Eine Woche nach dem Tod von Mouhamed D. sollte seine Leiche nun am 15. August 2022 auf dem Dortmunder Hauptfriedhof beigesetzt werden. Gespräche mit der senegalesischen Botschaft sorgten jedoch für eine kurzfristige Absage.
Beisetzung kurzfristig abgesagt: Trauernde stehen vor leerem Grab
Die Beerdigung von Mouhamed D., die für Montagmittag angedacht war, wurde kurzfristig abgesagt. Grund waren Gespräche mit der senegalesischen Botschaft, teilte die Pressestelle der Kreisverwaltung Rhein-Pfalz-Kreis auf Anfrage mit. Katrin Pinetzki von der Pressestelle der Stadt Dortmund bestätigte außerdem, dass nach Auskunft der Botschaft, Familienangehörige des Toten eine Überführung in der Senegal wünschen.
Leider erreichte die kurzfristige Absage viele Trauernde zu spät. So fanden sich bereits gegen 11.30 Uhr sowohl Bewohner:innen als auch Vetreter:innen der Jugendhilfe St. Elisabeth auf dem Parkplatz an der Leni-Rommel-Straße ein. Polizisten, die sich auch auf dem Parkplatz aufhielten, informierten über die kurzfristige Absage. Der Leiter der Einrichtung, Friedhelm Evermann bedauert, dass die ehemaligen Mitbewohner:innen des Toten sich nicht mehr von ihm verabschieden konnten.
Angedacht war ein Grab auf dem muslimischen Teil des Friedhofs. Einige Trauernde besichtigten nach Absage der Beerdigung das offenstehende, leere Grab.
Polizei Recklinghausen bittet um Foto- und Videomaterial
Mouhamed D. war am 8. August 2022 durch fünf von insgesamt sechs Schüssen aus einer Maschinenpistole der Polizei Dortmund getötet worden. Der unbegleitete Geflüchtete wohnte seit kurzer Zeit in einer Jugendpflegeeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt, in deren Innenhof er sich mit einem Messer aufhielt.
Was nach Eintreffen der insgesamt elf Polizeibeamt:innen geschah, die die Betreur:innen aus Angst vor einem Suizid des Jungen riefen, ist weiterhin gänzlich unklar, da die Körperkameras („Bodycams“) ausgeschaltet waren.
Die aus Neutralitätsgründen ermittelnde Polizei Recklinghausen bittet nun alle Zeug:innen vorhandenes Foto- und Videomaterial über das Hinweisportal der Polizei NRW zu übermitteln. Über den Link https://nrw.hinweisportal.de/ können nach der Auswahl des entsprechenden Sachverhalts digitale Daten direkt hochgeladen werden.
Protest gegen Polizeigewalt in Dortmund dauert an
Am Wochenende ist in der Innenstadt von Dortmund, nahe des Freizeitzentrum-West (FZW) ein etwa 15 Meter breites Graffito in Erinnerung an der toten Mouhamed D. aufgetaucht. In großen, orangenen Lettern steht geschrieben „Justice 4 Mouhamed“. Neben der Aufschrift findet sich ein Abbild des jungen Senegalesen und der Satz „Nach nur 4 Monaten in Deutschland, 7 Tagen in Dortmund von der Polizei ermordet am 08.08.2022. Mouhamed Lamine Dramé wurde nur 16 Jahre alt.“
Als Zeichen des Protests findet am Montag, den 15. August, um 18.30 Uhr erneut eine Kundgebung am Kurt-Piehl-Platz (Brunnenstraße Ecke Flensburger Straße) statt. Auch in Berlin und Leipzig protestieren Menschen am Montagabend unter dem Motto #justice4mouhamed.
In Gedenken an Mouhamed lädt die Pfarrei Hl. Dreikönige am Montagabend in Zusammenarbeit mit der geistlichen Gemeinschaft Saint Egidio zum Abendgebet für Mohammed D. und alle Betroffenen der Tragödie ein. Beginn ist um 19 Uhr in der St. Antonius-Kirche, Holsteiner Straße 21 – unmittelbar neben dem Tatort. „Wir laden ausdrücklich zu diesem Gottesdienst alle, die sich mit uns im Gebet vereinen möchten, ein“, unterstreicht Pfarrer Ansgar Schocke.
Reader Comments
Frankenhauser Johannes
Es wurde ein geflüchteter Mensch der höchst wahrscheinlich auch noch Traumatisiert war abgeschossen wie ein Stück Vieh. Warum , wegen der Hautfarbe ?
Einfach Schrecklich !!!
Elf Polizisten sollten eigentlich in der Lage sein einem Jugendlichen ohne Schusswaffe das Messer weg zu nehmen.
Es könnte sich durchaus um Fremdenfeindlichkeit handeln, da der getötete Junge ein Flüchtling mit schwarzer Hautfarbe ist. Es wäre nicht das erste mal, dass die Polizei bei geflüchteten Menschen zu unrecht übermäßige Gewalt anwendet.
Johannes Frankenhauser
Ehrenamtlicher Betreuer geflüchteter Menschen
Ulrich Sander (VVN-BdA)
Derzeit arbeiten Hanne T., Felix O. und Ulli S. an dem Buch „Nicht nur die Faust in der Tasche ballen – Das Willi Hoffmeister Buch“ mit Beiträgen von Willi über sich und anderen über ihn. Selbstverständlich steht manches über den DGB darin, das letzte Foto zeigt Willi, Norbert und dich, klar. Nun aber auch Kritik am DGB. Was würde Willi dazu sagen, dass der DGB schweigend die Ankündigung der Polizei hinnimmt, künftig spontane Trauermärsche für Mouhamed zu verbieten? Die Polizei Dortmund urteilt nicht über sich im Fall der Tötung des Jungen, sondern übergibt diese Aufgabe der Polizei Recklinghausen. Das ist sehr zweifelhaft. Aber beim DGB ist es schlimmer. Der DGB Dortmund überlässt die Stellungnahme zum Tod des 16jährigen Senegalesen der Polizei Dortmund! Was soll das? Ich bin seit über 60 Jahren Gewerkschaftsmitglied. Ich möchte, dass die Gewerkschaft unsere Interessen vertritt – auch gegenüber der überbordenden Staatsgewalt. Der DGB sagt nichts – überlässt es der Polizei in Gestalt eines Komplizen des Todesschützen, der nicht ein Wort des Bedauerns über den Tod des Jungen äußert. Der die Täter verteidigt, deren Handlungsweise, die Rassisten und Nazis begeistert. So geht das nicht! Aber so geht es seit Jahren. In Polizeidingen schweigt der DGB und überlässt dies der Polizei in Gestalt der völlig unkritischen DPG, die wie ich dem DGB angehört – ich per Verdi. Die allerdings auch schweigt.
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Vorschlag für Kommission wegen Tod von Mouhamed D.: Politikwissenschaftler Prof. Dr. Dierk Borstel empfiehlt unabhängiges Gremium (PM)
Nach den tödlichen Schüssen der Polizei auf den 16-jährigen Mouhamed D. in der Dortmunder Nordstadt bringt der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Dierk Borstel einen Vorschlag in die Diskussion um Aufklärung ein: „Wer Vertrauen zurückgewinnen will, sollte zusätzlich zum Regelverfahren zwischen den Polizeistellen eine unabhängige Kommission bilden und den Fall mit externer Expertise aufarbeiten lassen.“
Einer solchen Kommission sollten „renommierte Personen wie die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger“ angehören, regt Dierk Borstel an. „Zusammen mit unabhängigen Forschenden und pensionierten, nicht involvierten und erfahrenen Polizeikräften könnten sie den Vorgang begutachten und die Öffentlichkeit informieren.“ Das sei so nicht vorgesehen und sicherlich gebe es juristische Hürden, räumt der Wissenschaftler ein, der an der Fachhochschule Dortmund forscht und lehrt. „Ich würde es trotzdem im Sinne der Stärkung des Rechtsstaates begrüßen, außerdem könnte es dem sozialen Frieden dienlich sein.“
Der Tod von Mouhamed D. am 8. August 2022 hat eine Debatte über Rassismus in der Polizei ausgelöst und sorgt weiterhin bundesweit für Aufsehen. Bei dem Einsatz hatte ein Polizist den Jugendlichen aus dem westafrikanischen Senegal mit einer Maschinenpistole getötet. Die Ermittlungen zu den Umständen dauern an.
Ulrich Sander (VVN-BdA)
Ich muss mich korrigieren: Die DPG gehört nicht dem DGB an, sondern dem Beamtenbund. Die DGB-Gewerkschaft der Polizist:innen ist die GdP. (Gewerkschaft der Polizei) Und die hat bisher offenbar gar nichts gesagt, wie auch der DGB noch über eine Erklärung nachdenkt. Das alles ist ebenfalls kritikwürdig. Zu dem Polizeiskandal darf nicht geschwiegen werden.