Der 21. September ist der Welt-Alzheimer-Tag. Weltweit sind etwa 46 Millionen Menschen von Demenzerkrankungen betroffen, zwei Drittel davon in Entwicklungsländern. Bis 2050 wird die Zahl auf geschätzt 131,5 Millionen ansteigen. Seit 1994 finden am 21. September in aller Welt vielfältige Aktivitäten statt, um die Öffentlichkeit auf die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen aufmerksam zu machen. In Dortmund engagiert sich seit 30 Jahren die Dortmunder Alzheimer-Gesellschaft für die Belange von Demenz-Erkrankten und ihrer Angehörigen. Anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages lädt die Gesellschaft am Sonntag, den 22. September 2019 um 15 Uhr zum Ökumenischen Gottesdienst in die St. Suitbertus-Kirche in der Annenstraße 16. Wir haben mit dem Vorsitzenden der Alzheimer Gesellschaft Dortmund, Mirko Pelzer, über die Arbeit und die Herausforderungen gesprochen.
(Die verwendeten Grafiken stammen aus dem Ratgeber für Angehörige der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, der dem Artikel als pdf-Datei anhängt ist.)
Herr Pelzer, was passiert am Welt-Alzheimertag?
Mirko Pelzer: In Deutschland organisieren die örtlichen Alzheimer-Gesellschaften und Selbsthilfegruppen jedes Jahr eine Reihe von regionalen Veranstaltungen. Mit Vorträgen, Tagungen, Gottesdiensten, Benefizkonzerten usw. machen sie die Öffentlichkeit auf das Thema Alzheimer und andere Demenzerkrankungen aufmerksam.
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Auch wir beteiligen uns – allerdings am Sonntag, den 22. September. Wir laden unter dem Motto „Demenz – einander offen begegnen“ zu einem ökumenischen Gottesdienst mit einem anschließenden Kaffeetrinken ein. Es findet am Sonntag um 15 Uhr in der St. Suitbertus-Kirche (Annenstraße 16, Dortmund) statt.
Wie viele Menschen sind denn in Deutschland von Alzheimer und Demenz betroffen?
Mirko Pelzer: Immer wieder geht es darum, auf die Situation der rund 1,7 Millionen Demenzerkrankten und ihrer Familien in Deutschland hinzuweisen. Auch wenn gegenwärtig eine Heilung der Krankheit nicht möglich ist, kann durch medizinische Behandlung, Beratung, soziale Betreuung, fachkundige Pflege und vieles mehr den Kranken und ihren Angehörigen geholfen werden.
Warum ist eine Öffentlichkeitsarbeit wichtig?
Mirko Pelzer: Für ein gutes Miteinander brauchen wir Offenheit in unserer Gesellschaft. Das gilt auch und ganz besonders in der Begegnung mit Menschen mit Demenz. Sie und ihre Angehörigen sollen erleben, dass sie trotz der Erkrankung akzeptiert werden und dazugehören.
Wie äußert sich denn diese Erkrankung?
Mirko Pelzer: Demenz kann zu ungewöhnlichem Verhalten führen, Menschen mit Demenz fallen auf. Wichtig ist, dass sich Freunde, Familie, Nachbarn und Mitbürger nicht abwenden, sondern Verständnis und Toleranz zeigen.
Die Betroffenen wollen weiterhin an gemeinsamen Aktivitäten teilhaben, ihre Hobbys und den Alltag möglichst selbstbestimmt gestalten. Wenn sie Offenheit erfahren, fällt es ihnen leichter, selbst offen mit ihrer Krankheit umzugehen. Damit das möglich ist, braucht es mehr Wissen und Verständnis in der gesamten Gesellschaft.
Wie kann die Dortmunder Alzheimer-Gesellschaft denn Betroffene und ihre Angehörigen unterstützen?
Mirko Pelzer: Pflegende Angehörige haben zumeist kaum noch soziale Kontakte. Vor allem dann, wenn Demenz – der „ungebetene Gast“ – mit am heimischen Tisch sitzt. Die Dortmunder Alzheimer-Gesellschaft organisiert daher Informations- und Entlastungsangebote für pflegende Angehörige. Entstanden ist sie 1990 als Selbsthilfegruppe für Betroffene.
Wie hat sich die Arbeit in den 30 Jahren verändert?
Mirko Pelzer: Die Arbeit verändert sich, weil die Ansprüche und die Entlastungsbedarfe immer größer geworden sind. Daher wurden die Angebote immer breiter aufgestellt. Eines der ersten Angebote war der Betreuungsnachmittag am Donnerstag.
Am „Langen Donnerstag“ wurden demenziell erkrankte Angehörige betreut, um den pflegenden Angehörigen stundenweise Freiräume zu geben. Weitere Gruppenangebote kamen hinzu: der Freizeit-Treff im Eugen-Krautscheid-Haus für Menschen mit beginnender Demenz, der Gesprächskreis für Menschen mit beginnender Demenz und ihrer Angehörige oder der Gesprächskreis für Angehörige von Alzheimer-Kranken.
Zudem gibt es Fachvorträge zu aktuellen Themen, Gruppenbetreuung von Alzheimer-Kranken sowie die stundenweise Betreuung von Alzheimer-Kranken im häuslichen Bereich.
Sie organisieren zudem Ausflüge und Freizeitaktivitäten. Warum ist das denn wichtig?
Mirko Pelzer: Der Fokus der Arbeit liegt auf den Angehörigen – sie sind massiv von der Erkrankung des Angehörigen oder Partners betroffen. Der Freundeskreis von an Demenzerkrankten und ihren pflegenden Angehörigen Ehepaaren verändert sich und dünnt sich aus.
Pflegende Angehörige werden mit der Zeit sozial isoliert, weil sie sich quasi rund um die Ihr um die Betreuung des Erkrankten kümmern müssen. Daher bieten wir verschiedene Angebote und Aktivitäten, um dies aufzubrechen und soziale Kontakte zu ermöglichen – unter Gleichgesinnten, die die selben Probleme haben oder hatten.
Bieten Sie daher auch die betreute Urlaubsreise an – für Erkrankte und ihre pflegenden Angehörigen?
Mirko Pelzer: Für viele Angehörige und an Demenz Erkrankte ist unsere Jahresreise die einzige Urlaubs- und Entspannungsmöglichkeit. „Normale“ Urlaubsfahrten kommen zumeist nicht mehr in Frage. Denn an Demenz Erkrankte fallen auf.
Sie verhalten sich für Außenstehende komisch und werden daher mitunter im Restaurant gemieden. Für die Angehörigen sind das absolute Stresssituationen, gerade durch die für Demente unbekannte Umgebung in einem Hotel oder einer Ferienwohnung. Sie büxen zudem mitunter aus.
Wie sieht eine solche betreute Reise aus? Wo geht es hin?
Mirko Pelzer: Unsere Reise geht seit 15 Jahren ins Osnabrücker Land. Bei unserer Reise sind dann ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer dabei. Es gibt – je nach Bedarf – eine Eins-zu-Eins- oder Eins-zu-Zwei-Betreuung.
Die Angehörigen fühlen sich oft wie in einem Hamsterrad. Man muss die pflegenden Angehörigen spüren lassen, dass man auch mal schwimmen gehen kann, statt die Angehörigen ankleiden zu müssen Die Angehörigen bekommen so Zeit für sich und wissen ihre erkrankenden Angehörigen gut versorgt. Und das Hotel ist auf unsere Bedürfnisse – beispielsweise die Barrierefreiheit – eingestellt.
Welche weiteren Angebote gibt es in Dortmund?
Mirko Pelzer: Wir haben im September mit unserem neuen Angehörigen-Café im Wilhelm-Hansmann-Haus mit einem parallelen Betreuungsangebot begonnen. Jeden Donnerstag ab 15 Uhr im Wilhelm-Hansmann-Haus. Es ist keine klassische Beratung. Die Menschen wollen sich auch mal über allgemeine Themen austauschen, nicht nur über Pflege und Probleme.
Denn viele soziale Kontakte gehen verloren. Hier können Angehörige sie neu knüpfen – denn hier gibt es mehr Verständnis. Es ist ein Kaffeeklatsch und ein sozialer Austausch. Pflegende Angehörige können zu dem offenen Gesprächskreis kommen und – falls nötig – den zu pflegenden Angehörigen in die parallel stattfindende Betreuungsgruppe geben.
Ein weiteres neues Angebot ist der Kochkurs, der im Oktober starten soll. Er richtet sich an alleinstehende bzw. pflegende Männer, die sich durch die Demenz-Erkrankung ihrer Partnerin nun selbst oder sogar beide versorgen müssen. Sechs Termine von Oktober bis November sind vorgesehen.
Wie finanziert sich die Arbeit der Dortmunder Alzheimer-Gesellschaft?
Mirko Pelzer: Es kostet Geld, um bestehende Angebote zu erhalten und neue Programme auf die Beine zu stellen. Wir suchen dafür weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter. „Wir sind ja eine Selbsthilfegruppe, die sich aus Beiträgen und Spenden finanziert. Daher würden wir uns über neue Mitglieder freuen, die unsere Arbeit aktiv oder finanziell unterstützen. Aktuell hat der Verein 185 Mitglieder, die einen Jahresbeitrag von 30 Euro bezahlen.
Weitere Informationen:
Veranstaltungshinweis: Welt-Alzheimertag 2019 -Demenz – einander offen begegnen
Ökumenischer Gottesdienst
Sonntag, 22. September 2019, 15 Uhr in der St. Suitbertus-Kirche, Annenstraße 16, 44137 Dortmund
- Pfarrer Wilhelm Portmann
Evangelischer Kirchenkreis Dortmund - Pfarrer Thomas Müller
Katholischer Pfarrer am St.-Johannes-Hospital Dortmund - Musikalische Begleitung
Organist Marcel Pier
Im Anschluss an den Gottesdienst lädt die Alzheimer-Gesellschaft zum Kaffeetrinken in das Gemeindehaus der St. Suitbertus Gemeinde ein.
Kontakt und Spendenkonto:
Alzheimer Gesellschaft Dortmund e. V. im Eugen-Krautscheid-Haus
- Lange Straße 42, 44137 Dortmund
- Telefon: 0231-7 24 66 11
- Telefax: 0231-7 24 66 22
- email: alzheimerdortmund@aol.com
- Internet: www.alzheimer-dortmund.de
Spendenkonto:
Sparkasse Dortmund
IBAN DE98440501990001102222
BIC DORTDE33XXX
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Startschuss für Nationale Demenzstrategie – BAGSO beteiligt sich aktiv an Umsetzung (PM)
Startschuss für Nationale Demenzstrategie – BAGSO beteiligt sich aktiv an Umsetzung
Mit dem heutigen Beschluss des Bundeskabinetts wurde die Nationale Demenzstrategie auf den Weg gebracht. Ziel ist, die Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen nachhaltig zu verbessern und dafür tragfähige Strukturen zu schaffen. Die Strategie wurde in gemeinsamer Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und des Bundesministeriums für Gesundheit unter Mitwirkung der Bundesländer, Kommunen und einer Vielzahl von Organisationen erarbeitet. Sie benennt Handlungsfelder und zeigt eine Vielzahl konkreter Maßnahmen auf, die in den nächsten Jahren auf unterschiedlichen Ebenen verfolgt werden sollen.
Die BAGSO hat sich aktiv an der Erarbeitung der Strategie beteiligt und wird sich nach Kräften in die konkrete Umsetzung einbringen. „Jeder Mensch ist einzigartig und Teil unserer Gesellschaft, ob mit oder ohne Demenz. Es ist gut, dass das Thema mit einer nationalen Strategie oben auf die Tagesordnung gesetzt wird. Es kommt nun darauf an, dass alle Beteiligten in Bund, Ländern und Kommunen mitmachen“, so der BAGSO-Vorsitzende Franz Müntefering.
Die bei der BAGSO angesiedelte Netzwerkstelle Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz begleitet seit 2018 bestehende und neue lokale Demenznetzwerke mit Erfahrungsaustausch, fachlichen Impulsen und überregionaler Vernetzung. Im Bundesprogramm Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz, das ab 1. Oktober 2020 fortgesetzt wird, unterstützt sie die geförderten Projekte durch individuelle Projektberatung.