Von Hannes Czech
Bundesweite Protestaktionen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di an Krankenhäusern am Montag (12. April 2021) für bedarfsgerechte Personalvorgaben: Auch am Städtischen Klinikum Dortmund-Mitte trafen sich Beschäftigte und Gewerkschafter*innen zu einer symbolischen und Corona-konformen Protestaktion. Anlass war die zeitgleich stattfindende Bundestagsanhörung zum „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“. Die Beschäftigten der Kliniken kritisieren, dass im aktuellen Gesetzesentwurf erneut keine bedarfsgerechte Personalbemessung auf den Weg gebracht wird.
Die deutschen Personalschlüssel sind schlechter als in den Nachbarländern
Seit Jahren mache man auf das Problem aufmerksam, aber bis auf leere Versprechungen komme in den Kliniken nichts an. Immer wieder habe Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zugesagt, für Entlastung zu sorgen. ___STEADY_PAYWALL___
„Unsere Kolleg*innen in den deutschen Krankenhäusern versorgen mehr Patient*innen als es in unseren Nachbarländern der Fall ist“, berichtet Matthäus Atzert, Gesundheits- und Krankenpfleger sowie Betriebsrat in Dortmund.
Im Rahmen der „Konzertierten Aktion Pflege“ wurden die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der deutsche Pflegerat und ver.di damit beauftragt, ein Instrument zur Personalbemessung zu erarbeiten. Seit über einem Jahr liege das so genannte „PPR 2.0“ vor. Doch passiert sei damit nichts.
Den Beschäftigten in der Pflege reißt der Geduldsfaden – sie fordern die Politik zum Handeln auf
„Die Geduld der Pflegekräfte ist längst aufgebraucht. Sie haben es satt, sich immer wieder vertrösten zu lassen“, betont ver.di-Gewerkschaftssekretär Marc Kappler. Man habe in den Krankenhäusern nicht nur das Problem, Fachkräfte zu finden, sondern auch damit zu kämpfen, dass sich diese nach der Ausbildung oder einigen Jahren im Beruf beruflich neu orientierten. Das sei dem enormen Druck geschuldet, betonen Beschäftigte wie Gewerkschafter*innen unisono.
Der Zeitdruck und die zu hohe Patient*innenanzahl pro Pflegekraft sorge dafür, dass das Personal den Beruf nicht sorgsam ausüben könne und die Angestellten ihren eigenen Ansprüchen nicht gerechnet werden könnten.
Die Lösung liegt auf dem Tisch: „Es wird bis zu 20 Prozent mehr Personal benötigt als jetzt vorhanden ist“, so Marc Kappler. Für das Klinikum Dortmund bedeutet das, dass sie bis zu 920 Mitarbeiter*innen mehr benötigen, um den Anforderungen gerecht zu werden.
Es fehlt nicht nur an Pflegekräften, sondern auch an Personal für die Infrastruktur
Krankenhäuser bestehen nicht nur aus Ärzt*innen und Pflegepersonal, sondern aus vielen weiteren Berufen, die für die Infrastruktur der Häuser wichtig sind. So nahm Marc Kappler als Beispiel die Wäscherei und fügt an: „Durch die Finanzierung über die Fallpauschalen ist die Gefahr da, dass Krankenhauspersonal gekürzt wird, was nicht zum Pflegepersonal gehört“.
Auch dieses Personal sei in Krankenhäusern an der Personaluntergrenze orientiert. Schon das sei ein Konstruktionsfehler, der schon vor Corona problematisch gewesen sei. Daher umfassen auch diese Bereiche die Forderung nach 20 Prozent mehr Gehalt. Insgesamt müsse die Regierung es sofort schaffen, die Jobs in Krankenhäusern attraktiver zu machen, damit das bestehende Personal nicht kündige und dadurch die Arbeitsbedingungen und damit auch die Attraktivität der Arbeit in der Pflege noch weiter sinke.
Das Klatschen von der Bevölkerung für die Pflegekräfte sei zwar positiv wahrgenommen worden – doch von den Politiker*innen erwarte man mehr als einfachen Beifall. Sie müssten handeln und ihren Beitrag dazu leisten, die Arbeit in Krankenhäusern wieder attraktiver zu machen. Dazu brauche es mehr Personal und nicht etwa Stellenstreichungen und Krankenhausschließungen.
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Dortmunder SPD-Landtagsabgeordnete zu Umfrage: „Wir müssen gut eine erreichbare Versorgung sicherstellen – Über 85 Prozent der Dortmunderinnen und Dortmunder gegen Krankenhausschließungen (PM)
Eine repräsentative Umfrage der SPD-Fraktion im Landtag NRW zeigt: Die Menschen in der Region befürworten ein flächendeckendes Angebot an Krankenhäusern. Die Dortmunder SPD-Landtagsabgeordneten Anja Butschkau, Volkan Baran, Nadja Lüders und Armin Jahl unterstützen das. Der drohende und teils schon um sich greifende Kahlschlag in der Kliniklandschaft müsse verhindert werden.
Ein Großteil der Menschen in Dortmund wünscht sich eine ortsnahe Krankenhausversorgung. 85,7 Prozent lehnen es ab, dass einzelne Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen geschlossen werden. Das geht aus einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey hervor, die die SPD-Fraktion im Landtag NRW in Auftrag gegeben hat. „Die gute und sichere Versorgung, die sich die Menschen zurecht wünschen, ist gefährdet“, erläutert Volkan Baran. „Denn mit dem Krankenhausplan der schwarz-gelben Landesregierung drohen Klinik-Schließungen.“
Dem steht ein wachsender Versorgungsbedarf gegenüber. Die Zahl der stationär behandelten Patientinnen und Patienten stieg in NRW vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2019 um mehr als zehn Prozent. 2010 waren es knapp 4,2 Millionen Menschen. Daten des statistischen Landesamtes zeigen, dass es 2019 mehr als 4,6 Millionen Menschen waren.
Die SPD-Fraktion will dem wachsenden Bedarf gerecht werden. „Wir lehnen einen Kahlschlag in der Krankenhauslandschaft ab“, sagt Anja Butschkau. „Die Corona-Pandemie hat uns schließlich gezeigt, dass ein leeres Krankenhaus-Bett kein Skandal, sondern eine wichtige Sicherheit ist.“
Die vier Abgeordneten unterstützen daher einen Aktionsplan ihrer Fraktion, der auch in Dortmund eine Stärkung der Gesundheitsversorgung vorsieht. „Wir wollen, dass eine wohnortnahe und gut erreichbare Grundversorgung sichergestellt ist“. Dafür müssten ambulante und stationäre Versorgung miteinander verzahnt sein. „Eine gute Krankenhausplanung berücksichtigt also die Versorgungsstruktur hier bei uns vor Ort“, sagt Nadja Lüders.
Zudem will die SPD-Fraktion für Entlastung beim Krankenhaus-Personal sorgen. „Viele Pflegerinnen und Pfleger sind schon ohne die Folgen der Pandemie überlastet und unterbezahlt“, sagt Armin Jahl. „Die Arbeitsbedingungen müssen attraktiver werden – mit besseren Löhnen und einer Personalbemessung, die dem tatsächlichen Arbeitsaufwand entspricht. Davon profitieren am Ende auch die Patientinnen und Patienten.“