Zehnter Jahrestag des Verbots der rechtsextremen Vereinigung „NW DO“:

„BlockaDO“ und Neonazis veranstalteten Kundgebungen in der City von Dortmund

Gegenprotest fand in Form von einer Plakataktion gegenüber von der Kundgebung der Partei „die Rechte“ statt.
Gegenprotest fand in Form von einer Plakataktion gegenüber von der Kundgebung der Partei „die Rechte“ statt. Die Plakate greifen die Abwanderung vieler bekannter Neonazis in den Osten Deutschlands auf.

Vor zehn Jahren – am 23. August 2012 – entschied der damalige NRW-Innenminister Ralf Jäger  den „Nationalen Widerstand Dortmund (NW DO)“ , die „Kameradschaft Aachener Land“ und die „Kameradschaft Hamm“ zu verbieten. Gegen das Verbot protestiert die Partei „Die Rechte“ seitdem jedes Jahr, so auch am Abend des zehnten Jahrestages.

„NW DO“ orientierte sich am 25-Punkte-Programm der NSDAP

Treffpunkt der Mitglieder:innen des „Nationalen Widerstands Dortmund“ war das „Nationale Zentrum R135“ an der Rheinischen Straße 135. Bis 2009 hatte das Ladenlokal den Dortmunder Neonazis als Standort zum Vertrieb von rechtsextremer Musik und szenetypischer Bekleidung gedient. ___STEADY_PAYWALL___

Die Rheinische Straße 135 - Sinnbild für den jahrelangen Kampf gegen die Nazianmietungen in Dortmund.
Die Rheinische Straße 135 – Sinnbild für den jahrelangen Kampf gegen die Nazianmietungen in Dortmund. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Laut Verbotsverfügung hatten die dort abgehaltenen Treffen zum Ziel, die aktuellen Planungen zu besprechen und gemeinsame Vorgehensweise festzulegen. Auch Schulungsveranstaltungen oder Liederabende veranstaltete der „NW DO“ regelmäßig. Insgesamt führten die Ermittler:innen für das erste Halbjahr 2012 – über die wöchentlichen „Kameradschaftstreffen“ hinaus –  etwa dreißig Veranstaltungen und Aktionen auf.

„Zielsetzung ist die Verbreitung nationalsozialistischer Grundideen und Ideologien mit dem Ziel der Bekämpfung der freiheitlich demokratischen Grundordnung“, hieß es in der Verbotsverfügung des NRW-Innenministeriums.

Die Verherrlichung des Nationalsozialismus, die Verwendung dessen Sprache und die Identifikation mit maßgeblichen Funktionsträgern spiegele sich in der fremdenfeindliche und rassistische Grundeinstellung und der antisemitischen Propaganda der Mitglieder:innen wieder. Zudem würden die Mitglieder:innen des „NW DO“  in der Tradition der SA  „auch die gewaltsame Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner als probates und gebotenes Mittel der Zielerreichung ansehen.“

Aus den Trümmern des „NW DO“ entstand die Partei „Die Rechte“

Nachdem die Stadt Dortmund das Haus in der Rheinischen Straße 135 erworben hatte, um den Neonazis zuvorzukommen, erfolgte im Zuge einer groß angelegten Razzia im August 2012 eine Hausdurchsuchung des „R135“. Gefunden wurden neben Propagandamaterial, 147 Waffen oder waffenähnlichen Gegenstände, NS-Devotionalien und auch 1.000 Plakate der NPD.

Viele der insgesamt 62 Mitglieder:innen des „NW DO“ reorganisierten sich nach dem Verbot im August 2012 in der neuen Partei „Die Rechte“, die im September 2012 gegründet wurde. Unter dem Schutz des Parteiengesetzes agierten die ehemaligen Aktiven des „Nationalen Widerstands Dortmund“ weiter und schafften es sogar in den Dortmunder Stadtrat.

Kim Schmidt, Pressesprecherin der Autonomen Antifa 170, äußert sich kritisch zu dem Verbot: „Das Kameradschaftsverbot vor zehn Jahren hat kaum Wirkung gezeigt. Die Neonazis haben sich in kürzester Zeit neu organisiert, zum Beispiel in der Partei ,Die Rechte‘.“ Im vergangen Jahr betonte Kim Schmidt bereits, das „NW DO“-Verbot habe im Zuge der Selbstenttarnung des NSU im Jahr 2011 in ersten Linie einen symbolische Charakter gehabt.

„Euer Grundgesetz ist unsere Waffe“ steht es auf den gelben T-Shirts anlässlich des „NW DO“ Verbots. Der Satz spielt auf
„Euer Grundgesetz ist unsere Waffe“ steht es auf den gelben T-Shirts anlässlich des „NW DO“ Verbots. Der Satz spielt auf den Parteienstatus an, durch den die extrem Rechten sowohl Schutz als auch Privilegien genießen.

Auch Pfarrer Friedrich Stiller, Sprecher des Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus, merkt an: „In der damaligen Verbots-Begründung hieß es sie seien fremdenfeindlich, rassistisch, antisemitisch und eine Gefahr für ein friedliches Zusammenleben. Daran hat sich bis heute nichts geändert.“

Gleichzeitig sei es wichtig, wachsam zu bleiben, so Pfarrer Stiller. Nach Ansicht des Arbeitskreises zeigten gerade die Corona-Proteste in jüngster Vergangenheit, dass Neonazis aber auch Rechtspopulisten weiterhin jede Gelegenheit nutzten, um aktiv die Grundlagen unserer Demokratie auszuhöhlen.

Um ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz zu setzen, lädt auch der Arbeitskreis zu dem von den Quartiersdemokraten nach zweijähriger Corona-Pause erstmals wieder stattfindenden Demokratiefestival am 26. August auf dem Wilhelmplatz ein. Unter dem Motto „Vielfalt lieben, Dorstfeld leben“ wird es ein buntes Fest mit Bühnenprogramm und vielfältigen Mitmachaktionen geben. Viele verschiedene Institutionen, Bündnisse und Vereine feiern dort ab 11 Uhr die Demokratie. 

Protestaktionen am zehnten Jahrestag in der Dortmunder City

Protest gegen die Kundgebung der Partei „die Rechte“ organisierte „BlockaDo“.
Protest gegen die Kundgebung der Partei „die Rechte“ organisierte „BlockaDo“.

Am Abend des 23. August nahmen rund 65 Personen an einer Kundgebung der Partei „die Rechte“ teil. Über eine Stunde lang berichteten Aktive von Repressionen und Schikanen gegen die rechtsextreme Szene, wie beispielsweise das Verbot des „NW DO“.

Neben einer wenig aufschlussreichen Argumentation darüber, ob Gender-Sprache ein Verbrechen gegen die Menschenrechte darstellt und poppiger Musik, die den „White Boy Summer“ ankündigte, war die Kundgebung in erster Linie geprägt von Zwischenrufen der Passant:innen und verhaltenem Applaus der anwesenden Rechten.

Laut skandierte Parolen und Zwischenrufe, wie „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ und „Es ist 1945, ihr müsst nach Hause“ verleiteten die Redner:innen der rechten Kundgebung in der Katharienenstraße immer wieder dazu, von ihren Reden abzusehen und auf die Rufe der Gegendemonstrant:innen einzugehen.

Bereits eine Stunde vor der Kundgebung der Rechten hatte das Bündnis „BlockaDo“ zu einer Gegenveranstaltung vor dem Dortmunder Fußballmuseum aufgerufen. Redebeiträge informierten umfangreich über den „Nationalen Widerstand Dortmund“. Zudem wiesen die Redner:innen die Passant:innen immer wieder auf die nahegelegene Kundgebung der Partei „Sie Rechte“ hin.  An dem angemeldeten Gegenprotest nahmen etwa 55 Personen teil.

Am Wochenende gibt es mehr Protest – sowohl von linken, als auch von rechten Aktivist:innen

In den sozialen Netzwerken ruft die Autonome Antifa 170 seit Anfang August zur Demonstration am kommenden Samstag auf.
In den sozialen Netzwerken ruft die Autonome Antifa 170 seit Anfang August zur Demonstration am kommenden Samstag auf. Autonome Antifa 170 auf Instagram

Dem Mythos „Dorstfeld Nazikiez“ möchte auch die „Autonome Antifa 170“ etwas entgegensetzen. Unter dem Motto „Bringin‘ it down – Beständig und konsequent gegen rechte Strukturen“ ruft sie deshalb zu einer Demonstration am kommenden Samstag auf.

Um 14 Uhr startet der Demonstrationszug an der Reinoldikirche und soll dann nach Dorstfeld ziehen. Kim Schmidt, Pressesprecherin der Autonomen Antifa 170, betont: „Es reicht nicht, dass die Neonaziszene schwächelt. Wir wollen gemeinsam mit allen Antifaschist:innen die rechten Strukturen und die Naziszene zerschlagen.“

Als Reaktion auf die antifaschistische Demonstration kündigte die Partei „Die Rechte“ nun auch eine Protestaktion in Form einer Kundgebung an. An der Kreuzung Thusneldastraße Ecke Emscherstraße soll die Versammlung „Für ein lebenswertes Dorstfeld“ ab 15 Uhr – also während des linken Demonstrationszuges – stattfinden.

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  1. Antifa-Demo nach Dorstfeld am Samstag (PM AA 170)

    Für den Samstag ruft die Autonome Antifa 170 dazu auf, um 14 Uhr zur Reinoldikirche zu kommen, um als Demonstration unter dem Motto „Bringin it down – beständig und konsequent gegen rechte Strukturen“ nach Dortmund Dorstfeld zu ziehen, um gegen die lokale Naziszene und den Mythos um den angeblichen „Nazikiez“ zu protestieren. Erst vor wenigen Tagen jährte sich das Verbot der Nazi-Kameradschaft „NWDO“ zum zehnten Mal. Die Antifaschist:innen kritisieren die Wirkungslosigkeit des Verbots und betonen die Wichtigkeit als Zivilgesellschaft gegen die Neonazis vorzugehen.

    Bereits am Dienstag protestieren Antifaschist:innen gegen die Neonazis, die auch zehn Jahre später noch gegen das Kameradschaftsverbot demonstrieren. Es war eine der wenigen öffentlichen Auftritte der Neonazi-Szene in den letzten Zeit. „Dass zu der letzten Kundgebung zum Kameradschaftsverbot nur 50 Nazis kamen, zeigt die aktuelle Schwäche der Nazi-Szene. Gleichzeitig zeigt es, dass wir in Dortmund immer noch ein Nazi-Problem haben“, so Kim Schmidt, Pressesprecherin der Autonomen Antifa 170.

    „Die Neonazis blicken auf eine lange Geschichte zurück und das Kameradschaftsverbot stellt keinen Bruch für die Neonazi-Szene dar. Für den Bruch der Neonazi-Szene müssen Antifaschist:innen und die Zivilgesellschaft sorgen. In den letzten Jahren konnten wir schon viel erreichen, aber das reicht uns noch nicht. Eine schwächelnde Nazi- Szene ist kein Signal dafür, sich zurückzulehnen. Für Antifaschist:innen ist es gerade jetzt wichtig, nachzutreten. Trotz ihrer aktuellen Schwäche sind die Dortmunder Neonazis weiterhin organisiert und vernetzt. Unser Ziel ist es, der Nazi-Szene ein Ende zu setzen, bevor sie wieder an Stärke gewinnen. Die Demonstration ist ein Baustein im Kampf gegen Nazis.“.

    In einer Reaktion auf Telegram kündigte die Splitterpartei „Die Rechte“ keine Gegenaktionen an. Im letzten Jahr haben Neonazis gegen die Demo geklagt, nachdem die Polizei ihnen die Route weitergegeben hatte, und warfen der Demonstration Steine entgegen. „Verletzt wurde niemand, der Angriff ist aber ein Beispiel für das Gewaltpotential der schwächelnden Neonazi-Szene. Das gilt auch für den kommenden Samstag zu bedenken“, bewertet Schmidt.

    Bereits in den 2000er Jahren zogen die ersten Neonazis gezielt in die Straßenzüge nahe des Wilhelmplatzes in Dorstfeld, um einen Nazi-Kiez zu etablieren. In den folgenden Jahren übernahmen vielfach Medien und Zivilgesellschaft die Erzählung, dass Dorstfeld ein Nazi-Stadtteil sein, obwohl die Neonazis nie Kontrolle über den ganzen Stadtteil hatten. Trotzdem stellen die Neonazis eine Gefahr für viel Menschen dar. Die Anzahl und Intensität rechter Gewalttaten schwankt dabei wellenartig und wird mal stärker, mal schwächer.

    Der Neonazi-Szene schlug in den vergangenen Jahren vielfältiger Protest entgegen. Nachdem die Zivilgesellschaft immer wieder Druck auf die Stadt ausübte, wurden auch Stadt und Polizei gegen die rechte Szene aktiv. Dadurch sind die Neonazis unter anderem häufiger Ziel von Repression und städtischen Öffentlichkeitsaktionen. In den letzten Monaten haben einige Neonazis Dortmund verlassen.

  2. Versammlungslage am Samstag – Die Polizei informiert (PM)

    Die Dortmunder Polizei informiert über Versammlungen am Samstag, 27.8. in der Dortmunder-Innenstadt und dem Dortmunder Westen.

    Eine Versammlung mit mehreren hundert Teilnehmenden soll am frühen Nachmittag in der Innenstadt starten und dann ihren Weg über die Rheinische Straße in Richtung Westen nehmen. Nach einer Zwischenkundgebung in Dorstfeld soll der Abschluss am S-Bahnhof in Dortmund-Dorstfeld erfolgen.

    Für den gesamten Nachmittag ist im Bereich der Innenstadt, der Rheinischen Straße sowie angrenzenden Straßen als auch im Bereich Dorstfeld mit Verkehrsstörungen zu rechnen.

    Darüber hinaus findet eine weitere Versammlung in Form einer Kundgebung in der Nähe des Wilhelmplatz, ebenfalls im Ortsteil Dorstfeld, statt.

    Bitte informieren Sie sich über unseren Twitter Kanal am Versammlungstag über den aktuellen Stand der Einschränkungen. Ebenfalls geschaltet ist ein Bürgertelefon. Unter der Nummer 0231-132 5555 werden Fragen zum aktuellen Versammlungsgeschehen beantwortet. Das Bürgertelefon ist am Samstag ab 12 Uhr erreichbar.

  3. Ulrich Sander, VVN-BdA (Organisation des deutschen Widerstandes, 1947 gegründet)

    Wenn Nazis als verbotswürdig erkannt werden und auch verboten werden, dann gründen sie eine Partei. Das muss zwar nicht zu ihrem Schutz führen – siehe FAP – aber es gelingt immer wieder, ihnen den schützenden Parteistatus zu verleihen. Siehe „Die Rechte“ und „Dritter Weg“. 30 Jahre nach Lichtenhagen hören wir mal wieder mahnende Politikerworte – und diese Politiker, Polizisten, Juristen sind zugleich untätig. Sie halten sich nicht an Artikel 139 des Grundgesetzes. Nachfolgeorganisationen der NSDAP sind verfassungswidrig. Punkt.

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