewegen bzw. in sie ein- und auspendeln, so Waßmann. Sei es, um in Dortmund als Oberzentrum für das östliche Ruhrgebiet einzukaufen oder aus beruflichen Gründen – Stichwort: zunehmende Mobilitätserwartung an viele ArbeitnehmerInnen.
Jeden Tag gäbe es 125.000 Ein- und 98.000 Auspendler. Deren Belange seien seiner Partei ebenso wichtig wie eine durch Verkehre und Kaufkraftbindung weiter prosperierende Wirtschaft, wodurch höhere Steuereinnahmen und die Sicherung von Arbeitsplätzen erwartet werden könnten.
Nicht gegen die Fortbewegung mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln sei seine Partei, erklärt der CDU-Fraktionssprecher im AUSW, sondern es ginge zentral darum, verschiedene Fortbewegungsweisen verkehrsplanerisch gleichmäßig zu berücksichtigen und fortzuentwickeln, um den Wirtschaftsstandort Dortmund nicht zu gefährden.
Es solle mitnichten eine Konkurrenzsituation zwischen Auto und Rad hergestellt werden, versichert Waßmann, sondern es ginge um eine möglichst breite Zustimmung der Bevölkerung zu einem ausgewogenen Mobilitätskonzept. Und die möchte der CDU-Politiker, wenig erstaunlich, vor allem erreichen, indem die „persönliche Wahlfreiheit“ der Menschen hinsichtlich der Art und Weise gewährleistet bleibt, wie sie in die Stadt kämen und sich dort fortbewegten.
CDU sieht bei der Digitalisierung von Verkehrsleitsystemen Optimierungsbedarf
Luft nach oben sieht die CDU-Fraktion in diesem Zusammenhang allerdings bei der kommunalen Verkehrsplanung für den MIV. So seien etwa zur Weihnachtszeit die Parkhäuser in Dortmund nur zu 86 Prozent ausgelastet, stellt Waßmann fest. Es bedürfe mithin einiger Optimierungsanstrengungen bei der Digitalisierung von Verkehrsleitsystemen. Eine Option seien etwa Zählschleifen unter dem Asphalt. Auch um Staus zu Stoßzeiten zu vermeiden, wie etwa Samstags auf der Märkischen Straße.
Zudem gibt es der CDU zufolge unausweichliche Imperative unter den Bedingungen eines hochentwickelten Wirtschaftsstandortes. Durch große Logistikzentren sei ebenfalls ein Mehr an Verkehren zwingend. Wegen der wirtschaftlichen Ausrichtung Dortmunds seien „sowohl der Güter- als auch der Wirtschaftsverkehr Lebensader der Stadt und dürfen nicht durch übermäßige Reglementierungen beeinträchtigt werden“, heißt es dazu in dem Beschlussvorschlag für den AUSW.
Was den Radverkehr betrifft, sehen die Verkehrsplaner der CDU durch die im Masterplan Mobilität 2030 getroffenen Festlegungen die Gefahr einer Priorisierung des Ausbaus von Fahrradwegnetzen zuungunsten individueller Mobilitätsoptionen mit dem eigenen PKW. Wenn etwa darüber nachgedacht würde, Hauptverkehrsstraßen für Radwege zu verschmälern.
Fahrradwege-Netz in Neben- und Parallelstraßen statt Verengung von Verkehrsadern?
Demgegenüber möchte die CDU seitens der Verwaltung prüfen lassen, „an welchen Stellen im Stadtgebiet der Radverkehr erheblich verkehrssicherer durch Neben- oder Parallelstraßen von sog. Magistralen geführt werden und somit eine Verengung von wesentlichen Verkehrsadern unterbleiben kann.“
Was die ökologischen Motive bei der Erstellung des Masterplans Mobilität betrifft, verweist Waßmann darauf, dass das mit der Bezeichnung des Förderprogramms „Emissionsfreie Innenstadt“ nahegelegte Fernziel eines innerstädtischen Raums ohne Treibhausgase und Stickoxide nicht realistisch sei.
Aber die Feinstaubbelastung habe man mittlerweile im Griff, erklärt der planungspolitische Sprecher der Ratsfraktion. Und zu den Stickstoffdioxid-Werten präsentiert die CDU-Beschlussvorlage gleich die in einer Verwaltungsvorlage ausgewiesenen Messwerte für drei Innenstadtbereiche, in denen im Jahresdurchschnitt 2016 die Grenzwerte deutlich unterschritten wurden.
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Bündnis 90/Die Grünen
Zur heutigen Berichterstattung über die Kritik der CDU am Masterplan Mobilität äußert sich Ingrid Reuter, Fraktionssprecherin der GRÜNEN im Rat:
„Mit ihrem Antrag für den Umweltausschuss zeigt die CDU, dass sie anscheinend am liebsten zurück will in die Zeit, in der das Autofahren sakrosankt war. Mit dem Masterplan Mobilität geht es darum, endlich die längst überfälligen Verbesserungen für den Rad- und Fußverkehr, für Busse und Bahnen umzusetzen. Es geht um die zukünftig gleichberechtigte Teilnahme aller am Straßenraum. Dass dies ‚notfalls‘ – so die Formulierung im Konzept – auch mit Einschränkungen für den Autoverkehr verbunden sein könnte, liegt doch vor allem daran, dass in der Vergangenheit die Planung des Straßenraums fast ausschließlich aus der Perspektive der AutofahrerInnen erfolgte. Wenn man jetzt die Einschätzung der CDU zum Masterplan Mobilität hört, könnte man glauben, dass damit der Untergang des Autos und der gesamten Wirtschaft in Dortmund beschlossen werden soll.
Dabei hat eine Studie der Uni Kassel gerade festgestellt, dass der PKW-Verkehr in einer deutschen Großstadt die öffentliche Hand und die Allgemeinheit etwa das Dreifache kostet wie z.B. der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Der Rad- und Fußverkehr bringt stattdessen sogar einen Gewinn, da er wenig Infrastrukturinvestitionen voraussetzt, keine Emissionen und Lärm verursacht und erheblich zur Gesundheitsprävention und damit zur Vermeidung von Krankheitskosten beiträgt. Dennoch erhält der Radverkehr die geringsten Zuschüsse. Auch deshalb fristet der Radverkehr in Dortmund mit lediglich 6,4 Prozent bisher ein Nischendasein – weit davon entfernt, den Autoverkehr zu beschneiden.“
Cornelia Wimmer
Da muss man erstmal durchatmen. – Sofern man nicht an der Born-, Mallinckrodt- oder der Grünen Straße wohnt. Da ist vom Durchatmen abzuraten.
Das Auto als Verkehrsmittel, dessen Gleichberechtigung es zu wahren gilt? Wahlfreiheit, auch Auto zu fahren?
Fahren Sie mal nicht mit dem Auto sondern mit dem Radl vom, sagen wir, Unfallkrankenhaus zum Hauptbahnhof, Herr Waßman. Durch die Münsterstraße, durch die Leopoldstraße, abbiegen in die Steinstraße, – gleich sind Sie da! Und wenn Sie dann auf angstschlotternden Beinen noch stehen können, Glückwunsch. Sie Sind der geborene Dortmunder Radfahrer. -Das muss man bringen.
Auch die Seniorin mit dem Rollator findet es ganzganz wichtig, dass man seine schützende Hand über das Auto hält. Meistens lassen ihr die parkenden Autos ja noch den Meterfuffzig Bürgersteig frei, auf dem sie sich schüchtern bewegen kann. Dafür steht sie auf gerne mitten im rauschenden Verkehr und wartet, bis die Ampel das nächste Stückchen Überweg freigibt. Sie ruht sich da kurz aus, denn gleich muss es sehr schnell gehen, wenn sie es vor Rot nach drüben schaffen will.
Schön ist auch für jeden Bürger jeden Alters, dass man fast überall parken darf und auch überall parkt, sofern man nicht gerade fährt. So muss das sein, und dafür gibt es ja schließlich den Platz zwischen den Immobilien. Nur kopfschüttelnd kann man sich die Straßenverhältnisse auf alten Dortmunder Ansichten betrachten. Wozu war denn da die Straße da? Oder ein Platz gar? Menschen, die sich draußen aufhalten und nicht auf dem Weg zu ihrem oder von ihrem Auto sind? Unverständlich.
So freuen wir uns alle Klein und Groß, Erwerbstätig oder nicht, im Vollbesitz unserer Körperfitness oder Mobilitätseingeschränkt, an einer Stadt, die flächendeckend von einer ruhenden oder zäh sich bewegenden Blechkruste überzogen ist. Es dient der Wirtschaft, Leute!
Dorian Marius Vornweg
Ein Zurück zur ausschließlich Auto fokussierten Stadtplanung der 1960er Jahre wird es mit der CDU Fraktion nicht geben. Wer anderes behauptet hat erhebliche Defizite im Leseverständnis oder ist schlichtweg rein ideologisch motiviert. Dortmund als wirtschaftliches und kulturelles Oberzentrum braucht ein zeitgemäßes Miteinander aller Verkehrsträger und dabei spielt der motorisierte Individualverkehr nun einmal eine wichtige Rolle. Betriebe, Handel und Freizeiteinrichtungen sind auf eine gute Erreichbarkeit angewiesen und die CDU Fraktion tut gut daran, Chancen und Risiken des Masterplan Mobilität 2030 sorgfältig abzuwägen und auf Schwachstellen hinzuweisen.
Im Übrigen kann ich als Anwohner der Mallinckrodtstraße in der Regel ganz prima durchatmen. Besonders in froher Erwartung der Nordspange, die nun endlich – übrigens gegen den Widerstand von Linken und Piraten – auf den Weg gebracht ist und für eine deutliche Entlastung der Nordstadt sorgen wird. Von den LKW abgesehen, die sich nicht an das geltende Durchfahrtverbot halten, sind das größte Ärgernis jene Mitmenschen, die von anderswo nur regelmäßig in die Nordstadt kommen, um hier an der Verwirklichung ihrer merkwürdigen Visionen zu arbeiten, ohne mit den Konsequenzen leben zu müssen . Wo wohnt eigentlich Frau Wimmer?
Bebbi
Erstaunlich ist, dass die CDU schon im voraus alles als ideologisch gebrandmarkt hat in ihrem Antrag, bevor sich nur irgendwer dazu geäzßert hat.
Zurück muss man auch nicht. Das ist ja immer noch die Realität in Dortmund. Das die CDU so tut, als ob das Auto nicht in Dortmund das gehätschelte Verkehrsmittel ist, ist amüsant.
Ein ganz großes Rätsel bleibt, wie die CDU gleichzeitig ein Miteinander will, aber nur Forderungen aufstellt, die den Autoverkehr noch mehr anwachsen lassen werden und den Radverkehr noch mehr in die Nischen drängen wird. Bis heute gibt es von der CDU keinerlei Vorschlag, wie der Radverkehr attraktiver und sicherer werden soll im Alltag.
Auch die Nordspange wird wie alle neue Straßen neuen Verkehr produzieren. Wissen alle Verkehrsplaner, die fachlich auf der Höhe der Zeit sind.
Cornelia Wimmer
CDU einerseits, Linke+Piraten andererseits haben sehr verschiedene Vorstellungen zu zukunftsfähigen Lösungen der innerstädtischen Mobiliät. Das weiß man. – Herr Vornweg benutzt stets gerne den Begriff „ideologisch“ zur Kennzeichnung seiner Gegener in der Sache, als wären nicht die Vorzüge des „motorisierten Individualverkehrs“ ein Klassiker ideologischen Denkens, hier eben CDU-seits: Man sieht täglich, dass es nicht klappt und haut auf die drauf, die eben das laut sagen.
EINE Behauptung von Herrn Vornweg ist aber nicht nur idelogisch, sondern ganz einfach falsch: Linke+Piraten sind, anders als von ihm behauptet, NICHT gegen die Nordspange, sondern haben Vorbehalte gegen deren Anschluss an die Brackeler Straße, da an dieser Stelle eben auch unerwünschte Verkehre in die Nordstadt abzweigen können. – Das wollen wir nicht. – Damit Herr Vornweg, bekennender Anwohner der Mallinckrodtstraße, auch wirklich durchatmen kann!