Sie haben mindestens das sechzigste Lebensjahr vollendet? Dann sind Sie hier genau richtig! Vorausgesetzt, Sie haben die Wahlunterlagen für den Seniorenbeirat der Stadt Dortmund nicht verklüngelt. Die müssten Ihnen in den letzten Tagen per Post zugegangen sein! Denn damit können Sie noch bis zum 5. März einschließlich Ihre Stimme abgeben: zur personellen Besetzung des dem Rat beigeordneten Gremiums, das in den nächsten fünf Jahren die Interessen älterer Bürger*innen vertreten wird.
Seniorenbeirat: Querschnittsaufgabe in vielen Bereichen für die Belange älterer Menschen
Offiziell sind es 160.532 Wahlberechtigte, die in Dortmund bis zum 6. März durch Briefwahl direkt mitentscheiden können, wie sich der Seniorenbeirat in den kommenden Jahren zusammensetzen wird und ihn so legitimieren. Seine Aufgabe besteht darin, sich für die speziellen Belange älterer Menschen in der Stadt einzusetzen.
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Dies betrifft etwa die Wohnungspolitik, den Verkehr, die Kultur- und Bildungspolitik, Fragen der Sicherheit oder Barrierefreiheit sowie Hilfen für ältere Menschen. Eine anspruchsvolle Querschnittsaufgabe mit entsprechend vielfältigen Handlungsfeldern. Wie sein Name schon sagt: das konfessionell und politisch unabhängige Gremium hat eine beratende Funktion.
Wo es um die Interessen von Senior*innen geht, wirken in diesem Sinne seine Vertreter*innen in den Fachausschüssen des Rates und den Bezirksvertretungen (BVs) konkret mit. Indem sie – gleichsam als Bindeglied zwischen Politik und Verwaltung – Perspektiven älterer Menschen bei geplanten Maßnahmen und politischen Entscheidungen einbringen. Der Beirat ist daher Ansprechpartner für Stadtrat, Verwaltung, die BVs und Wohlfahrtsverbände.
Wahl – moderate Bedingungen für Teilnahme: Recht für alle, die länger als sechs Monate gemeldet
Voraussetzung für die Teilnahme an der Wahl ist: am Wahltag (6. März in Dortmund) das 60. Lebensjahr vollendet zu haben und seit mindestens sechs Monaten in der Stadt mit Hauptwohnsitz gemeldet bzw. nicht nach dem Kommunalwahlrecht vom Wahlrecht ausgeschlossen zu sein, wie etwa von Personen im Maßregelvollzug (Forensik). Gleiches gilt für das passive Wahlrecht, die Wählbarkeit.
Sind diese Bedingungen erfüllt und dokumentieren zusätzlich mindestens 25 Stimmberechtigte mit ihrer Unterschrift die Zustimmung für eine Kandidatur – ist die Bewerbung für das Ehrenamt im Beirat gekürt. Damit sind auch alle Bürger*innen mit Migrationshintergrund, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, in einem der zwölf Dortmunder Stadtbezirke wahlberechtigt bzw. könnten gewählt werden.
Doch deren Interesse scheint sich in Grenzen zu halten. Zumindest nach der Erfahrung zu urteilen, die Kristina Kalamijka kürzlich bei einem Besuch in einer Nordstadt-Moschee machte, um Kandidaten für die Liste der Wahlvorschläge zu gewinnen. Der Leiter dort habe ihr mit Blick auf die anwesenden älteren Männer bedeutet: „Keine Chance!“
Demokratische Kandidaturen in der Nordstadt: ein Zeichen gegen völkisches Gesülze
Zusammen mit Dr. Franz-Josef Ingenmey hat sich die 74-Jährige, die bereits seit drei Wahlperioden dem Seniorenbeirat angehört, erneut für die Innenstadt-Nord zur Wahl gestellt. Eigentlich wollte sie nicht erneut kandidieren. „Ein Wortbruch“, wie sie lächelnd eingesteht. Ein nettes Gespräch mit Bezirksbürgermeister Ludwig Jörder Ende letzten Jahres hätte sie zum Nachdenken gebracht.
Was die Stadtgesellschaft aufschreckt: anders als beim letzten Wahlgang, haben sich diesmal auch vier Kandidat*innen für die Neonazi-Partei „Die Rechte“ aufstellen lassen; einer davon in der nördlichen Innenstadt. Die beiden demokratischen Bewerber*innen tingeln nun seit Wochen durch den Stadtbezirk, um sich älteren Mitbürger*innen vorzustellen. Sie waren in Pflegeheimen, Kirchengemeinden, Gaststätten, Apotheken, haben dort ihre Konterfeis abgegeben.
Beide wussten zum Zeitpunkt ihrer Aufstellung übrigens nicht, dass es bei der anstehenden Entscheidung zum Beirat letztendlich auch darum geht, ein friedliches Zusammenleben unter dem Dach von Toleranz und Vielfalt zu schützen: konkret, um zu verhindern, dass die Feinde demokratischer Strukturen, die Dortmunder Neonazis demnächst ihr völkisches Gesülze gegen freies Denken in einem qua Wahl legitimierten, kommunalen Organ verbreiten können.
Neonazis drängeln, Menschen mit Migrationshintergrund halten sich (leider) bedeckt
Der Hintergrund: aus der nördlichen Innenstadt – anders als aus den drei „älteren Stadtbezirken“ Aplerbeck, Brackel und Hombruch – sind lediglich zwei statt drei Vertreter*innen Mitglied. Und es gibt hier auf der Wahlliste neben ihnen eben nur den einen Neonazi-Kandidaten. Dem aber – als bei der Wahl vielleicht unterlegenen Person – stünde in den kommenden fünf Jahren quasi auf Abruf die Nachfolge in das Gremium zu.
Weil in diesem (Nordstadt-)Fall eine – die eigene – Stimme genügte, um beim eventuellen Ausscheiden einem der beiden prospektiven Mitglieder des Seniorenbeirates – Kristina Kalamijka und Franz-Josef Ingenmey – als dann Drittplatzierter ins Gremium zu folgen. Ein Ereignis, das generell im gehobenen Alter, wenn der Tod irgendwann unbestechlich an die Tür klopft, sowieso nicht auszuschließen ist. Doch fanden sich leider keine weiteren Bewerber*innen, um dies auszuschließen.
Insbesondere das fehlende Engagement von Migrant*innen aus der Nordstadt fällt auf. Oder waren es nur Kommunikationsfehler seitens der Stadt? In Sachen Mehrsprachigkeit oder Aufklärung zu Bedeutung und Funktion des Beirats? – Die Liste der Kandidat*innen (s.u.) lässt jedenfalls wenig Willen zur Partizipation in der Sache aus diesem Teil der Nordstadt-Bürgerschaft erkennen. Das sei schon schade, befindet Franz-Josef Ingenmey.
Ein neues Team aus und für die Nordstadt im Seniorenbeirat stellt sich vor
Der promovierte Stadtplaner ist Newcomer, was explizite Belange von Senior*innen betrifft, doch seit vielen Jahren in Dortmund ehrenamtlich unterwegs – wie im Freundeskreis Hoeschpark, der Stiftung Soziale Stadt und beim Runden Tisch „BVB und Borsigplatz“. Seine Erstkandidatur für den Beirat entstammt solchen Zusammenhängen. Da sei die Frage nach dem Alter gekommen, bekennt er. Und auch da hat es gepasst, positiv.
Sein angestammtes Kompetenzfeld: alles, was mit Planen, Bauen, Wohnen zu tun hat. – Aus dem Blick älterer Menschen, zu denen er nun selbst zählt. Wenn es etwa um barrierefreien Öffentlichen Personen Nahverkehr geht oder seniorengerechtes Wohnen und vieles mehr. – Es ist stets derselbe Mechanismus: Multiperspektivität – Gestalten aus den Augen unterschiedlicher Lebens- und Soziallagen. Kinder, Erwachsene, unterschiedliche Einkünfte, Herkunftskulturen, Kompetenzen und so fort.
Den Rechten und Ansprüchen aller in der Kommune gerecht werden, dafür sich zu engagieren. Kristina Kalamajka ist seit langem ehrenamtlich tätig. Elternpflegschaften, Sportvereine, Gemeinderäte – und im Seniorenbeirat. Einer ihrer Schwerpunkte dort: Öffentlichkeitsarbeit. Mit Erfolg und Hartnäckigkeit: die langersehnte Einführung einer Ehrenamtskarte in Dortmund ist maßgeblich diesem Gremium zu verdanken.
Weitere Informationen:
- Seniorenbeirat bei der Stadt Dortmund; hier:
- Liste der Kandidat*innen für die Seniorenbereitswahl am 6. März 2020; hier:
- Wer bis zum 07.02.2020 noch keine Briefwahlunterlagen erhalten hat, aber meint, wahlberechtigt zu sein, kann sich in der Woche vom 10. bis zum 14. Februar 2020, bei den Bürgerdiensten (Bereich Wahlen) unter 0231 / 50 – 10931 oder per Mail unter wahlen@stadtdo.de melden.
- Die ausgefüllten Briefwahlunterlagen müssen bis spätestens zum 5 März 2020 an die in den Briefwahlunterlagen genannte Adresse (Wahlleiterin der Stadt Dortmund, 44103 Dortmund) zurückgesendet werden. Die Rücksendung der zugesandten Unterlagen ist innerhalb der BRD portofrei.
- Am 6. März 2020 findet die öffentliche Auszählung aller Stimmen in der Bürgerhalle und der ersten Etage des Rathauses, Friedensplatz 1, 44135 Dortmund statt.
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