Seit Monaten bangen Beschäftigte der Thyssenkrupp Steel Europe AG um ihre Arbeitsplätze. Konzern-Chef Miguel López schließt seit August letzten Jahres nicht aus, tausende Arbeitsplätze abzubauen. Die Zahlen erstrecken sich dabei auf bis zu 13.000 Stellen, davon rund 600 in Dortmund. Um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen, waren Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gemeinsam mit den Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordneten Sabine Poschmann und Jens Peick am 21. Januar in der Nordstadt zu Gast auf der Westfalenhütte.
Zentraler Partner der Automobilindustrie, der vor großen Herausforderungen steht
Neben einer Besichtigung der Feuerbeschichtungsanlage trat Heil auch in den direkten Austausch mit den Beschäftigten, die ihre Sorgen und Fragen offen mit dem Minister teilen konnten. Dabei standen vor allem die geplanten Stellenkürzungen und die Zukunft der Stahlindustrie in Deutschland im Fokus.
Das Thyssenkrupp Steel Werk Dortmund stellt besonders für die Automobilindustrie einen zentralen Konzern dar, wie beim Rundgang der Feuerbeschichtungsanlage hervorgehoben wurde. Das Unternehmen produziert dabei jährlich rund eine Million Tonnen feuerverzinkten Stahls.
„Die Stahlproduktion hier läuft rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr“, erklärte ein Mitarbeiter des Werks. Als einer der größten Kunden von Thyssenkrupp Steel Dortmund gilt Automobilhersteller Volkswagen.
Dennoch steht die Zukunft von Thyssenkrupp Steel Dortmund aufgrund des möglichen Stellenabbaus vor großen Herausforderungen. Das Unternehmen nennt dabei mehrere Gründe für die Kürzungen.
Unter anderem setzten günstige Stahlimporte aus Asien die Preise unter Druck, und die schwache Wirtschaft führt zu weniger Nachfrage nach Stahl. Gleichzeitig machten die hohen Kosten für die Umstellung auf eine klimafreundliche Produktion die Lage noch schwieriger.
Generationen im Werk: Beschäftigte zeigen Sorgen um ihre Zukunft
Es ist keine Seltenheit, dass in der Stahlindustrie Beschäftigte über Generationen hinweg im selben Werk tätig sind. Auch in Dortmund berichten die „Hoeschianer“, seit Jahrzehnten in der Branche zu arbeiten – oft gemeinsam mit weiteren Familienmitgliedern. Umso größer ist die Sorge vieler Beschäftigter um eine sichere Zukunft.
Besonders eine Mitarbeiterin äußerte ihre Ängste angesichts der geplanten Stellenstreichungen, die sie mit ihrem Bruder teilt, der ebenfalls in einem Thyssenkrupp-Werk arbeitet.
Für diese Sorgen zeigte der Minister vor Ort großes Verständnis. Er berichtete den Beschäftigten von seiner Heimatstadt, die ebenfalls stark von der Stahlindustrie geprägt war, aber in den vergangenen Jahren einen massiven Stellenabbau erleben musste.
„Deutschland muss Stahlland bleiben“ – Heil fordert mehr Unterstützung
Für den Bundesarbeitsminister ist klar: „Deutschland muss Stahlland bleiben“, wie er den Beschäftigten mit Nachdruck versichert. Dabei müsse der Staat eine aktive Rolle bei der Unterstützung der Branche spielen und nicht „die Hände in den Schoß legen“. Länder wie die USA und China investierten laut Heil konsequenter in ihre Industriepolitik, was in Deutschland zunehmend in den Hintergrund gerückt sei.
Zudem betonte der Gast aus Berlin, dass die Transformation hin zu grünem Stahl nicht auf Kosten der Belegschaft erfolgen dürfe und betonte die Bedeutung der Stahlindustrie für die deutsche Wirtschaft und den Klimaschutz.
Projekte wie die Wasserstoffwirtschaft seien dabei essenziell, um den CO₂-Ausstoß der Branche deutlich zu senken und ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. „Wir müssen alle ein bisschen Verantwortung übernehmen“, forderte Heil und richtete sich dabei an Management, Sozialpartnerschaft, die Belegschaft sowie den Staat.
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