Von Nadine Albach
Der Dortmunder Hafen ist ein Jobmotor – für die Stadt und für die Region. Im zweiten Teil des Interviews spricht Uwe Büscher, Vorstand der Hafen AG, über Chancen und Pläne für die Zukunft.
Für manchen Außenstehenden hat der Hafen Dortmund kaum noch etwas mit Schiffsverkehr zu tun. Trotzdem wollen Sie kein Hafenbecken zuschütten – warum nicht?
Das wird man in meiner Zuständigkeit nicht erleben, weil der Schiffsverkehr in Zukunft weiter zunehmen wird. Aktuell haben wir in Dortmund beispielsweise einen Anteil von 5 bis 10 Prozent am Containerumschlag, der mit dem Binnenschiff bewerkstelligt wird. Das Gros wird zu gleichen Teilen auf Schiene und Straße transportiert. Aber wir werden den Modal Split – also die Aufteilung von Gütern auf unterschiedliche Verkehrsträger innerhalb einer Transportkette – zu Gunsten des Schiffes erhöhen. Das Problem ist nur, dass es derzeit kaum etwas Günstigeres gibt als den Lkw-Verkehr. Allerdings wird hinter den Kulissen hart daran gearbeitet, zum Beispiel die Dieselantriebe von Binnenschiffen ökologischer zu gestalten. Aus meiner Sicht ist das Schiff das Transportmittel der Zukunft, um die Versorgungssicherheit der Rhein-Ruhr-Region dauerhaft sicher zu stellen.
Was tut der Hafen außerdem, um die Umwelt zu entlasten?
Wir sind vollkommen von der Umweltzone umschlossen, nur der Hafen selbst ist ausgenommen. Aber alles, was die 161 Unternehmen hier tun, ist auf dem Stand der Technik. Es gab den krassen Envio-Fall, unter dem unser Image gelitten hat – aber das ist ein krimineller Auswuchs, der nicht stellvertretend für die anderen Unternehmen steht, die hart an ihrer Umweltkompatibilität arbeiten. Übrigens gehören wir seitdem zu den am besten überwachten Industriegebieten in Deutschland.
Die Planco-Studie sieht für die Zukunft die Häfen im Vorteil, die es mit nicht so viel Konkurrenz zu tun haben. Ist die Dichte an Häfen ein Problem für Dortmund?
Ich teile diese Analyse nicht. Im Gegenteil wollen wir die Kooperation mit dem Duisburger Hafen ausbauen – zum Beispiel kann ich mir vorstellen, die Flächenentwicklung an der Westfaliastraße und der Westfalenhütte gemeinsam voranzutreiben. Was mögliche Konkurrenzsituationen im kombinierten Verkehr angeht, bin ich sicher, dass die sich in ein bis zwei Jahren relativieren werden: Angesichts der Menge, die verarbeitet werden muss, haben wir nicht zu viele Terminals für den kombinierten Verkehr, sondern zu wenige.
„Die Autobahnbrücken müssen dringend saniert werden“
Nun zu den Chancen: Laut Fraunhofer-Institut würde eine Schwergutumschlaganlage das Leistungsportfolio bestens ergänzen: Ist eine Realisierung sinnvoll?
Ja. Die Autobahnbrücken wie zum Beispiel die der A45 sind jetzt über 40 Jahre alt und müssen gerade mit Blick auf Schwertransporte dringend saniert werden. Als Alternative entwickeln wir das Angebot, die entsprechenden Schwergüter aus dem Sauerland oder Siegerland mit dem Zug zum Dortmunder Hafen und von hier mit dem Binnenschiff zu den Seehäfen zu transportieren. Wir müssen aber genügend Interessenten finden, damit das wirtschaftlich darstellbar ist. Ich könnte mir vorstellen, auf der westlichen Seite der Speicherstraße eine komplette Schwergutumschlaganlage zu errichten – aber dafür müssen einige Millionen Euro investiert werden. Deswegen sehe ich zumindest kurzfristig keine Möglichkeit für die Umsetzung.
Im näheren Umfeld gibt es keine Roll-on-Roll-off-Anlage: Wäre das eine Option für Dortmund?
Das wäre mein Traum, dass unsere Betriebsfahrzeuge direkt in den Hafen geliefert werden (lacht). Aber Spaß beiseite: Die Transportketten der großen Automobillogistiker müssen sich heute sehr gut überlegen, wo sie so etwas ansiedeln und da kommt Dortmund nicht in Frage – u.a., weil wir nicht direkt am Rhein liegen und die Autos mühsam mit dem Binnenschiff transportiert werden müssten. Das ist nicht das Betätigungsfeld, für das ich bei uns eine Zukunft sehe.
Auch im Bereich Biomasse gibt es bislang wenige Anbieter für Umschlag und Lagerung…
Ja, ich gehe davon aus, dass sich die Kraftwerksinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahren erheblich verändern wird: Weg von den fossilen Brennstoffen Gas und Kohle, hin zu Biobrennstoffen und regenerativen Energieträgern. Da könnte der Dortmunder Hafen als Transport- und Umschlagstätte eine hohe Bedeutung bekommen.
Bisher fehlt es dem Dortmunder Hafen an kontinentalem Verkehr im euro-asiatischen Raum, insbesondere zur Türkei: Haben Sie entsprechende Pläne?
Ja. Generell möchte ich mich persönlich um intensivere Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Türkei und dem Standort Dortmund bemühen. Allerdings stellen die schwierigen innenpolitischen Gegebenheiten in der Türkei derzeit ein Hemmnis dar.
„Der Hafen ist zeitlos“
Wie sehen Sie die Zukunft des Dortmunder Hafens?
Der Hafen ist zeitlos: Vor 115 Jahren hätte man sicher nicht gedacht, dass dieses Kind so gute Gene hat. Für das östliche Ruhrgebiet ist die Bedeutung des Hafens enorm: Unsere Fangarme reichen bis nach Soest, Arnsberg, in das Münsterland und nach Duisburg. Auch die ständig steigenden Arbeitsplatzzahlen zeigen den Erfolg: Wir sind heute bei 7.000 bis 8.000 hafenaffinen Arbeitsplätzen. Für die Zukunft liegen die großen Chancen darin, dass der Dortmunder Hafen einen wichtigen Beitrag zur Green Logistic leistet und zur wirtschaftlichen Prosperität Dortmunds, des östlichen Ruhrgebiets und Nordrhein-Westfalens beiträgt.
Hafenbuch ist im Handel erhältlich
Der Text ist ein Auszug aus dem Buch „Der Dortmunder Hafen: Geschichte – Gegenwart – Zukunft“ . Das Buch ist im Aschendorff Verlag unter der ISBN-Nr. 978-3-402-13064-3 erschienen und für 24,80 Euro im Buchhandel erhältlich.
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