Bildung gegen Populismus, Ausgrenzung, Spaltung: Mitglieder des Dortmunder Weiterbildungsforums als Träger mit Auftrag

Über 40 Mitglieder zählt mittlerweile das Dortmunder Weiterbildungsforum
Über 40 Mitglieder zählt das Dortmunder Weiterbildungsforum mittlerweile. Fotos (2): Thomas Engel

Deutscher Weiterbildungstag 2018: alle zwei Jahre wird bundesweit auf die gesellschaftliche Bedeutung von Bildung und Weiterbildung aufmerksam gemacht. Das Motto lautet diesmal: „Weiter bilden, Gesellschaft stärken!“ – Zu diesem Anlass hat das Dortmunder Weiterbildungsforum e.V. (dwf.) an dem Aktionstag für Mittwoch, den 26. September, eine Reihe dezentraler Schnupper-Veranstaltungen organisiert. Einzelne Mitglieder des Zusammenschlusses, allesamt örtliche Bildungsträger, werden sich und ihre Angebote vorstellen.

Das Motiv des Weiterbildungstages: Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts

(v.l.:) Jutta Reiter, Jan Gerrit Ufer, Petra Skroblin
Kommunale Akteure, unterwegs in Sachen (Weiter-) Bildung (v.l.): Jutta Reiter, Jan Gerrit Ufer, Petra Skroblin

Was die beteiligten Akteure nach dem diesjährigen Leitmotiv des nunmehr 7. Weiterbildungstages besonders umtreibt, ist die Stärkung eines gesellschaftlichen Zusammenhalts, der heutzutage gefährdeter denn je erscheint. Dafür sind deutlich zwei Ursachen auszumachen.

Erstens, historische Großprozesse, die unter verschiedenen Aspekten mit Schlüsselbegriffen wie „Globalisierung“, „Migration“, „Digitalisierung“ oder „Strukturwandel“ umschrieben werden können. Sie führen zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen; unter anderem zu Komplexitätssteigerungen und verstärkten Emergenzeffekten, d.h. unerwarteten Ereignissen in Lebenswelten.

Zweitens: dadurch verändern und erhöhen sich gesellschaftliche Anforderungen an individuelle Lebensführungen. Erwartet wird mehr Plastizität, Variabilität, Offenheit, Mobilität usf. Diesen neuen Herausforderungen relativer Regellosigkeit sind nicht alle wie selbstverständlich gewachsen; es kommt zu Rissen, Schieflagen, und zu unterschiedlichen Reaktionsbildungen.

Folge des schnellen Wandels: Menschen erleben sich zunehmend in unsicheren Situationen

In der Anomie steigt die Wahrscheinlichkeit signifikanter Verunsicherungen, damit einhergehender Ängste: „Als Weiterbildungsträger“, betont Jutta Reiter, Vorstandsvorsitzende des dwf., „nehmen wir wahr, dass immer mehr Menschen sich in unsicheren Situationen erleben.“

Es entsteht einerseits die Gefahr sozialer Spaltungen wie Ausgrenzungen, andererseits die einer erhöhten Rezeptibilität für unterkomplex-populistische Konzepte, die den irritierten Seelen eine neue Kuschelatmosphäre aus Uromas Zeiten einer Volksgemeinschaft vorgaukeln, die es nie gab.

Als „gesellschaftliche Verschärfung“ bewerten die im Dortmunder dwf. organisierten Bildungsträger diesen Gegenwartszustand zusammenfassend. Ihr Mittel, um die fragile, aber gewünschte Kohäsion in der Gesellschaft zu stärken: Bildung bzw. Weiterbildung, in der Hoffnung auf deren besänftigende Funktion fürs rechte Leben.

Jutta Reiter, zugleich Vorsitzende des DGB Dortmund-Hellweg: „Wir glauben, Bildung insgesamt – ebenso wie Weiterbildung – kann Menschen viele Perspektiven bringen: sowohl sich selbst zu fokussieren, als auch für ihre berufliche Qualifikation etwas zu tun.“

Mit (Weiter-)Bildung zur Aufwertung der eigenen Person: Immunisierung gegen Populismus

Logo/Quelle: dwf.
Logo/Quelle: dwf.

Bildung schafft Kompetenzen, eröffnet Handlungsoptionen im Beruf, fördert Teilhabe am öffentlichen Leben. Dadurch verbürgt sie Sicherheit, erhöht Selbstbewusstsein wie Selbstwertgefühl durch Anerkennung in sozialen Umwelten: da kann Eine/r was!

Sie wirkt dadurch gewissermaßen als Prophylaxe, stärkt die Selbstimmunisierungskräfte gegen Heilsversprechen der einfachen Lösungen vom Müllhaufen der Geschichte.

Damit wäre in groben Zügen der Auftrag umrissen, dem sich die zahlreichen WeiterbildungsstrategInnen der Stadt verpflichtet fühlen: kompetente, nach Qualitätsstandards zertifizierte Bildungsangebote für Einzelpersonen wie Betriebe, zugeschnitten auf deren Bedarfe, bereitzustellen.

Wichtig am Handlungskonzept, kommunal wie landesweit: „Bildung“ wird – entsprechend der gesellschaftspolitischen Aufgabendimension ihrer Vermittlung – nicht eindimensional als berufliche verstanden, sondern vielmehr in einem umfassenden Sinn.

D.h.: ebenso nach ihren (inter-)kulturellen, politischen, sozialen, allgemein-humanistischen Dimensionen in individuellen Repertoires personaler Fähigkeiten.

Dortmunder Weiterbildungsträger stellen sich am bundesweiten Aktionstag vor

Geht es um Schuldbildung oder Ausbildung dürfte deren Bedeutung fürs spätere Leben kaum infrage stehen (non scholae, sed vitae discimus). Die Aufmerksamkeit auf das Stiefkind demgegenüber zu richten: auf Fort- und Weiterbildungen, wie auf die Bedeutung von Bildung überhaupt für ein soziales Miteinander – ist erklärtes Ziel der Weiterbildungstage.

Zum Aktionstag am Mittwoch in Dortmund sind eine Reihe von Bildungsträgern des dwf. engagiert dabei: alfatraining, Grone, IBB, maxQ, Tertia, TÜV Rheinland laden ein. Willkommen ist jede/r – ob in einer beruflichen (Um-)Orientierungsphase, an Mitarbeiterqualifikation interessiert oder einfach von schlichter Neugier getrieben.

Die beteiligten Bildungseinrichtungen werden laut Info des dwf. mit einer bunt zusammengestellten Mischung an Schnupperangeboten aufwarten: Workshops, Vorträge, Kompaktseminare, virtuelle Klassenzimmer, Mitmachunterricht in verschiedenen Berufszweigen und Weiterbildungsfeldern – von Gesundheits- und Pflegeberufen über technische Zweige, IT und Telekommunikation, Sprach- und Integrationsförderung bis zum Qualitäts- und Gebäudemanagement.

Unterschiedliche Lernformen anzubieten, beispielsweise Frontalunterricht, aber auch digitalisierte Mischformen wie „Blended Learning“ – das sei spannend, denn nicht alle kämen mit jeder Methode klar, bricht Petra Skroblin, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Dortmunder Weiterbildungsforums, eine Lanze für die Breite des Lehrngebots.

Nach Jahren der Elternzeit etwa, ergänzt Jan Gerrit Ufer vom Grone-Bildungszentrum NRW GmbH (gemeinnützig), da sei natürlich schon viel verpasst worden; dem müsse von der Angebotsstruktur her zweifelsfrei Rechnung getragen werden, sind sich die SpezialistInnen in Sachen Erwachsenenbildung einig.

Weiterbildungsberatung: Kostenfrei und trägerneutral für Einzelpersonen wie Betriebe

Das kommunale Netzwerk für Fortbildung um das dfw.
Das kommunale Netzwerk für Weiterbildung um das dfw.

Seit rund 25 Jahren ist das dwf. in Dortmund aktiv. Ursprünglich wurde es um die Weiterbildungsberatung herum gegründet, die offen für Einzelpersonen wie Betriebe ist. Die Beratung ist kostenfrei und trägerneutral: Wer was bedürfnisorientiert für Ratsuchende anbietet – die Auskunft darüber schließt keine kommunalen Bildungsträger aus, ob Mitglied des Vereins oder nicht. Zumal InteressentInnen drei Anbieter für ihre Wünsche abklappern müssten, das seien die Formalia, so Petra Skroblin.

Für die mittlerweile über 40 namhaften Dortmunder Trägerinstitutionen, die hier – eingebettet in einem Netzwerk – organisiert sind, ist Ortsansässigkeit allerdings Pflicht. Manche kämen wegen der Mitgliedschaft sogar in die Stadt – insofern gäbe es hier auch Wirtschaftsförderung, meint Jutta Reiter irgendwann zwischendurch mit einem gewollten Augenzwinkern Richtung Thomas Westphal.

Neben den Weiterbildungseinrichtungen, die am Mittwoch in Dortmund (abgesehen von alfatraining in Bochum, s.u.) ihre Türen öffnen werden, gehören dazu unter anderem die Kammern (HWK/IHK), VHS und Auslandsgesellschaft NRW, das Berufsförderungswerk und DGB-Bildungswerk, Ruhr Akademie, dobeq (AWO), KOBIseminare, das Evinger EWZ, TÜV Rheinland Akademie sowie der TÜV-Nord Bildung.

Kostendeckendes Arbeiten der Weiterbildungsträger erfordert offenbar viel Phantasie

Konkurrenz untereinander? Ein normaler Wettbewerb wie in jeder anderen Branche auch, meint Jan Ufer. Einerseits, denn neben dem Kaufmännischen käme der Bildungsauftrag hinzu. Doch nicht einmal die Sicherung kostendeckenden Arbeitens scheint nach Auskunft der drei Bildungsträger-VertreterInnen bei den staatlicherseits festgelegten Kostensätzen pro Stunde/TeilnehmerIn gewährleistet zu sein.

Es muss wohl einiges an Phantasie aufgebracht werden, war aus der Runde herauszuhören, um beim Unterricht dringend benötigte Leistungen, die den Behördenflachbildschirm nicht erreichen, auch erbringen zu können: von einer angemessenen sozialpädagogischen Betreuung in bestimmten Kursen bis zur Fachsprachförderung in der Ausbildung von MigrantInnen. „Bildung muss für Anbieter abbildbar gemacht werden“, fasst Grone-Niederlassungsleiter Östliches Ruhrgebiet, Jan Gerrit Ufer, zusammen.

Unabhängig von solchen Kostendeckungsschwierigkeiten auf Anbieterseite: Formelle Instrumente, (Weiter-)Bildung zu generieren, staatlich gefördert, gibt es offenbar reichlich. Petra Skroblin, ebenfalls Geschäftsführerin des Entwicklungszentrums (EWZ), nennt nur den sog. „Bildungsscheck“, ein EU-/NRW-Förderprogramm, wofür das dwf. offizielle Beratungsstelle ist.

Reichhaltiges Beratungsspektrum des dwf. rund um das Thema Weiterbildung

Quelle: dwf.
Quelle: dwf.

Betriebe bekämen Zuschüsse für MitarbeiterInnen: die Hälfe an den anfallenden Weiterbildungskosten, bis zu max. 500 Euro pro Person; jetzt könnten externe Qualifizierer auch in den Betrieb kommen. Der individuelle Bildungsscheck richtete sich an Personen in Beschäftigung oder in Elternzeit; die Bedingungen für einen Zuschuss sind gleich, es gälte allerdings eine Einkommensgrenze von 40.000 Euro.

Ebenfalls offiziell berät das Dortmunder Weiterbildungsforum beim Bundesförderprogramm „Bildungsprämie“. Auch vor der etwas dickflüssigen Materie von Beratung und Begleitung zur Anerkennung von ausländischen Schul- und Berufsabschlüssen gibt es beim dwf. keine Scheu.

Das sei ein beispielhaftes Instrument, andernorts in der Region gäbe es für einen solchen Zusammenschluss bereits Imitationsversuche, sagt Jan Gerrit Ufer, dessen Bildungseinrichtung bereits seit 30 Jahren auch in Dortmund ansässig ist. „Es stellt einfach etwas Positives für die Bevölkerung dar, die Möglichkeiten der kostenlosen Beratung, Menschen auf ihrem Weg beruflich wie auch privat weiterzuhelfen.“

Bei der Beratung zur beruflichen Entwicklung (BBE) bietet das Forum Profilermittlung und Kompetenzerfassung für beruflichen Wiedereinstieg und Weiterbildung sowie Informationen zu betrieblichen und außerbetrieblichen Ausbildungs-/Weiterbildungsmöglichkeiten, schließlich Beratung zu Nachqualifizierungen, Fördermöglichkeiten und Aufstiegsfortbildungen an.

Weitere Informationen:

  • Veranstaltungsübersicht der dwf.-Mitglieder zum 7. Weiterbildungstag, Mittwoch 26. September, in Dortmund, hier:
  • Dortmunder Weiterbildungsforum, hier:
  • Weiterbildungsberatungsstelle des dwf., sowohl individuell wie betrieblich, in der Berswordt-Halle: Kleppingstraße 37, 44135 Dortmund; Tel.: 0231/9509000-7 oder -8
  • Deutsche Weiterbildungstag 2018, hier:
  • Das EU-/NRW-Förderprogramm „Bildungsscheck“, hier:
  • Förderprogramm des Bundes „Bildungsprämie“, hier:

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