Nachdem die Aktivistinnen und Aktivisten zuletzt Ende August die leerstehende Albertus-Magnus-Kirche in der Enscheder Straße besetzten, ist am gestrigen Abend erneut ein leerstehendes Kirchengebäude in der Nordstadt „in Anspruch“ genommen worden.
Neuapostolische Kirche wird seit 2008 nur sporadisch genutzt
Die nur sporadisch genutzte neuapostolische Kirche in der Braunschweiger Straße in der Dortmunder Nordstadt wurde am Freitagabend gegen 21 Uhr besetzt.
2008 wurde hier die letzte Messe gelesen. Seitdem wurde das Gebäude selten genutzt, etwa für das Theater-Projekt „Crash-Test Nordstadt“ 2012, eine Aktion des Dortmunder Schauspielhauses.
Die Eigentümerin des Hauses ist die Neuapostolische Kirche. Das Kirchengebäude unweit des Nordmarktes steht seit langem zum Verkauf. „Ein Käufer hat sich bislang noch nicht gefunden“, berichtet der Pressereferent der Neuapostolen, Frank Schuldt.
Idee eines sozialen Zentrums sollte neuen Raum bekommen
In einem Flyer für die Nachbarschaft in der Braunschweiger Straße, den die Besetzerinnen und Besetzer gerne an die Bewohner in der Nähe des Nordmarktes verteilt hätten, beschreiben sie die – nach ihren Vorstellungen – zukünftige Nutzung der Immobilie:
„Unser soziales Zentrum soll Platz bieten für unkommerzielle und soziale Projekte wie Umsonstläden, Fahrradwerkstätten, Nachhilfe-Gruppen und viele andere künstlerische und politische Projekte“.
Nach einer kurzen Zeit der Eingewöhnung wollte man alle Nachbarinnen und Nachbarn zu Kaffee und Kuchen einladen.
Kundgebung von Unterstützern vor der Kirche wurde zunächst nicht gestattet
Einer der Nachbarn, der Küster der Kirche, alarmierte jedoch eine halbe Stunde nach Beginn der Besetzung die Polizei. Zwischenzeitlich trafen vor dem Gebäude auch immer mehr Unterstützerinnen und Unterstützer der Aktion ein.
Die Anmeldung einer Kundgebung vor der Kirche wurde zunächst von der Polizei nicht gestattet. „Zu ihrer eigenen Sicherheit“, wie der leitenden Beamte der Polizei der Anmelderin, der Dortmunder Landtagsabgeordneten Birgit Rydlewski von der Piratenpartei, zu verstehen gab.
Letztendlich wurde die Versammlung in Sicht- und Hörweite der besetzten Kirche gestattet. Mittlerweile war das Teilstück der Braunschweiger Straße durch starke Polizeikräfte gesperrt.
Keine Duldung: Haus der Neuapostolischen Kirche wurde geräumt
Die Neuapostolische Kirchengemeine zeigte – anders als Pfarrer Ansgar Schocke vom Pastoralverbund Dortmund Nordstadt im August – wenig Verständnis.
Während der Katholik Sympathie für Ziele der Besetzer zeigte und eine Duldung für die Aktion aussprach, erstatteten die Neoapostolen sofort Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. Damit stand einer Räumung des Hauses durch die Polizei nichts mehr im Wege.
Gegen 23.20 Uhr drangen die Polizeikräfte in das Haus ein. Eine knappe Stunde dauerte es, bis die Beamten mit einem Rammbock zu den Besetzern in den oberen Stockwerken vordringen konnten. „Die Türen waren gut verschraubt“, so der leitende Polizeibeamte. „Dann gab es aber keinen Widerstand, alles blieb friedlich.“
Die nach Polizeiangaben zirka 30 Besetzerinnen und Besetzer werden erkennungsdienstlich behandelt. Es droht ihnen nun eine Anklage wegen Hausfriedensbruch.
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Svenja Noltemeyer für die Grünen
Nach der zweiten Kirchenbesetzung:
Gemeinsamer Antrag für ein Soziales Zentrum
Die Kurzbesetzung der neuapostolischen Kirche in der Braunschweiger Straße zeigt
aus Sicht der GRÜNEN, dass die Forderung nach einem selbstverwalteten Sozialen
Zentrum in der Nordstadt weiterhin lebendig ist. Ein gemeinsamer Antrag mehrerer
Fraktionen an die Verwaltung soll nun die Suche nach einem geeigneten Gebäude
voran bringen.
Svenja Noltemeyer, Ratsmitglied der GRÜNEN:
„Nach der Besetzung der Albertus-Magnus-Kirche im August war das die zweite Aktion
innerhalb weniger Wochen, die auf das Problem leerstehender Immobilien einerseits
und den berechtigten Wunsch nach einem selbstverwalteten Sozialen Zentrum andererseits
aufmerksam gemacht hat. In den vergangenen Jahren sind viele soziale Strukturen
und Angebote gerade in der Nordstadt verloren gegangen. Gleichzeitig gibt es
eine Gruppe hochmotivierter Menschen, die mit einem Sozialen Zentrum ein neues Angebot
schaffen wollen. Wenn das gelingt, dann wäre das aus unserer Sicht ein Glücksfall.
Statt sich dabei von Besetzung zu Besetzung zu hangeln, soll nun versucht werden,
das Projekt auf legale Beine zu stellen.
In den letzten Wochen hat es mehrere Gespräche zwischen VertreterInnen der Initiative
AVANTI, dem Mieterverein, dem Quartiersmanagement sowie von GRÜNEN, SPD,
LINKEN und PIRATEN geben. Dabei sind mehrere Möglichkeiten der Nutzung von Gebäuden
durchgespielt worden, leider ohne Erfolg.
Mit einem gemeinsamen Antrag soll deshalb nun die Verwaltung aufgefordert werden,
nach leerstehenden Immobilien zu suchen, die für ein Soziales Zentrum zur Verfügung
gestellt werden können. Ein entsprechender Antrags soll schon in die Sitzung des
nächsten Liegenschaftsausschusses eingebracht werden.“