Am Samstag (9. Oktober 2021) gibt es einen „Trauermarsch“ der Dortmunder Neonazis für Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt vom Hauptbahnhof nach Dorstfeld und entlang der Route mehrere Protestversammlungen von Demokrat:innen und Antifaschist:innen gegen den Nazi-Aufmarsch. Erwartet werden mehrere hundert Rechtsextreme aus dem In- und Ausland, die den Tod der Dortmunder Galionsfigur für einen Aufmarsch nutzen wollen. Sie wollen damit der schwächelnden rechtsextremen Szene wieder etwas Aufwind geben.
Geschwächte Naziszene will mit dem Aufmarsch ein Lebenszeichen von sich geben
Zu einer Protest- und Gedenkversammlung hat der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus aufgerufen. Sie findet ab 14 Uhr an der Kampstraße (U Bahnhaltestelle Westentor – Platz von Buffalo) statt. Der Arbeitskreis kritisiert, dass die Dortmunder Nazis das Ableben des bekannten Nationalsozialisten für einen provokanten Marsch durch die Dortmunder Innenstadt nutzen. ___STEADY_PAYWALL___
Borchardt war am letzten Sonntag überraschend verstorben. Statt einer Beerdigung mit den Angehörigen in aller Stille plant die Naziszene „demonstrativ eine Route durch die halbe Stadt“. „Der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus ist der Überzeugung, dass es nicht darum gehen kann, das Andenken eines Verstorbenen zu schmähen oder zu verunglimpfen. Das widerspricht unseren Überzeugungen und unserem Menschenbild“, heißt es im Aufruf zum Protest.
Es sei aber eine bewusste Provokation der demokratischen Stadtgesellschaft, wenn das Ableben eines überregional bekannten, bekennenden Nationalsozialisten von der Szene dazu genutzt werde, einen Marsch quer durch unsere Stadt zu veranstalten.
Gegenprotest am Westentor: „Gedenkt der Opfer, nicht der Täter!“
„Auch wenn dies als ,Stilles Gedenken’ bezeichnet wird, ist es nichts anderes als eine öffentliche Macht-Demonstration, die der Verherrlichung eines bekannten Rechtsextremisten und vielfach verurteilten Straftäters dient“, kritisiert der Arbeitskreis gegen Rechts. Außerdem sei die Partei „Die Rechte“ die Veranstalterin – auch dadurch werde klar, dass dieser Anlass der Verbreitung ihrer braunen Gesinnung diene.
„Es soll der in letzter Zeit stark geschwächten Dortmunder Naziszene sicher auch dazu helfen, auf sich aufmerksam zu machen. Der Todesfall hätte der Naziszene Anlass zum Innehalten sein können, zur Überprüfung der falschen Lebensentscheidungen. Jetzt wird er wieder nur für braune Propaganda genutzt“, heißt es in dem von Pfarrer Friedrich Stiller unterzeichneten Aufruf.
Das stehe im Gegensatz zu den grundlegenden demokratischen Werten der Dortmunder Stadtgesellschaft und der im Arbeitskreis zusammengeschlossenen Verbände. „Das demokratische Dortmund kann zu so einem provokativen Marsch durch die Innenstadt nicht schweigen. Wir sagen: Gedenkt der Opfer, nicht der Täter! Kein Naziaufmarsch in Dortmund zur Verherrlichung der Nazi-Ideologie.“
Stattdessen ruf der Arbeitskreis zum Gedenken an die Opfer rechter Gewalt auf. Seriösen Schätzungen zufolge wurden seit 1990 nahezu 190 Menschen in Deutschland von Neonazis ermordet. In Dortmund wurden in diesem Zeitraum allein fünf Menschen getötet. An sie muss erinnert werden!
Auch die Grünen aus der westlichen Innenstadt rufen zum Protest auf
„Kein Fußbreit den Nazis und Faschisten“ heißt es bei den Grünen aus der westlichen Innenstadt – auch sie rufen zum Protest auf. In dem Aufruf heißt es: „Genau zwei Jahre nach dem antisemitischen Anschlag in Halle wollen Nazis ab 14 Uhr durch Dortmund ziehen, um ihren Heldenkult zu zelebrieren. Doch dafür ist hier kein Platz!“
„Die Gegenkundgebung ist ein Zeichen gegen Rechts und für Vielfalt und Toleranz“, betonen sie. Um eine sichere Anreise zum Kundgebungsort der Grünen zu ermöglichen, ist die Kundgebung an der Rheinischen Straße/ Ecke Hoher Wall am Unique-Hotel bereits ab 13 Uhr (bis ca. 15.30 Uhr) angemeldet. Das heißt, es werden ab 13 Uhr bereits Teilnehmende vor Ort sein und mit Musik und ersten Redebeiträgen beginnen.
Diesen Versammlungsort auf der westlichen Wallseite finden auch Autonome Antifa-Gruppen gut – sie mobilisieren zur Teilnahme. Doch auch unabhängig von diesem Ort ist mit Protesten gegen den Naziaufmarsch zu rechnen. Sie fordern auf Twitter auf, konsequent gegen Volksverhetzung und Gewalt vorzugehen. Sie rechnen zudem damit, dass deutlich mehr als die bei der Polizei angemeldeten 250 Teilnehmenden gerechnet werden müsse, die auch nach dem Abschluss des Aufmarschs in der Stadt blieben und dann auch noch ein Sicherheitsrisiko darstellten.
Die Polizei will „mit aller gebotenen Konsequenz gegen Straftäter einzuschreiten“
Die Polizei gibt sich gut vorbereitet: „Die Dortmunder Polizei wird diese Versammlungslage mit einer großen Anzahl von Einsatzkräften begleiten. Das Ziel der Maßnahmen wird es sein, friedliche Demonstrationen zu schützen, aber auch mit aller gebotenen Konsequenz gegen Straftäter einzuschreiten“, heißt es in einer Pressemitteilung. Für die rechtsextremistische Versammlung am Samstag seien erneut sehr strenge und umfangreiche Auflagen verfügt worden.
Samstag ab dem frühen Nachmittag möglicherweise bis in die Abendstunden müsse in der westlichen Innenstadt sowie auf der Verbindung Rheinische Straße, Dorstfelder Hellweg in Richtung Dorstfeld mit Einschränkungen für Verkehrsteilnehmer:innen auch im ÖPNV gerechnet werden.
Die Dortmunder Polizei will Informationen zur laufenden Einsatzlage über ihre Social-Media-Kanäle veröffentlichen. Darüber hinaus hat die Dortmunder Polizei ein Bürgertelefon eingerichtet. Dieses ist am Einsatztag ab 10 Uhr unter der Telefonnummer 0231/132-5555 zu erreichen.
Ein besonderer Schwerpunkt polizeilicher Arbeit wird auch bei dieser Versammlungslage die Gewährleistung der uneingeschränkten Pressefreiheit für Medienvertreter:innen sein. Zum Schutz von Journalist:innen werden speziell geschulte Einsatzkräfte der Polizei im Einsatz sein und auch mobile Medienbetreuungsstellen sind im Einsatzraum präsent.
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Demonstrationen am Samstag – Einschränkungen im Bus- und Stadtbahnverkehr möglich – Innenstadt, Dorstfeld und Marten im Fokus (PM)
Wegen mehrerer Demonstrationszüge kann es am morgigen Samstag, 9. Oktober, ab mittags zu spürbaren Einschränkungen im Bus- und Stadtbahnverkehr kommen. Im Fokus sind vorrangig die Bereiche Innenstadt, Dorstfeld und Marten und dabei insbesondere die Stadtbahnlinien U43 und U44. Beeinträchtigungen sind dabei durchaus bis in die frühen Abendstunden hinein möglich. DSW21 bittet dafür um Verständnis.
Informationen und die aktuelle Fahrplanauskunft gibt’s im Internet auf http://www.bus-und-bahn.de sowie in der DSW21-App.
Antifa kritisiert: Polizei rollt Nazis den roten Teppich aus (PM)
Am Samstag, den 09.10., wollen militante Neonazis und Hooligans eine Gedenkdemonstration für den verstorbenen Borussenfront-Gründer Siegfried Borchardt abhalten. Die Autonome Antifa 170 kritisiert, dass die Polizei versucht, Gegenprotest zu verhindern, indem sie die Naziroute verheimlicht und ruft zum Protest auf.
„Linke Demorouten wurden zuletzt unter dem Vorwand der Verkehrsbeeinträchtigung im Vorhinein von der Polizei veröffentlicht. Nazirouten beeinträchtigen den Verkehr entweder nicht oder erscheinen der Polizei schützenswerter“, kritisiert Kim Schmidt, Pressesprecherin der Autonomen Antifa 170, das polizeiliche Verhalten. „Die Polizei Dortmund macht sich mit der Verheimlichung der Route wieder einmal zur Handlangerin der Dortmunder Nazis, um so Protest gegen Nazis zu erschweren. Die Polizei verhält sich damit zutiefst antidemokratisch. Auch dagegen werden wir protestieren“. Am Freitagabend wurde eine Eilversammlung an der Rheinischen Straße 135 angemeldet, um gegen die polizeiliche Geheimhaltungstaktik und den Naziaufmarsch zu demonstrieren. Die Polizei hatte zuvor bekanntgegeben, dass die Nazis vom Hauptbahnhof in den Dortmunder Westen ziehen. In der Rheinischen Straße 135 befand sich bis zum Kameradschaftsverbot 2012 das Zentrum der Naziszene und damit ein Ort von besonderer Relevanz. „Wir fürchten, dass die Polizei auch diesen Versuch des Gegenprotests verhindern möchte und die Kundgebung verbietet“, erklärt Schmidt, „Die Polizei wird uns aber nicht davon abhalten, den Naziaufmarsch zu stören. Wir überlassen den Nazis nicht einfach die Straße.“
Die Antifaschist:innen warnen vor Gewalt durch anreisende Nazis und Hooligans aus anderen Städten. „Die Polizei unterschätzt regelmäßig das Potential und die Gefahr durch Neonazis. Auch diesmal gilt: Antifaschist:innen können sich nicht auf den Staat verlassen. Wir appellieren daher an alle, am Wochenende bei etwaiger rechter Gewalt solidarisch und umsichtig zu handeln“, erläutert Schmidt. Neben verschiedenen weiteren Organisator:innen ruft auch die Autonome Antifa 170 dazu auf, gegen den Aufmarsch zu protestieren: „Die Nazis möchten einen eher ruhigen Trauermarsch abhalten und so einen Heldenmythos um Siegfried Borchardt zelebrieren. Wir rufen alle Antifaschist:innen auf, den Nazis keine Ruhe zu lassen!“. Die Antifaschist:innen weisen auch auf eine Kundgebung vor dem Unique Hotel am Westentor ab 13 Uhr hin.
Demonstrationen am Samstag – U43 und U44 mit Einschränkungen – Buslinien 452 und 460 fahren Umleitungen (PM DSW21)
Wegen mehrerer Demonstrationszüge kommt es am heutigen Samstag (9. Oktober) ab ca. 14.30 Uhr bis auf Weiteres zu Einschränkungen im Bus- und Stadtbahnverkehr in den Bereichen Innenstadt, Dorstfeld und Marten.
Die Stadtbahnlinie U43 fährt nur im Streckenabschnitt zwischen Wickede und „Westentor“. Die U44 bedient nur die Bereiche zwischen Westfalenhütte und „Unionstr.“ sowie zwischen der Endstelle Marten und „Auf dem Brümmer“. Von dort fahren Busse bis zur S-Bahn-Haltestelle „Dorstfeld“.
Die Buslinien 452 und 460 müssen im Innenstadtbereich weiträumige Umleitungen fahren. Auch auf anderen Bus-Linien in den genannten Bereichen sind Einschränkungen möglich. DSW21 bittet dafür um Verständnis.